Fächerkalt
die Werkzeugspuren zu sichern.
Dann wurde
die Leiche emporgezogen. Mit den Beinen voran. Kopfunter hing die Frau am Rohrgestell.
Ein ekelhafter Anblick – wie ein Stück Vieh an der Seilwinde im Schachtraum.
Für einen
jungen Feuerwehrmann war es zu viel. Gerade noch erreichte er die Ecke des Hofes,
wo er sich schwallartig erbrach.
Triefnass,
die Frau. Das braune Jauchewasser floss aus dem Rollkragen ihres Wollpullovers die
langen Haare entlang und tropfte in die Tiefe des Güllelochs. Unglücklicherweise
gerade zu dem Zeitpunkt, als Staatsanwalt Conradi um die Ecke des Wohnhauses bog.
Fassungslos stolperte er zurück und presste sich ein blütenweißes Taschentuch vor
den Mund.
Doch auch
bei den Kriminalbeamten und Feuerwehrleuten gab es keinen, der sich nicht, zumindest
zeitweise, mit mehr oder weniger fahlem Gesicht abwandte.
Einzig die
Gerichtsmedizinerin, Frau Dr. Salzmann, näherte sich der auf einer weißen Gewebeplane
abgelegten Leiche mit professionellem Interesse, um die notwendige Erstuntersuchung
durchzuführen.
»Nichts
besonders Schönes, was wir heute für Sie haben«, meinte Oskar Lindt zu der zierlichen
Ärztin mit den kurzen grauen Haaren.
»Ach, wenn
ich da an den Kopfschuss im letzten Jahr denke, als die Gehirnmasse im kompletten
Raum verteilt war«, lächelte sie. »Und außerdem, sobald wir die Dame hier erst mal
gewaschen haben, sieht sie bestimmt ganz manierlich aus.«
Lindt zog
die Stirn in Falten. »Sie dürfen uns gerne anrufen. Nach der Waschung natürlich.«
Ludwig Willms
hatte seinen Ekel anscheinend bereits überwunden. »Für unsere Untersuchungen«, wandte
er sich mit gewohnt sachlichem Ton an Oskar Lindt, »werden wir die Grube auspumpen.
Die Feuerwehr stellt zwei verschiedene Tanks auf und wir saugen vorsichtig von oben
her ab. Zuerst das etwas klarere Wasser – danach den Bodensatz.«
Der Kommissar
nickte nur stumm und beobachtete das Treiben.
Der große
Behälter, der gewöhnlich benutzt wurde, um bei Chemieunfällen verseuchtes Löschwasser
aufzufangen, passte nicht durch die enge Hofeinfahrt, sondern musste zwischen den
Feuerwehrfahrzeugen draußen auf der Straße platziert werden.
Von einer
Tauchpumpe, die mit dem fallenden Pegel immer tiefer in das Wassergüllegemisch abgesenkt
wurde, verlief eine Schlauchleitung bis zum Tank. Willms hatte darauf bestanden,
einen Schmutzfilter dazwischen einzubauen, und stoppte die Pumpaktion alle zehn
Minuten, um nachzuschauen, ob irgendetwas Wichtiges im Sieb hängen geblieben war.
Lange Zeit
tat sich nichts. Stinkendes braunes Wasser floss durch den Schlauch.
»Gülle?«,
wollte Jan Sternberg wissen.
Willms schüttelte
den Kopf. »Gemischt. Nur ein kleiner Teil davon dürfte widerliche Uraltjauche sein.
Das meiste ist sicherlich Regenwasser, das sich im Lauf der Zeit angesammelt hat.
Interessant wird es erst, wenn wir zum Bodensatz kommen.«
Genau dieser
mehr als einen halben Meter dicke Bodenschlamm war es, der die kleine Pumpe in kürzester
Zeit verstopfte.
»Nichts
geht mehr!«, meldete der Einsatzleiter und befahl: »Hochziehen!«
Wie zuvor
der triefende Leichnam der Frau, so hob sich jetzt die Tauchpumpe nach und nach
aus dem engen Loch der Grube. In langen schleimigen Fäden rann der halbflüssige
Schlick daran hinunter. Ein Feuerwehrmann mit ärmellangen Gummihandschuhen nahm
das Gerät vom Metallgestell und legte es seitlich ab. »Ach«, rief er und griff zur
Unterseite der Pumpe. »Deswegen hat sie nichts mehr hochgebracht.«
»Verstopft?«,
wollte Oskar Lindt wissen, bekam eine merkwürdige Ahnung, trat näher und wusste
sofort Bescheid.
Der Brandretter
hielt ihm ein handtellergroßes, dunkelbraun verkrustetes, gebogenes Teil vor die
Nase. »Hat sich mit seiner Krümmung vor der Ansaugöffnung festgesetzt.«
»Ludwig,
Arbeit.« Der Kommissar winkte Willms heran. »Jetzt weiß ich wieder, warum es gut
ist, vor Ort zu bleiben, bis alle Untersuchungen abgeschlossen sind.«
»Wieder
mal dein Bauchgefühl, Oskar.« Willms gab ihm einen leichten Stups mit der Faust.
»Erfahrung,
Ludwig, nicht nur Bauchgefühl«, antwortete Lindt und beugte sich über die Hand des
Feuerwehrmannes. »Ich glaube, diese Güllegrube wird zur Fundgrube.«
Neugierig
drängte sich auch Jan Sternberg nach vorn. »Was soll das sein? Halb verfaultes Holz?«
»Heute ist
nicht dein Tag, Jan.« Oskar Lindt hob wieder einmal die Augenbrauen. Dann schlug
er sich mit der flachen Hand leicht auf den Hinterkopf. »So sieht das aus, wenn
es viele
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