Faeden des Schicksals
einer Glasscheibe und sah zu ihr auf.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er und ließ sie nicht aus den Augen.
„Wenn nicht Sie , wer dann?“ Caitlyn ging zum Schalter und stützte sich schwer auf. „Ich … ich habe … einen Mord gesehen“, begann sie und schüttelte den Kopf. „Ich meine, nicht direkt den Mord, aber …“ Sie brach ab, seufzte. Die Bilder kamen hoch, ebenso die zweite Begegnung mit dem Fremden. Ihr Körper zitterte und plötzlich traten ihr Tränen in die Augen.
Was war los? Sie hatte sich bis eben hervorragend unter Kontrolle gehabt. Außerdem hatte sie nie sonderlich nah am Wasser gebaut.
„Beruhigen Sie sich“, meinte der Angestellte und verließ seinen Posten , um zu ihr zu kommen. Sie spürte kurz darauf seine Hand auf ihrer Schulter und wurde sanft zu einem Raum geführt. „Atmen Sie bitte durch, ich bringe Ihnen ein Glas Wasser und gleich kümmert sich jemand um Sie.“
Er verschwand. Caitlyn wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und kramte anschließend in ihrer Tasche nach einem Tuch. Ihre Finger zitterten und alles entglitt ihr. Mit einem dumpfen Laut fiel ihr das Behältnis zu Boden und der Inhalt breitete sich aus.
„Verdammt!“ Caitlyn wischte sich die letzten Tränenspuren mit den Fingern weg und kniete nieder. Mit fahrigen Bewegungen versuchte sie ihre Habseligkeiten einzusammeln.
„Warten Sie, ich helfe Ihnen“, erklang eine Stimme und sie sah auf. Ein Mann war durch die Tür hereingetreten und beugte sich ebenfalls herab. Sein Kurzhaarschnitt war gepflegt, sein Gesicht zierte ein Dreitagebart. Die stahlblauen Augen suchten den Boden ab.
„Ich …“ Sie zögerte kurz. „Danke.“
„Keine Ursache.“ Er hob alles auf und legte es auf den Tisch. „Setzen Sie sich.“
Caitlyn wurde sanft in Richtung eines Stuhls geschoben und sank wie ein nasser Sack darauf nieder. Der Mitarbeiter vom Empfang brachte ein Glas Wasser, verließ gleich wieder das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
„So, nun einmal in aller Ruhe .“ Der Mann mit dem Dreitagebart sah sie aufmerksam an. Er hatte sich ihr gegenüber hingesetzt. „Sie sprachen von einem Mord, als sie hier ankamen.“
„Ja, ich … ich glaube schon“, stimmte sie langsam zu.
„Sie glauben?“ Eine Augenbraue rutschte ihm nach oben. „Gut .“ Er richtete sich auf und atmete durch. Wahrscheinlich, um sie zu einer ähnlichen Handlung zu motivieren. „Fangen wir noch einmal an.“ Er sah sie ernst, aber freundlich an. „Darf ich mich vorstellen? Ich bin Detective Scott Bennett. Versuchen Sie sich zu beruhigen und erzählen Sie mir, was Sie genau gesehen haben.“
Caitlyn schluckte und versuchte sich zusammenzunehmen. Es gelang ihr , das Zittern zurückzudrängen und sich ein wenig zu konzentrieren. Doch ihre Stimme war nach wie vor unsicher, ihre Hände rangen miteinander, sie stand neben sich. Trotzdem gelang es ihr, den Vorfall zu schildern, wenn auch recht holprig. Die Beschreibung des Fremden fiel allerdings mehr als dürftig aus. Sie hatte das Gesicht nicht erkennen können und als besondere Merkmale hatte sie nur die Flügel erkannt. Sicher, diese waren auffällig und nicht viele liefen mit einer derart aufwendigen Tätowierung herum, trotzdem war es recht mager, da er nicht dauerhaft oben ohne unterwegs sein würde.
Sie seufzte , als sie geendet hatte und ließ den Kopf ein wenig hängen. Miserabel, sie fühlte sich unglaublich miserabel.
„Alles klar.“ Ihr Gegenüber schien nicht sonderlich zufrieden. „Und wo genau, sagten Sie, ist das Ganze passiert?“
In einer Seitenstraße, irgendwo zwischen der U-Bahn-Haltestelle und meinem Arbeitsplatz , zuckte es Caitlyn durch die Gedanken. Sie schwieg und schüttelte nur den Kopf.
Straßennamen. Sie war abgebogen in die Seitenstraße, rechts, links, geradeaus und wieder rechts. Wann wäre sie auf die Hauptstraße gekommen? Wie weit war sie gegangen?
„Ich bin mir nicht sicher.“ Alles in ihrem Kopf drehte sich plötzlich. „Ich wollte von meiner Arbeit zur U-Bahn-Haltestelle und bin durch die Seitenstraßen gegangen.“ Sie hielt inne, sah unsicher auf. „Ich weiß nicht, wo es genau war.“
Der Detective beugte sich vor und sah sie an. „Ich muss Sie bitten, nachzudenken. Können Sie mir eine Straße nennen?“
„Nein“, Caitlyn vergrub das Gesicht in den Händen. „Ich war …“ Ein Japsen.
„Na gut.“ Er lehnte sich zurück und rieb sich die Nasenwurzel.
„Vielleicht“, begann sie und glaubte selbst nicht,
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