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Fahr zur Hölle Mister B.

Fahr zur Hölle Mister B.

Titel: Fahr zur Hölle Mister B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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hast hier keine Angelegenheiten zu regeln.«
    » Er ist meine Angelegenheit!«, sagte ich und zeigte auf Quitoon. »Und diese Frau an seiner Seite; sie ist gar keine Frau, sondern sie –«
    »Ist von einem Engel besessen«, sagte der Erzbischof. »Ja, das sehe ich. Und hinter dir steht noch einer, Dämon, wenn du freundlicherweise hinschauen möchtest.«
    Ich drehte mich gerade rechtzeitig um und sah Licht aus einem der Männer hervorstrahlen, die an der Druckerpresse gearbeitet hatten. Es drang aus seinen Augen, seinem Mund, den Fingerspitzen. Vor meinen Augen hob er einen einfachen Metallstab in der festen Absicht hoch, davon bin ich überzeugt, mir den Schädel einzuschlagen. Doch kaum berührte das Licht seiner Augen den Stab, verwandelte der sich in ein spiralförmiges Feuer, das Flammen bildete, die über ihm schwebten wie eine Wolke brennender Schmetterlinge.
    Dieser seltsame Anblick lenkte mich kurz ab, und in diesem Moment schlug mich der zum Engel gewordene Mann mit seinem Schwert.
    Schon wieder Feuer. Immerzu Feuer. Es spielte an jedem Kreuzweg meines Lebens eine Rolle. Jede Qual, jede Katharsis, jede Verwandlung war ein Geschenk des Feuers.
    Und jetzt diese Verletzung, die mir der zum Engel gewordene Mann zufügte. Doch er stand noch einen Schritt zu weit von mir entfernt. Das erwies sich als meine Rettung. Wäre er mir näher gewesen, wäre die Klinge von der Schulter bis zur rechten Hüfte durch mich hindurch gegangen, was gewiss das Ende meiner Existenz bedeutet hätte. So glitt sie an meinem Körper hinab, schnitt aber bestenfalls einen Zentimeter in das Narbengewebe meiner Haut. Dennoch war es eine schlimme Verletzung, denn das Feuer schnitt nicht nur durch mein Fleisch, sondern auch durch einen substanzlosen Teil in mir – dieser Schmerz war noch schlimmer als der Schnitt, der allein schon ausreichte, dass ich aufschrie.
    Da mein Körper und meine Seele verletzt waren, vermochte ich keine Gegenwehr zu leisten. Ich wirbelte herum, während ich mich vor Schmerzen krümmte, und stolperte blind über die unebenen Dielen, bis ich mit einer Hand die Wand berührte. Die Kälte kam wie gerufen. Ich drückte das Gesicht auf den kühlen Verputz und kämpfte gegen den Drang an, wie ein Kind zu weinen. Welchen Sinn hätte das gehabt, fragte ich mich. Niemand hätte sich davon rühren lassen. Niemand hätte geholfen. Ich war ebenso von meinen Schmerzen besessen wie sie von mir. Wir waren unsere einzigen zuverlässigen Gefährten in diesem Raum. Qual war mein einziger wahrer Freund.
    Dunkelheit trübte die Ränder meines Gesichtsfeldes, mein Bewusstsein erlosch wie eine Kerzenflamme, glomm wieder auf, erlosch abermals, wurde wieder entfacht und blieb diesmal konstant.
    In der Zwischenzeit war ich an der Wand hinuntergerutscht, hockte auf den überkreuzten Beinen und drückte mich fest dagegen. Ich sah nach unten. Blauschwarze und scharlachrote Flüssigkeiten strömten aus mir heraus und liefen an meinen Beinen hinab. Ich wandte das Gesicht ein paar Zentimeter von der Wand ab und stellte fest, dass sich die Flüssigkeiten nicht vermischten, sondern um mich herum eine marmorierte Lache bildeten.
    Meine Gedanken galten Quitoon, der neben Hannah gestanden hatte, als ich ihn zuletzt sah. Hatte der Engel ihn schon mit seiner Helligkeit erstickt oder gab es für mich allen Verletzungen zum Trotz noch eine Möglichkeit, ihm zu helfen?
    Ich zwang meinen zitternden Arm, sich zu heben, meine Hände, sich zu öffnen und meine Handflächen, mich von der Wand abzustoßen. Das war Schwerstarbeit. Nicht ein einziger Muskel in mir wollte bei diesem törichten Spiel mitmachen. Ich schlotterte so heftig am ganzen Körper, dass ich bezweifelte, ob ich überhaupt aufstehen, geschweige denn zu gehen vermochte.
    Aber zuvor musste ich mir einen Überblick über den Kampfplatz verschaffen.
    Ich wandte den schmerzenden Kopf der Werkstatt zu und hoffte, dass ich Quitoon gleich sehen würde und er noch lebte.
    Aber ich sah ihn nicht, und auch keinen anderen, abgesehen von den Toten. Quitoon, Hannah, Gutenberg und der Erzbischof, sogar der Dämon, der sich draußen am Fenster festgeklammert hatte, waren fort. Genau wie die wenigen Arbeiter, die den Angriff des Dämons überlebt hatten. Nur die Leichen und ich waren noch hier. Und ich auch nur noch, weil sie mich bereits für tot gehalten hatten. Ein lebender Dämon inmitten toter Menschen.
    Wohin waren sie verschwunden? Ich schaute fieberhaft zur Tür, die in den vorderen Teil des Hauses

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