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Fahr zur Hölle Mister B.

Fahr zur Hölle Mister B.

Titel: Fahr zur Hölle Mister B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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der Decke fiel, jedes Stäubchen, das vom Boden emporgewirbelt wurde, jeder Blick und Herzschlag, jedes Funkeln der verstreuten Bleilettern der Presse – in einen Strudel um ihre Gestalt herum hineingezogen werden.
    Flügel! Es sah aus, als besäße sie Flügel, betörende Formen aus Licht und Staub, die sie hoch über ihren Kopf erhob. Was für eine perfekte Verkleidung hatte dieser Engel gewählt, um diesen Mann zu beschützen, dem es vorherbestimmt war, eine bedeutende Erfindung zu machen. Sie hatte ihn geheiratet, damit sie über das Genie Gutenberg wachen konnte, jedenfalls bis sein großes Werk vollbracht und der Schlüssel in der Tür der Geschichte herumgedreht war.
    Ich war nicht sicher, ob einer der anderen Hannah so sah wie ich. Vermutlich nicht, denn es erfolgte keine Reaktion, kein verwundertes Murmeln in dem Raum, in dem noch Herzen schlugen.
    »Quitoon!«, rief ich. »Siehst du sie?«
    Kaum waren mir die Silben über die Lippen gekommen, forderte die Präsenz des Engels Hannah meine Worte ein und verwandelte sie in perlmuttfarbenes Licht, das vor mir tanzte. Ein schamanischer Bauchtanz, mit dem sie ihre Befreiung vom Sinn – den Ruf des O, das Ego des I – und die Verwandlung in kosmische Vollkommenheit feierten.
    Dämonation! Wie unzulänglich die Sprache ihren eigenen Tod beschreibt; die Auswahlmöglichkeiten sind jämmerlich gering, wenn es darum geht, Worte für deren eigene Auflösung zu finden. Tatsächlich sehe ich mich fast veranlasst zu schweigen, weil mir die passenden Worte fehlen.
    Schweigen. Ha! Vielleicht ist das die Lösung. Vielleicht sollte ich keine stinkenden Fischschwärme von Worten mehr in den Äther entlassen, die nie aufgenommen oder verstanden werden. Vielleicht ist Schweigen die höchste Form der Rebellion; das aufrichtigste Zeichen unserer Verachtung für den verlogenen Mistkerl da oben. Sind die Worte nicht, wie es geschrieben steht, bei ihm? Es steht im Evangelium, das Johannes geschrieben hat (und ich vertraue ihm mehr als den anderen, weil ich glaube, dass er für seinen Jesus ähnlich empfand wie ich für meinen Quitoon). Er beginnt den Bericht über das Leben der Liebe seines Lebens mit den Worten:
    »Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.«
    Das Wort war Gott.
    Begreifen Sie jetzt? Uns bleibt nur Schweigen. Es ist unser letzter, verzweifelter Versuch, gegen Ihn zu rebellieren, dem das Wort gehört.
    Das Problem ist, ob Gott nun das Wort gehört oder nicht, ich habe letztendlich nur Worte, um Ihnen zu erzählen, was es noch zu erzählen gibt. Es muss noch ein Geheimnis erzählt werden, und das lässt sich nicht mit Schweigen erzählen. Wir stehen jetzt gewissermaßen auf der Schwelle. Nur noch ein paar Seiten für Sie und ein paar Schritte für mich.
    Dachten Sie, ich hätte meine kleine Drohung vergessen?
    Oh nein, nein, nein; ich komme die ganze Zeit näher. Ich könnte es jetzt gleich beenden, mit einem einzigen Hieb –
    Ich würde es schnell machen. Ich habe lange, knochige, dünne Finger, wissen Sie, und meine Klauen sind scharf wie die Sünde. Die schlage ich Ihnen in den Hals – acht lange Finger und zwei lange Daumen – die stoße ich so tief hinein, dass sie sich in Ihrem Hals überkreuzen.
    Natürlich werden Sie sich wehren. Jedes Tier wehrt sich, selbst wenn es vergeblich ist. Nehmen Sie einen Büffel, den ein Krokodil anfällt. Das Ding tritt mit seinen eisenharten Hufen um sich und zappelt, bis man nur noch das Weiße in seinen Augen sieht. Es gibt auch dann nicht auf, wenn das Krokodil zum zweiten Mal zuschnappt und fast seinen ganzen Hals im Maul hat. Nicht einmal dann, wenn es keine Hoffnung mehr gibt.
    Als hätten Sie je welche gehabt.
    Armer kleiner Leser.
    In gewisser Weise bin ich froh, dass Sie sich entschieden haben, zu lesen und aus dem Leben zu scheiden, weil ich der Meinung war, ich muss mir einmal alles von der Seele reden, und zwar ein für alle Mal. Dann kann ich mich irgendwo hinlegen, es mir gemütlich machen und träumen, ich wäre wieder in Joshua’s Field, wo die Menschen allesamt fort sind, und mit ihnen all ihre Ängste und der Gestank verbrannten Menschenfleisches. Und Quitoon wird sich neben mich legen, und grünes Gras wird aus dem Schlamm um uns herum wachsen, während die Sterne erlöschen …
    - - -
    Aber vorher, das Geheimnis. Ich teile Ihnen hier etwas so Wichtiges mit, dass es die Welt verändern könnte, würde die Welt zuhören.
    Aber nein. Im Lauf der Jahre werden die Ringe an den

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