Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fahrenheit 451

Fahrenheit 451

Titel: Fahrenheit 451 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
Vom Netzwerk:
der beiden Augen war der Mond als silberner Star abgezogen.
    Ein einzelner Regentropfen. Clarisse. Noch einer. Mildred. Ein dritter. Der Onkel. Ein vierter. Die Feuersbrunst heute. Eins, Clarisse. Zwei, Mildred. Drei, der Onkel. Vier, die Feuersbrunst. Eins, Mildred, zwei, Clarisse. Eins, zwei, drei, vier, fünf. Clarisse, Mildred, der Onkel, die Feuersbrunst, Schlaftabletten, Menschen zum Fortwerfen, Rockschöße, putz ab, zerknüll, spül weg. Eins, zwei, drei, eins, zwei drei! Regen. Das Unwetter. Der Onkel, der lachte. Donnergepolter, das herabfiel. Die ganze Welt, die herabgegossen kam. Das Feuer, das einem Vulkan gleich emporschoß. Alles in tosender, quirlender Bewegung dem Morgen entgegenströmend.
    »Ich weiß überhaupt nichts mehr«, sagte er und ließ eine Schlafpille auf der Zunge zergehen.
     
    Um neun Uhr früh war Mildreds Bett leer. Montag stand auf, mit klopfendem Herzen, und Lief über den Flur bis vor die Küchentür.
    Ein Stück Toast schnellte aus dem silbernen Toaster, wurde von einer spinnengliedrigen Metallhand aufgefangen und mit zerlassener Butter getränkt.
    Mildred sah zu, wie der Toast auf den Teller befördert wurde. In ihren Ohren steckten die elektronischen Bienen, die die Stunde versummten. Plötzlich schaute sie auf, erblickte ihn und nickte.
    »Wieder auf dem Damm?« fragte er.
    Sie verstand sich nachgerade darauf, ihm die Worte von den Lippen abzulesen, hatte sie es doch seit zehn Jahren geübt, mit den fingerhutgroßen Rundfunkmuscheln ständig im Ohr. So nickte sie denn, während sie noch ein Stück Brot in den selbsttätigen Toaster schob.
    Montag setzte sich hin.
    »Ich weiß nicht«, sagte seine Frau, »warum ich einen solchen Hunger habe.«
    »Du ...«
    »Einen Mordshunger hab' ich.«
    »Gestern nacht«, begann er.
    »Ich habe nicht gut geschlafen. Mir ist ganz flau«, fuhr sie fort. »Gott, bin ich hungrig. Ich kann es mir nicht erklären.«
    »Gestern nacht ...«, begann er von neuem.
    Sie streifte seine Lippen mit einem Blick. »Was war denn gestern nacht?«
    »Weißt du nicht mehr?«
    »Was denn? Haben wir ein tolles Fest gebaut oder was sonst? Ich bin ganz verkatert. Gott, bin ich hungrig. Wer war denn da?«
    »Ein paar Leute.«
    »Das hab' ich mir gedacht.« Sie zerkaute ihr Stück Toast. »Magenverstimmung, aber Hunger hab' ich wie ein Drescher. Hoffentlich hab' ich mich gestern abend nicht danebenbenommen.«
    »Nein«, sagte er leise.
    Der spinnengliedrige Mechanismus händigte ihm eine gebutterte Röstschnitte aus. Mit einem Gefühl der Dankbarkeit hielt er sie in der Hand.
    »Du siehst auch nicht gerade knusprig aus«, bemerkte seine Frau.
     
    Gegen Abend regnete es, und die ganze Welt war grau in grau. Er stand im Hausflur und steckte sich das Abzeichen mit dem feuergelben Salamander an. Lange schaute er zu der Lüftungsklappe hinauf. Seine Frau im Fernsehzimmer blickte einen Augenblick von dem Manuskript auf, in das sie vertieft war. »Nanu«, rief sie, »der Mann denkt ja!«
    »Jawohl«, erwiderte er. »Ich habe noch mit dir zu reden.« Er hielt inne. »Du hast gestern die ganzen Pillen in deinem Fläschchen genommen.«
    »So was tue ich doch nicht«, widersprach sie erstaunt.
    »Das Fläschchen war leer.«
    »Das würde ich nie tun. Weshalb sollte ich denn so was tun?«
    »Vielleicht hast du zwei Pillen genommen und es vergessen und noch zwei genommen, und dann warst du schon so betäubt, daß du immer weiter Pillen geschluckt hast, bis du dreißig oder vierzig davon im Leibe hattest.«
    »Ach was, wozu sollte ich so etwas Albernes tun?«
    »Weiß ich auch nicht.«
    Sie wäre ihn offensichtlich gern losgeworden. »Das habe ich nicht getan«, erklärte sie bestimmt, »nie und nimmer.«
    »Schön, wenn du meinst.«
    »Na endlich.« Sie wandte sich wieder dem Manuskript zu.
    »Was wird denn heute nachmittag gegeben?« fragte er matt.
    Sie schaute nicht einmal auf. »Ich habe hier ein Stück, das in zehn Minuten im Wand-an-Wand-Funk kommt. Man hat mir heute vormittag meine Rolle geschickt. Ich hatte ein paar Gutscheine eingesandt. Bei dem Stück, wie es geschrieben wird, ist eine Rolle ausgelassen. Es ist eine neue Idee. Die Hausmutter, das bin ich, die fehlende Rolle. Wenn die ausgelassenen Zeilen drankommen, schaut alles von den drei Wänden her auf mich, und ich spreche dann die betreffenden Zeilen. Hier sagt z.B. der Mann: ›Was hältst du davon, Helene?‹ und er schaut auf mich hier in der Bühnenmitte, verstehst du? Und ich sage dann, ich sage ...« Sie

Weitere Kostenlose Bücher