Fahrtenbuch - Roman Eines Autos
ein Versprechen am Horizont. Hinter einem ausgetrockneten Bachlauf stapelten sich rote Steinquader, dahinter wuchsen Zedern. Auf dem Weg blühte der Mohn.
Mohammed dirigierte den Mercedes durch ein ausgetrocknetes Flussbett. Eine Herde Ziegen blockierte die Furt. Dann kam das Dorf; der Händler saß auf einem roten Plastikstuhl vor seinem Haus, offenbar einem Restaurant. Auf die Toilettentüren hatte jemand zwei Köpfe gemalt, einer war verhüllt.
Mohammed verkaufte dem Mann das Laptop und fuhr zurück in die Stadt.
Von dem Geld, das er für den Computer bekommen hatte, kaufte Mohammed seiner Frau ein Parfüm, das Magie Noire hieß, und für die Kinder – er hatte drei Kinder: Marua, acht, Mansour, fünf, Aya, zwei Jahre alt – ein aufblasbares Schwimmbecken; sie lebten bei seinen Schwiegereltern in Ouarzazate, dorthin wollte er das Geschenk bringen.
Errauchte noch eine Fortuna und trank sein Bier aus. Das Flutlicht über dem alten Stade El Harti rieselte in die dunstige Luft, und vom Atlas wehte ein kälterer Wind. Es war nach Mitternacht, als er losfuhr. Er würde vier Stunden brauchen; am frühen Morgen wäre er da. Im Radio sagten sie, dass der Dow Jones sich erholt habe; Pjöngjang kritisierte die Seemanöver der südkoreanischen Marine scharf und drohte mit entschlossenen Gegenmaßnahmen; die Temperaturen lagen bei achtundzwanzig Grad. Die Außenspiegel glänzten im Licht.
»Ich muss los, zu den Kindern«, sagte Mohammed, dann startete er den Mercedes und verschwand in der Nacht.
Für Bali
Über den Autor
Niklas Maak wurde am 17. August 1972 in Hamburg geboren. Er studierte in Hamburg und Paris Kunstgeschichte, Philosophie und Architektur und promovierte in Kunstgeschichte. Von 1999 bis 2001 war er Redakteur für Architektur und Streiflicht-Autor der Süddeutschen Zeitung. Seit 2001 ist er Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Maak leitet dort zusammen mit Julia Voss das Kunstressort. Maak lehrte unter anderem als Gastprofessor Architekturgeschichte an der Städelschule in Frankfurt am Main, sowie an den Universitäten in Basel und Berlin. Für seine Essays erhielt er den George-F.-Kennan-Preis. Er lebt in Berlin. Bei Hanser erschien zuletzt Der Architekt am Strand (Le Corbusier und das Geheimnis der Seeschnecke, Edition Akzente 2010).
Daten, Fakten, Jahreszahlen
1972 geboren in Hamburg
Studium der Kunstgeschichte, Philosophie und Architektur in Hamburg und in Paris
Promotion zum Thema "Architekten am Strand. Das Objet à réaction poétique im Werk Le Corbusiers und Paul Valérys"
1999 bis 2001 Redakteur für Architektur und Streiflicht-Autor der "Süddeutschen Zeitung"
seit 2001 Kunstkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Feuilleton)
Zeitweilig Gastprofessur an der Goethe-Universität Frankfurt am Main
Weitere Lehrtätigkeiten an den Universitäten Basel und Berlin
Auszeichnungen
2009 George F. Kennan-Preis
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