Faith (German Edition)
ganz selbstverständlich bei ihm ein.
„Richard, mein Lieber, da bist du ja! Wenn wir nicht gleich gehen, sind die besten Plätze weg.“ Affektiert hob Patricia die Brauen, warf Faith einen herausfordernden Blick zu und zog Richard mit sich. „Gezierte Zicke“, dachte Faith.
Richard winkte kurz. „Bis dann, überleg es dir.“
Sie würde sich keinesfalls was überlegen, aber sie ärgerte sich trotzdem über Patricia, die schon wieder Besitzansprüche geltend machte.
Besonders verstimmte sie allerdings Richards Verhalten.
Dass er sich derart vereinnahmen ließ.
Lisa und Robert sahen ihr entgegen. Robert wunderte sich über ihren ärgerlichen Gesichtsausdruck, während sich Lisa ein Grinsen verbieten musste.
Doch Faith hatte das sehr wohl gesehen und starrte Lisa böse an.
„Es ist nicht so, wie du denkst, ich will nichts von Richard, gar nichts.“
„Klar doch, hat man sofort gesehen.“
Lisa starrte zurück, jedoch nicht böse, sondern eher neugierig.
Faith wusste, dass sie vor ihrer Freundin nichts verbergen konnte und umarmte Robert.
„Gut, dass du mich abholst, dann muss ich nicht mit dem Bus nach Hause fahren.“
Lisa verabschiedete sich von den beiden und ging ins Internat zurück.
Da wie immer die Heizung in dem uralten Auto ihres Vaters nicht funktionierte, wickelte Faith sich die auf dem Beifahrersitz bereitliegende Wolldecke um die Beine.
Faith sah hinaus in den verschneiten Winterwald, ohne ihn wirklich wahrzunehmen. Sie hing ihren Gedanken nach. Die letzten Tage waren unerklärlich beklemmend gewesen. Unruhe hatte sie erfasst, eine unbestimmte Furcht.
„Wir müssen miteinander reden, Faith“, hörte sie neben sich ihren Vater sagen, der mit seinen kräftigen Händen das Steuerrad umklammerte und versuchte, die Reifen des Wagens in der Fahrspur zu halten. Er blickte, während er sprach, konzentriert geradeaus.
In Faith wehrte sich alles gegen diese Worte. Sie ahnte und befürchtete, dass das, worüber Robert sprechen wollte, ihr nicht gefallen würde. Wann hatte sie zum ersten Mal das Flimmern gesehen am Rande ihrer Wahrnehmung? Gestalten, die außer ihr sonst niemand sah? Sie hatte es nicht wahrhaben wollen, aber da war etwas.
Sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass es etwas gab, das sie von allen anderen unterschied.
Etwas, das sie von ihren Freunden trennte. Eine Ahnung nur, sie wusste nicht, was das sein könnte.
Faith fürchtete sich vor dem, was ihr Vater ihr zu sagen hatte, gleichzeitig wurmte sie ihre eigene Feigheit. Wenn es etwas gab, das sie wissen musste, dann sollte sie sich dem stellen.
Gargoyles
Plötzlich brach von rechts ein grauer Wolf aus dem Wald und jagte knapp vor dem Auto über die Straße. Robert war so erschrocken, dass er das Steuer verriss und der Motor absoff.
Der Wagen blieb quer auf dem Weg stehen. „Nichts passiert“, stotterte Faith und sah alarmiert zu ihrem Vater hinüber.
Der hatte die Arme auf das Steuerrad gelegt und den Kopf darauf fallen lassen.
Den grauen Wolf hatte sie schon einmal gesehen. Die Narbe, die das Tier vom Maul bis zum Auge trug, war nicht zu übersehen.
Als Faith die wild wirbelnde graue Wolke sah, die auf sie zuraste, fasste sie hilfesuchend nach der Hand ihres Vaters.
Robert wurde blass, als er bemerkte, wie dieser dunkle Strom sich immer mehr zu einer schwarzen Gestalt verdichtete.
Panisch versuchte er den Motor anzuwerfen und den Wagen wieder auf Spur zu bringen.
Die Räder des Geländewagens drehten immer und immer wieder kreischend durch, während da draußen die Welt immer dunkler wurde. Ein rasender schwarzer Strudel, der das Auto und seine Insassen zu verschlingen drohte.
Bevor die Welt um sie herum jedoch in völliger Schwärze versank, hörte Faith das Geräusch rauschender, schwerer Flügelschläge.
Rote Augen leuchteten riesig aus steinernen Gesichtern. Aufgerissene Mäuler mit nach außen gebogenen Fangzähnen.
Zwei Kreaturen, mit prachtvollen, weit ausgebreiteten Schwingen durchbrachen die Schwärze um sie herum. Kurz darauf spürte sie, wie ein heftiger Ruck den Wagen in die ausgefahrene Spur des Weges zurückbrachte.
Sie glaubte, ein wütendes Brüllen zu hören. Der schwarze Strudel da draußen setzte zu einem irrwitzig kreiselnden Tanz an. Fast schwarze Nebelfetzen klebten an den Fenstern. Rußige Flecken durchschnitten die Luft, die zum Atmen zu dick schien.
Robert konnte keinen Meter weit sehen und er hätte, obwohl das Auto jetzt in der richtigen Fahrtrichtung mitten auf der Straße
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