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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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es der Kutscher in anschauliche Worte.
    „Sobald wir wieder in London sind, müssen wir herausfinden, ob es zwei Seen mit diesen Umrissen gibt“, sagte Carnacki. Sie entfachten am Ufer ein Feuer, um sich zu trocknen, aßen etwas von ihrem mitgebrachten Proviant, nahmen einen Schluck schottischen Whisky und beobachteten nachdenklich die Flammen.
    Schließlich erklärte Carnacki: „Der Trichter aus Energie hat funktioniert – im Prinzip zumindest. Ich fürchte, sein Einzugsgebiet war einfach zu klein. Da sich der Spuk nicht auf einen Punkt konzentrierte, wurden die Fische zwar ins Innere gezogen, der Geist von Abernathy allerdings konnte sich dem Einfluss entziehen und von außen kommen.“
    „Dann nützt Ihnen das Elektrische Pentakel diesmal nichts.“
    „Das will ich nicht sagen“, widersprach der Geisterfinder. „Man müsste es nur größer machen.“
    „Größer? Und wie groß muss dann das Floß sein, auf das Sie es montieren?“
    Carnacki lächelte. „Wer sagt, dass es nur ein Boot sein darf? Ich glaube, ich werde einen Ring aus Booten machen. Ich werde viele Röhren brauchen, und ich werde sie stabilisieren müssen, damit sie nicht zerbrechen. Aber damit werde ich den ganzen See in meine Gewalt zwingen.“
    „Dafür brauchen Sie viel Zeit.“
    „Ein paar Tage, wenn ich hart arbeite und die richtigen Helfer finde. In London gibt es ein Geschäft, das mehr Röhren vorrätig hat, als ich in meinem Leben verbrauchen kann.“
    Sir Darren erhob sich. Seine Kleider waren an der Vorderseite getrocknet, aber hinten noch klatschnass. Er drehte seinen Allerwertesten dem Feuer zu, was ihm ausgesprochen peinlich war. „Ich würde lieber zuerst bei den anderen Seen ansetzen, ehe ich mir hier mit dem Spuk eine Materialschlacht liefere. Vorausgesetzt natürlich, die Seen existieren, und sie befinden sich nicht gerade in den Anden.“
    Carnacki leerte sein Glas. „Jeder hat seine eigene Methode. Warum arbeitete ich nicht mit meiner und Sie mit Ihrer? Der Fall ist groß genug für beide Ansätze. Gehen Sie, suchen Sie nach den anderen Seen, halten Sie mich auf dem Laufenden, falls es Ihnen nicht zu viele Umstände macht, und lassen Sie mich hier meine Arbeit auf meine Weise fortsetzen.“
    Sir Darren musste zugeben, dass dies nicht die schlechteste Idee war. Er willigte ein. Auf der nächtlichen Rückfahrt nach London (die, nebenbei bemerkt, zu den romantischsten Erlebnissen seines Lebens gehörte) dachte er über den Fall nach. Unter anderem fragte er sich, ob es mit seinem Prinzip, nicht in den Lauf der Geschichte einzugreifen, zu vereinbaren war, wenn er sich als Geisterjäger betätigte. Allerdings war kaum zu erwarten, dass die Lösung eines Spukfalls den Gang der Welt verändern würde …

5
    In den vornehmen Räumen der London Library fand Sir Darren rasch die Seen, die zu den beiden Flecken auf dem Fisch passten. Er hatte die Muster noch am Seeufer auf ein Blatt Papier übertragen, das nun, inmitten der alten Folianten, penetrant nach Fisch stank und den Unwillen mehrerer distinguierter Bibliotheksbenutzer erregte.
    Der rundliche der beiden Seen war eher ein Tümpel. Er trug den Namen Ushtington Pool und befand sich an der Grenze zu Wales. Das bananenförmige Gewässer hieß Loch Gacht und gehörte in die Grampian Mountains, ein sehr dünn besiedeltes Gebiet mitten in Schottland! Sir Darren graute es vor der Reise dorthin, und sein Grauen hatte durch und durch irdische Gründe. Es gab Hunderte von unabhängigen Eisenbahngesellschaften, und eine Reise dieser Entfernung würde viele Tage Zeit und manche Entbehrung in Anspruch nehmen. Er begann sich zu ärgern, dass er sich auf den kleinen Disput mit Carnacki eingelassen hatte. Während Sir Darren in klappernden Wagons ohne Speisewagen und Toiletten durch England und Schottland unterwegs war, würde der Geisterfinder mit seinen elektrischen Spielzeugen hantieren.
    Doch was Sir Darren begonnen hatte, brachte er auch zu Ende. Es bot sich an, zuerst den nähergelegenen Ushtington Pool aufzusuchen. Da er in einer Buchhandlung einen interessanten Schmöker über Britanniens Seen aufgetan hatte, verflog die Reisezeit in Zug und Kutsche wie im Flug, und als er an seinem Ziel ankam, war er eben mit dem Buch durch.
    Hier gab es eine Ortschaft namens Ushtington. In einem Gasthaus nahm er sich ein Zimmer für eine Nacht und löcherte beim Tee die Einwohner, die ihrerseits lieber dem Ale zusprachen. Nach dem ersten Schluck vom Tee wünschte er sich insgeheim ebenfalls

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