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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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den Laien über die Gefahren verfrühter Kontakte zur Außenwelt auf. Er führte Fallbeispiele an, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließen. Menschen, die einmal in den Genuss dieser Erläuterungen gekommen waren, verließen das Haus im Zustand des Schocks, zitternd, die Teetasse manchmal noch zerstreut in der Hand haltend. Sie entschuldigten sich beim Hinausgehen mit vielen Verbeugungen immer wieder für die eigene Kühnheit …
    Dr. Andôs Reich war ein kalter, menschenfeindlicher Ort. Leute, die noch nie in ihrem Leben unter Depressionen gelitten hatten, konnten sich ohne weiteres vorstellen, in diesen Wänden welche zu bekommen.
    Im Zimmer neben den Pförtnern saßen gleich drei Männer vor Bildschirmen, doch ihr Programm wich entschieden von jenen ab, die die beiden Greise goutierten. Auf ihren Monitoren dehnten sich Korridore und Zimmer aus, wechselten in raschem Rhythmus, während die Finger der Angestellten über Tastaturen flogen. Sie waren für die Überwachung der Patienten zuständig. Es gab mehr als fünfzig Kameras im Haus – die meisten davon in der geschlossenen Station im Untergeschoss.
    Hinter einer schweren Glastür zur Rechten schloss sich ein kurzer, unnütz wirkender Korridor an, dann ging eine saubere weiße Treppe in die Tiefe. Unten gab es einen weiteren dieser Korridore, dann die Metalltür. Ohne Aufschrift und Verzierung war sie. Lediglich ein kräftiger geknickter Metallarm an der Decke verlieh dieser Tür einen besonderen Charakter – er würde sie öffnen, sobald eine gültige Chipkarte in den hellen Schlitz in der Wand gesteckt wurde.
    Es war die Tür, deren Innenseite die neun jugendlichen Patienten so gut kannten.

7
    Deutschland, 2004
    Das Internet-Café war leidlich besucht. Zwei junge Frauen in gepflegten Hosenanzügen saßen sich an einem der runden Tische gegenüber, leergeschlürfte Eiskaffees vor sich. Sie hatten die Ellbogen auf die kleine Tischplatte gelegt, die Köpfe zusammengesteckt und sahen aus, als würden sie im nächsten Moment mit einer Runde Armdrücken beginnen. In Wirklichkeit tauschten sie wohl nur die neusten Firmengerüchte aus.
    Von den PCs war nur einer besetzt: ein verlebt wirkender Mann mit krausen grauen Haaren klickte sich durch textreiche, öde Seiten, murmelte dabei unverständliches Zeug in seinen Dreitagebart und kratzte sich ausgiebig am Hinterkopf.
    Artur meldete sich bei einem verschämt gähnenden Kellner an und bestellte ein Wasser. Er nahm an jenem Terminal Platz, das am weitesten von dem des heruntergekommenen Mannes entfernt war. Für zwei Minuten saß er unentschlossen vor dem Bildschirm. Sein Wasser kam, der Kellner fragte, ob er zurechtkäme, und Artur nickte, ehe der andere versuchen würde, ihm das Internet zu erklären.
    Er rief AltaVista auf und tippte „Schutzengel“ in das Suchfeld.
    Während er die ersten fünfzig Suchergebnisse durchging, trank er fast sein ganzes Glas leer. Das Café hatte er spontan betreten. Er versprach sich nichts davon, hatte sich im Vorfeld keine Gedanken gemacht. Er wusste auch nicht, wie lange er den Platz benutzen würde.
    Die erste Suche brachte eine Fülle von esoterischen Seiten, dazu Verweise auf Bücher über Engel. Er las in einige Beschreibungen hinein, doch sie boten ihm nichts, was ihn an seine Situation erinnert hätte, nichts, was ihm bekannt vorgekommen wäre. Stattdessen schienen sie ihm wie eine Sammlung frommer Wunschträume, die Darstellung einer Welt, in der Artur gerne gelebt hätte, die aber mit der Realität, die er kannte, nichts zu tun hatte. Daneben fanden sich unter den Ergebnissen Organisationen, die missbrauchten Kindern Hilfe anboten.
    Er kombinierte „Schutzengel“ mit „finden“, „freisetzen“, „befreien“ und „zurückgewinnen“. Auch die neuen Ergebnisse sagten ihm wenig. Im Handumdrehen war eine Stunde vergangen, und er bestellte sich ein neues Glas Wasser und ein Sandwich. Die beiden Frauen waren längst gegangen, einige neue Gäste dazugekommen, der grummelnde Kerl kratzte sich noch immer.
    Artur starrte auf den Bildschirm und schlang das Sandwich hinunter. Als er es aufgegessen hatte, fiel ihm auf, dass er nicht wusste, wie es geschmeckt hatte.
    „Was lesen Sie ?“, hörte Artur sich plötzlich fragen, und die Frage war an den zerzausten Mann gerichtet.
    Dieser wandte den Kopf, zuckte zusammen, als sei es ihm bei der abrupten Bewegung in den Nacken gefahren, und brummte: „Ich suche mich.“
    „Sich?“
    „Ich heiße Michael Müller“,

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