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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Oberfläche gärte es noch immer in allen 39 Kleinstaaten des Deutschen Bundes. Vielleicht sogar mehr denn je!
    »Elf Jahre ist das nun schon her, seit ich Gießen verlassen musste«, murmelte Heinrich Heller und rollte die kostbare Papyrusrolle mit den altägyptischen Hieroglyphen zusammen. Seit den frühen Morgenstunden hatte er sich mit ihrer Entzifferung beschäftigt. Doch nach dem Mittag hatte er sich nicht mehr so recht auf die Arbeit konzentrieren können. Immer wieder waren seine Gedanken in die Vergangenheit seines eigenen, schon über sechzig Jahre währenden Lebens gewandert.
    »Elf Jahre«, murmelte er erneut. »Wie rasch doch die Zeit vergeht!« Er schüttelte den Kopf und fuhr sich gedankenverloren über den eisgrauen Bart, der ein viel jünger scheinendes Gesicht umrahmte. Die Falten und Furchen, die das Alter hinterlassen hatte, unterstrichen zusammen mit der hohen Stirn und der fast kantigen Kinnpartie viel eher das ausdrucksstarke Gesicht des Gelehrten, der nie ein weltfremder Träumer gewesen war. Durch den Zwicker mit seinen runden, goldgefassten Gläsern auf der kurzen Nase bekam sein Gesicht jedoch auch seine lebensfrohe, heitere Note, wie sie auch seinem Wesen entsprach.
    Im Gegensatz zu seinem viel jüngeren Bruder und auch zu seinem Neffen war er von kleiner, untersetzter Figur. Um die Leibesmitte herum hatte das gute Essen, das Agnes Kroll auf den Tisch des Hauses brachte und das er in reichhaltigen Portionen genoss, sichtbare Spuren in Form eines kleinen Bauches hinterlassen.
    An diesem Februartag trug Heinrich Heller weite, schwarze Tuchhosen und über einem altmodischen Hemd mit gerüschter Brust eine smaragdgrüne Seidenweste mit gelbem Lilienmuster. Was seine Kleidung betraf, hatte der Herr Professor schon immer einen sehr eigenen, um nicht zu sagen eigentümlichen Geschmack an den Tag gelegt. Aber das war auch wirklich die einzige Marotte, die man ihm nachsagen konnte. Sonst hatte er nichts von einem exzentrischen Privatgelehrten an sich.
    Exzentrisch war er nur in seiner Sucht nach universalem Wissen, die vor keinem scheinbar noch so unbedeutenden Objekt der Wissenschaft Halt machte. So beschäftigte er sich genauso intensiv mit der Chemie wie mit der Insektenkunde, und die noch junge Wissenschaft der Aeronautik faszinierte ihn nicht weniger als die Artenkunde der Muscheltiere. Über die Farbenlehre vermochte er so sachkundig zu dozieren wie über Astrologie, Mineralogie und die Anatomie des menschlichen Körpers. Seine Sammlungen und Experimentierstätten nahmen den ganzen Südflügel vom Falkenhof ein. Und seine Bibliothek umfasste mehrere tausend, meist ledergebundene Bände. Dazu kamen noch zahlreiche handschriftliche Texte aus aller Herren Länder sowie kostbare Dokumente und Karten aus vergangenen Jahrhunderten, die allein ein Vermögen wert waren.
    Die Experimentierstätten und die Bibliothek hätten so manch anderen Gelehrten vor Neid erblassen lassen, und er wusste auch, wie glücklich er sich seiner Mittel und Möglichkeiten schätzen durfte. Doch der liebste Ort auf Gut Falkenhof war ihm sein kleines Studierzimmer, in dem er auch die altägyptischen Schriftrollen aufbewahrte und zu entschlüsseln versuchte.
    Es war ein holzgetäfelter, leicht zu überschauender Raum mit eingebauten Bücherwänden, zwei schlichten Glasschränken, die mit allerlei Papieren und merkwürdigen Dingen aus aller Welt voll gestopft waren, und mit einem alten Schreibtisch, auf dem immer ein heilloses Durcheinander von Notizen, Büchern und anderem zu herrschen schien. Eine chinesische Seidenmalerei an der Wand, zwei persische Teppiche auf dem dunklen Parkettboden, ein patinagrüner Kerzenkandelaber unter der stuckverzierten Decke und zwei schon leicht abgewetzte, dunkelgrüne Ledersessel mit einem zusammenklappbaren Beistelltischchen aus Kirschholz vor dem Kamin vervollständigten die Einrichtung.
    Heinrich Heller war so in seine Gedanken versunken gewesen, dass er völlig vergessen hatte, Holz im Kamin nachzulegen. Ein kalter Windzug brachte ihm sein Versäumnis schnell zu Bewusstsein.
    »Ah, das vermaledeite Feuer! Ist es mal wieder passiert! Ein Kohlebecken sollte ich mir an die Seite stellen! Es wird Zeit, dass der Frühling kommt«, redete er mit sich selbst, wie er es oft tat, legte die Papyrusrolle aus der Hand und ging zum Kamin. Dabei zog er das steife linke Bein ein wenig nach. Eine lebenslängliche Erinnerung an eine abenteuerliche Dschunkenreise über das Südchinesische Meer – und den

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