Fallen Angel 07 Tanz der Rose
er bedrohlich. »Ich hab' gesehen, daß die alte Molly was von dir gekriegt hat, aber 's ist bestimmt noch ne Menge für mich da! « Sein Atem stank nach Whisky. »Wenn du die Piepen schnell rausrückst, tu' ich dir und der Dame nix. « Doch seine Augen schweiften schon hungrig über Rosalinds üppige Formen.
»Nein«, stammelte sie entsetzt. »Nein... «
Die Wut, die sich in Stephen aufgestaut hatte, seit sie an Land gegangen waren, entlud sich blitzartig. Mit ei nem gezielten Fußtritt schlug er dem Kerl das Messer aus der Hand, und im nächsten Moment schmetterte er ihm eine stahlharte Faust ins Gesicht. Der Räuber taumelte rückwärts und stürzte auf die Straße. Obszöne Flüche ausstoßend, wollte er sich wieder aufrappeln, doch Ste phen hatte schon eine kleine Pistole aus der Tasche gezo gen und zielte genau zwischen die Augen des Mannes. Den Finger am Abzug, sah er jähe Todesangst in den blutunterlaufenen Augen und rief sich ins Gedächtnis, daß man mit Giftschlangen rechnen muß, wenn man sich freiwillig in eine Schlangengrube begibt. »Such dir eine ehrliche Arbeit«, sagte er eisig.
Seine beiden Diener, denen befohlen worden war, Abstand zu halten, bogen um die Ecke und rannten erschrocken los, als sie sahen, daß etwas passiert war. » Euer Gnaden, sind Sie und die Herzogin unversehrt? «
»Ja, zum Glück, aber nehmt dem Burschen sein Mes ser weg. « Er deutete mit der Pistole auf die am Boden liegende Waffe. »Eine Schlange, der man die Giftzähne ge igen hat, kann weniger Schaden anrichten. «
Nachdem Stephen die kleine Pistole wieder in der Tasche verstaut hatte, nahm er Rosalind in die Arme. »Sollen wir diesen Ort den Ratten überlassen? « Sie zitterte wie Espenlaub und wirkte trotz ihrer Größe fast zerbrechlich. Während er ihr seidiges Haar streichelte und beruhigende Worte murmelte, hatte er das Bedürfnis, sie zu beschützen, doch gleichzeitig stieg absurderweise Verlangen in ihm auf.
Dann schaute sie auf und lächelte heiter. »Ich entdecke an dir ständig neue Talente! Wenn du der jüngere Sohn gewesen wärst, hättest du dich in der Armee bestimmt genauso glänzend bewährt wie dein Bruder. «
Stephen bewunderte ihre fast übernatürliche Fähigkeit, Furcht und Verstörung abzustreifen. Wahrscheinlich war es ihr auf diese Weise gelungen, alle Schrecken ihrer frühen Kindheit zu überleben. »Es kann nie schaden, wenn ein Mann sich selbst verteidigen kann«, kommentierte er ihr Kompliment.
Die Diener blieben diesmal dicht hinter ihnen, bis sie sicher im Boot saßen. Körperlich hatten sie das heruntergekommene Viertel wohlbehalten verlassen, doch Stephen bezweifelte, daß Rosalinds seelische Wunden, die durch diesen Ausflug in die Vergangenheit wieder aufgebrochen waren, schnell verheilen würden.
25. Kapitel
Im Boot zog Rosalind sich zunächst an jenen lichten Ort zurück, den sie als kleines Kind entdeckt hatte. Dort, in einer kleinen Oase ihres Geistes, konnte nichts und niemand sie verletzen, und die erschreckende Realität war ausgesperrt. Als sie die Tür zur Wirklichkeit langsam wieder öffnete, erinnerte sie sich zwar an alles, was passiert war, hatte aber eine sichere Distanz zu den Gefühlen geschaffen, die sie andernfalls überwältigen würden.
Als sie bemerkte, wie besorgt Stephen sie beobachtete, griff sie lächelnd nach seiner Hand. »Erzähl mir etwas Über die Schiffe, die dort drüben beim Zollamt vor An ker liegen. «
Erleichtert kommentierte er alles, was ringsum zu se hen war, und wies sie auf bedeutende Bauten am Ufer hin. »Wenn du nicht zu müde bist, würde ich dir gern in der Nähe von Covent Garden etwas zeigen. «
Glücklich über jede Ablenkung, versicherte Rosalind: »Ich bin nicht müde. « Sie musterte Stephen, der jedoch auch nicht angegriffen aussah, ganz im Gegenteil: Der Zwischenfall mit dem Straßenräuber schien seine Lebensgeister aufgefrischt zu haben.
Sie stiegen an der neuen Waterloo Bridge aus, wäh rend die beiden Diener mit dem Boot weiterfuhren. Mit einer Pferdedroschke erreichten sie bald Covent Garden, und kurz hinter dem geschäftigen Marktplatz ließ Ste phen den Kutscher anhalten und befahl ihm zu warten. Erstaunt betrachtete Rosalind ein kleines Theater. »Das Athenaeum? Von dem habe ich noch nie etwas gehört. «
»Es ist seit Jahren geschlossen, aber von historischem Interesse, denn es wurde erbaut, kurz nachdem Karl II. das Verbot von Theatern aufgehoben hatte, das von den Puritanern erlassen worden war. Alle
Weitere Kostenlose Bücher