Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fallera

Fallera

Titel: Fallera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
keine Haarspaltereien betreiben.
    »Damit er zurück zum Ausgang findet. Wie in dem Märchen. Oder was das war.«
    »Oder damit er das Goldversteck wiederfindet«, keuchte eine Stimme, die das entsprechende Fieber gepackt zu haben schien.
    Ich seufzte. Verdammt. Sie hatten tatsächlich keine Ahnung, wo genau das Gold sein mochte.
    »Oder damit wir hinterherstolpern in einen gottverdammten Hinterhalt«, knurrte Sigismund in seiner unaufgeregten Sprechweise.
    Tsk. Ich saugte an einem Zahn. Berufsverbrecher sind doch allesamt krankhaft misstrauische Typen.
    »Also doppelte Vorsicht, von hier ab.« Und gierige Typen, das sind sie auch.
    Ich legte mein Stahlrohr über den Wetterschacht, knotete die verbliebenen paar Meter von meinem Seil daran und ließ mich beinahe geräuschlos wieder hinab in Mine 7A. Stand, lauschend, leicht fröstelnd in der Bauchregion, wo ich mir einen Streifen aus dem Unterhemd gerissen hatte für ein Polster und eine Binde über mein Auge. Letztes spätes Tageslicht bestrich den vorderen Teil des Hauptschachtes mit sachtem Dämmer. Leise schlich ich den dreien hinterher ins ewige Dunkel. Ertastete mein Seil. Löste den Knoten. Wickelte Armlänge für Armlänge auf, während ich den drei tanzenden Helmscheinwerfern folgte, unbesorgt, gesehen zu werden. Die Reichweite dieser Lampen ist nicht groß, sie sind mehr dafür konstruiert, die unmittelbare Umgebung flächig auszuleuchten, und außerdem zeigten sie alle in die andere Richtung. Meinem Seil hinterher. Um die nächste Biegung. Und dann noch drei oder vier. Oder waren es fünf gewesen?
    Ich zählte meine Schritte bis zur nächsten Ecke, bog ab und zählte erneut. Fühlte mich an der Wand entlang, bis mal wieder ein Stollen abzweigte.
    Bis hierhin, entschied ich, knotete den Strick an den nächstbesten Pfosten, zog das aufgewickelte Ende in den Nebengang, tastete mich hinein in die nun perfekte Schwärze, erfühlte einen weiteren Abzweig, verfolgte den ein Stück weit, bis mir der Schweiß kam und meine Nerven gingen, knotete das Seil an einer Strebe fest und ließ mich vom Strick zurückführen bis zum Knoten, löste den, warf das Seil zu Boden und zählte meine Schritte zurück, dem allerletzten Hauch von Tageslicht entgegen.
    >Dynamito Badaboum Yupie<, hat ein Indianer es einmal recht treffend in einem Lucky-Luke-Cartoon formuliert, bevor er ein Streichholz an die Lunte hielt und das Dynamit mit >Badaboum< ein Loch in die Wand des Kavallerieforts sprengte, worauf er und seine Indianerfreunde lauthals >Yupie< j ubelten.
    Die Hälfte der Lunten hatte ich herausgezogen aus den Stangen, die ich seit Stunden in den Tiefen meiner Parkataschen spazieren trug, und dann zusammengeknotet, um mir genug Zeit zu geben, mich wieder in den Schacht eine Etage höher zu verziehen, bevor es >Badaboum< machte. Ich kontrollierte rasch noch mal den Sitz der Ladung an der Hinterseite eines der Pfosten, über denen die Schachtdecke zusätzlich noch mit dicken Holzbohlen gesichert war, was auf eine lose, instabile
    Konsistenz des Gesteins schließen ließ. Der Gang eine Etage höher zweigte von Anfang an scharf ab, wahrscheinlich, um diese Zone hier zu umgehen. Trotzdem war mir ein bisschen mulmig, als ich mich an den Zündschnüren entlangtastete, jeden Knoten noch mal überprüfend. Dies war meine erste größere Sprengung, und Erfahrung, so sagt man, sei eminent in diesem Geschäft.
    Was meine Sorgen ein bisschen dämpfte, war die massiv wirkende und grob verputzte Abmauerung dieser langen Ader. Sie würde verhindern, dass der obere Schacht in den unteren fiel, falls ich ein bisschen überdosiert haben sollte. Was immer drin ist, bei mir. In jeder Hinsicht.
    Ich kam ans Ende der Zündschnur. Sigismund und seine beiden Mitarbeiter waren weit genug im Berg, dass ich sie nicht einmal mehr hören konnte. Weit genug wahrscheinlich auch, um keinen größeren Schaden zu nehmen durch die Druckwelle der Explosion. Mit ein bisschen Glück würde man sie in einer Woche oder so wieder ausgebuddelt bekommen. Nach einer Woche mit so viel Gold, wie sie nur essen oder trinken konnten.
    Ich ritschte mein Feuerzeug an, Zündschnurende in der freien Hand, vergewisserte mich rasch noch mal, wo genau mein Seil hing, mein Aufstieg, betrachtete ein letztes Mal den zugemauerten horizontalen Felsspalt, offensichtlich in großer Hast gemauert, ohne Richtschnur, ohne Wasserwaage, ohne geschlagene Steine, und dann mehr verschmiert als verputzt ....
    Wer, um alles in der Welt, geht unter Tage

Weitere Kostenlose Bücher