Falsches Spiel, wahre Leidenschaft
antwortete Luc. „Sie ist schön wie eh und je. Aber im Moment ist sie natürlich total sauer, dass sie in diese Scheinverlobung gedrängt worden ist.“
„Sie sollte uns lieber dankbar sein, dass wir ihre verrückte Schwester so schnell in der Entzugsklinik untergebracht haben“, erwiderte Max.
„Das ist sie ja auch. Sie möchte halt nur nicht wieder ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden.“ Während er sprach, öffnete Luc den Schrank und war erleichtert, dass er fast leer war. Gott sei Dank. Hier konnte er all den überflüssigen Krimskrams aus dem Zimmer unterbringen.
„Meinst du, sie spielt mit?“, fragte sein Bruder.
„Sie hat keine Wahl“, antwortete Luc. „Deshalb ist sie ja so gereizt. Aber das ist egal – Hauptsache, sie macht mit.“
„Diesen entschlossenen Tonfall kenne ich von dir“, sagte Max. „Ich weiß gar nicht, wer mir mehr leidtun soll – du oder sie.“
„Ich brauche dein Mitleid jedenfalls nicht“, kommentierte Luc zähneknirschend und blickte auf die rosafarbenen Wände. „Verlass dich drauf, ich komme schon klar.“
Nachdem Gwen die Pferdeboxen ausgemistet und die Pferde gefüttert hatte, ging sie zum Haus zurück. Zwar war sie immer noch verärgert, aber sie hatte sich jetzt wieder unter Kontrolle. Ihre Stiefel ließ sie vor der Eingangstür stehen und machte sich auf den Weg zu ihrem Schlafzimmer. Aus der Küche drangen verführerische Düfte. Weil die Tür zu Lucs Gästezimmer offen stand, warf sie einen Blick hinein – und bekam fast einen Schlag.
Luc saß auf einem Stuhl und tippte etwas in seinen Laptop. Er hatte das Zimmer fast völlig leer geräumt. Die Gardinen waren abgehängt, die Bilder von den Wänden genommen, die Figürchen und Schmuckkästchen verschwunden. Über dem Bett lag eine dunkle Daunendecke, die er wahrscheinlich im Wäscheschrank im Flur gefunden hatte.
Sie trat ein. „Wo sind die …“
„Im Schrank“, antwortete er, bevor sie die Frage beenden konnte. Abrupt stand er auf. „Ich habe das Zimmer etwas umdekoriert, aber natürlich bringe ich alles wieder in Ordnung, bevor ich abreise. Die Zimmereinrichtung war zwar durchaus …“ Er machte eine Kunstpause, „… nett, aber sie hat mich etwas abgelenkt. Und ich muss mich bei der Arbeit konzentrieren können.“
Gwen starrte auf die gardinenlosen Fenster und nickte nachdenklich. „Wie Sie meinen“, gab sie zurück. Er würde zwar schon bei Sonnenaufgang wach werden, aber das war ja nicht ihr Problem. „Das ist schon in Ordnung. Aber sagen Sie, was riecht denn da so …“
„Meine Köchin hat für mich vor meiner Abreise noch ein komplettes Essen vorbereitet“, antwortete Luc. „Als ich ihr erzählt habe, dass ich nach Montana will, war sie davon überzeugt, ich würde in der Wildnis in einen Schneesturm geraten.“ Er sah aus dem Fenster. Draußen tanzten Schneeflocken. „Und vielleicht hatte sie ja gar nicht mal so unrecht gehabt. Haben Sie Hunger?“
Eigentlich wollte sie Nein sagen. Schließlich passte es ihr ganz und gar nicht, dass er hier war. Er war unangemeldet hier aufgetaucht und störte massiv die Idylle, die sie sich mühsam geschaffen hatte. Aber dann knurrte ihr Magen leise, und sie dachte sich, dass es ja eigentlich nicht so schlimm wäre, wenn sie ein bisschen mitaß. Sonst müsste sie sich selbst etwas kochen – und das war nicht gerade ihre Stärke.
„Ein bisschen Hunger hätte ich schon“, gab sie zu.
„Dann sind Sie herzlich eingeladen“, sagte er. „Es gibt Brathähnchen mit Gemüse. Und dazu selbst gebackenes Brot – wenn das okay für Sie ist. Die Frauen in Los Angeles rühren ja kaum Brot an, wegen ihrer schlanken Linie …“
Selbst gebackenes Brot. Gwen lief das Wasser im Mund zusammen. Sie machte sich auf den Weg in die Küche und bemerkte, dass er ihr folgte. „Zum Glück bin ich ja nicht in Los Angeles“, sagte sie. Auf dem Küchentisch sah sie eine große Henkelbox stehen. „Und dieses Ungetüm durften Sie mit ins Flugzeug nehmen?“
„Ich habe mir einen Jet gechartert.“
„Ach so, na klar.“ Früher war Gwen auch gelegentlich mit einem extra gecharterten Flugzeug geflogen. Aber seit sie ihre Filmkarriere aufgegeben hatte, war es damit natürlich vorbei. Doch eigentlich vermisste sie keines der Privilegien, die ihr der frühere Ruhm beschert hatte – vielleicht abgesehen von den Diensten eines Kochs. Fürs Kochen hatte sie einfach kein Talent.
Sie schaute in die Henkelbox und amtete tief den Duft des frischen Brotes ein.
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