Falsches Spiel, wahre Leidenschaft
riesigen Scherbenhaufen hinterlassen, und jemand muss ihn wegräumen. Wenn ‚Das Wartezimmer‘ ein Flop wird, weil Nicki sich so unreif und undiszipliniert verhalten hat, ist niemandem gedient – ihr schon gar nicht.“
Gwen hatte das Gefühl, ihre Schwester verteidigen zu müssen.
„Sie wissen ja gar nicht, was Nicki alles durchmachen musste. Als meine Eltern sich scheiden ließen, war das ein schwerer Schlag für sie. Sie kam sich vor wie verwaist. Über dieses Trauma ist sie nie hinweggekommen.“
„Wozu gibt es Psychotherapeuten?“, gab Luc kühl zurück. „Niemand hat das Glück gepachtet. Für jeden kommt irgendwann die Zeit, erwachsen zu werden und Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Bei Nicki ist das überfällig.“
So ganz unrecht hatte er zwar nicht, aber sein mangelndes Mitgefühl verärgerte Gwen. „Niemand hat das Glück gepachtet? Das können Sie leicht sagen. Sie sind immerhin nahe dran. Schließlich gehören Sie zur mächtigen und glücklichen Hudson-Familie.“
Ein ironischer Zug umspielte seine Lippen. „Mächtig und glücklich? Wenn Sie das von uns denken, liegt es daran, dass ich meinen PR-Job gut gemacht habe. Genauso, wie ich jetzt meinen Job mache – für diesen Film und für Ihre Schwester.“
In genau dieser Reihenfolge, dachte Gwen. Erst kommt der Film, dann kommt meine Schwester. Wenn überhaupt. Seine Einstellung machte sie wütend. „Netter Versuch, aber ich glaube kaum, dass es funktioniert. Für mich interessieren sich die Leute doch schon längst nicht mehr. Ich gehöre doch nicht mehr zur Hollywood-Szene. Was die Paparazzi angeht – für die führe ich ein langweiliges Leben auf der Ranch meines Onkels und rette Pferde. In den Augen der Öffentlichkeit ein todlangweiliges Leben. Und genauso will ich es, genauso soll es bleiben.“
„Sie irren sich, Gwen. Sie waren ein Publikumsliebling, und zwar obendrein für beide Geschlechter, das ist selten. Die Frauen haben Sie wegen Ihrer unschlagbaren Kombination aus Schönheit und Stärke geliebt, und die Männer haben Sie begehrt – Punkt. Ihr letzter Film kam vor einem Jahr in die Kinos, und wenn er in zwei Wochen auf DVD erscheint, wird er aller Voraussicht nach ein Bestseller.“
Gwen lachte auf. „Ach, dann bin ich plötzlich wieder ganz heiße Ware oder wie ihr PR-Fuzzis das nennt?“ Wenn sie an Lucs Plan dachte, fühlte sie sich plötzlich eingeengt wie in einer Zwangsjacke. „Das läuft trotzdem nicht. Ich muss mich um die Ranch kümmern.“
„Das können Sie auch. Der Plan sieht sowieso vor, dass ich erst mal eine Zeit lang hier bei Ihnen auf der Ranch wohne. Und in ein paar Wochen haben wir in Los Angeles unseren großen gemeinsamen Auftritt.“
„Und ich soll wochenlang die liebende Verlobte spielen? Das halte ich nicht mal drei Sekunden durch.“
„Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie für Ihre Schauspielkünste einen Golden Globe gewonnen haben und für den Oscar nominiert waren? Das spielen Sie doch mit links.“
„Mit links“, murmelte sie ungläubig. „Da könnte ich mich ja gleich mit dem Teufel verloben. Ich war mal mit einem Mann verheiratet, der mich nur aus einem Grund wollte, und zwar …“ Sie konnte nicht weitersprechen. Die Erinnerung an all das, was sich zwischen ihr und ihrem Mann abgespielt hatte, schmerzte immer noch zu sehr. „Ich kann mich nicht noch einmal so verstellen.“
„Doch, das können Sie“, gab er zurück. „Für Ihre Schwester.“
Erbost ging Gwen zum Schuhschrank und zog ihre schweren Gummistiefel hervor. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die Pferdeboxen auszumisten, dachte sie. Ich muss jetzt irgendwas tun, irgendwas mit den Händen, sonst explodiere ich. Während sie ihre Schuhe auszog und in die Stiefel schlüpfte, strafte sie den hochgewachsenen Besucher, der direkt neben ihr stand, mit Missachtung.
„Wo soll ich während meines Aufenthalts hier unterkommen?“, fragte er. „Haben Sie ein Gästezimmer?“
Am liebsten hätte sie Luc klar und deutlich gesagt, wo sie ihn hin wünschte, aber sie biss sich auf die Zunge.
Er bemerkte ihre Wut und grinste nur. „Am liebsten würden Sie mich sicherlich im Stall einquartieren“, merkte er an.
„Das könnte ich den Pferden niemals antun“, erwiderte sie giftig. „Gehen Sie den Flur runter und dann durch die zweite Tür rechts. In dem Zimmer steht ein Messingbett mit einem Schafwollvorleger davor. Das Zimmer können Sie haben.“ Dann verließ sie ohne ein weiteres Wort das Haus. Sie war
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