Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
dem erfüllten Muttersein folgte schließlich der unfassbare Tod des geliebten Mannes. Riccardas Stimme war erfüllt von Trauer und Verzweiflung, als sie den Zyklus mit diesem letzten Lied beendete. Im Festsaal herrschte für einen Moment betroffenes Schweigen, bevor sich der Beifall wie ein donnerndes Brausen in den Saal ergoss. Die Anspannung der Sängerin löste sich, und sie verbeugte sich mit einem charmanten Lächeln. Valentin hielt es nun auch nicht mehr auf seinem Stuhl. Wie einige andere im Publikum auch sprang er auf und klatschte begeistert. Stolz und Bewunderung funkelten aus seinen Augen. Er musste sich glücklich schätzen, diese Begabung fördern zu dürfen. In der jungen Frau steckte weit mehr als nur eine Musiklehrerin. Sie sollte ihr Talent auf keinen Fall in der Provinz verschleudern!
Nach dem ausgiebigen Beifall zog sich das Publikum in das angrenzende Foyer zurück, in dem noch ein kleinerer Imbiss serviert wurde. Valentin Reuter nutzte die Gelegenheit, seine Schülerin zu beglückwünschen.
» Fräulein van Houten, heute sind Sie über sich selbst hinausgewachsen!«
Riccarda strahlte vor Freude über das Lob, doch gleich darauf wurde sie wieder ernst. Sie wusste, dass er sehr kritisch sein konnte und nie ohne Einschränkungen lobte. Ihre bernsteinfarbenen Augen suchten nach verborgener Kritik. Doch er hob beschwichtigend seine Arme und lachte nun auch.
» Keine Angst«, meinte er. » Heute habe ich überhaupt nichts auszusetzen, Fräulein van Houten. Selbst die hohen Stimmlagen haben Sie bravourös gemeistert. Allerdings gehören Sie nicht auf solch eine Bühne …« Er deutete etwas abfällig auf den kleinen Festsaal.
» Sehen Sie, nun kommt doch noch Kritik«, schmollte Riccarda gekränkt. » Bestimmt sind Sie der Meinung, dass meine Stimme den Raum nicht gefüllt hat. Vielleicht stimmt das ja auch und ich bin völlig unbegabt!«
Er hob beschwichtigend die Arme. » Aber nein, Sie waren wundervoll. Ich wollte damit etwas ganz anderes sagen! Sie müssen mich nur ausreden lassen!« Etwas unbeholfen fuhr er sich durch sein feines braunes Haar mit dem hohen Stirnansatz. » Ganz im Gegenteil. Sie könnten mit Leichtigkeit eine viel größere Konzerthalle füllen, so wie es sie in Berlin, Paris und London gibt. Mir ist allerdings erst heute aufgefallen, wie stark Ihre Präsenz auf der Bühne ist. Sie haben nicht nur eine außergewöhnliche Stimme, sondern auch noch schauspielerische Begabungen. Manch eine Dame hat beim letzten Lied ihr Taschentuch gezückt und mit Ihnen getrauert. Dieses Talent müssen Sie ausbauen! Sie brauchen Tanz- und Schauspielunterricht und Bühnenerfahrung. Warum kommen Sie nicht mit mir nach Berlin?«
Er war über seine eigene Courage erstaunt. Die Worte waren ihm ehrlich, aber ohne Bedacht über die Lippen gehuscht.
» Nach Berlin? Mit Ihnen?« Ricky starrte ihren Gesangslehrer fassungslos an. » Also, das ist …! Was soll das …?«
Er räusperte sich verlegen. So hatte er es nicht geplant, doch nun war es an der Zeit, endlich mit der Sprache herauszurücken.
» Ich habe das Angebot erhalten, als Konzertmeister in einem sehr renommierten Theater zu arbeiten. Ich werde in wenigen Wochen Südwestafrika verlassen und nach Berlin reisen!«
» Das können Sie nicht tun! Ohne Sie … das geht einfach nicht!«
Ihre heftige Reaktion verblüffte und freute ihn zugleich. In einer spontanen Regung griff er nach ihrer Hand.
» Dann macht es Ihnen also etwas aus, wenn ich nicht mehr hier bin?«
Ricky entzog sie ihm rasch wieder und sah ihn befremdet an.
» Aber natürlich! Wer sollte mir denn sonst hier Gesangsunterricht geben? Sie sind weit und breit der Einzige, von dem ich noch etwas lernen kann!«
» Ach ja, der Gesangsunterricht!«
Valentin schluckte. Es gelang ihm nur schlecht, seine Enttäuschung zu verbergen. Wie hatte er Riccarda mit seinem spontanen Angebot nur so überrumpeln können? Er ruderte etwas zurück und versuchte die Situation zu entspannen.
» Sie könnten mit mir kommen – selbstverständlich in allen Ehren! Als Konzertmeister werde ich einen gewissen Einfluss haben. Bestimmt lässt sich dort auch für Sie ein Engagement finden! Wenn Sie wollen, rede ich mit Ihren Eltern.«
» Das ist unmöglich!« Riccardas eben noch euphorische Stimmung war nun auf den Nullpunkt gesunken. » Meine Eltern würden das niemals gestatten. Sie wissen ja nicht mal, dass ich heute Abend ein Konzert gegeben habe. Und …«
Als hätte sie das Unheil
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