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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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konnten die anderen sie nicht hören. Was blieb, waren Sehen, Riechen, Fühlen und Fürchten, und sie schauten verwundert zur Flawse Hall zurück. Kaum zu glauben, das Herrenhaus stand noch und hatte das Bombardement augenscheinlich unversehrt überstanden. Auch Bombentrichter waren keine zu sehen, und der Qualm, der ihnen eigentlich die Sicht hätte nehmen müssen, blieb erstaunlicherweise aus. Doch wenigstens war auch der Schmerz verschwunden, und die Zollbeamten wollten gerade in ihre Wagen steigen und den Ort dieser furchtbaren Erfahrung verlassen, als eine Gestalt auftauchte, die von der Talsohle aus den Fahrdamm erkletterte. Es war Lockhart, über dessen Schultern wie ein Sack mit Holzbeitien Mr. Mirkin baumelte.
»Ihr habt dieses Ding liegenlassen«, sagte er und ließ den ehemaligen Leitenden Steuerinspektor auf die Motorhaube des vordersten Autos fallen. Die Zollbeamten sahen zwar, wie er die Lippen bewegte, hörten aber nichts. Wenn sie etwas gehört hätten, wären sie seiner Meinung gewesen, daß Mr. Mirkin wahrhaftig ein Ding war, jedenfalls kein menschliches Wesen. Tonlos vor sich hin brabbelnd und aus diversen Körperöffnungen Schaum absondernd, hatte er den Bereich geistiger Gesundheit verlassen und würde zweifellos nie wieder der alte sein. Sie schafften es, ihn in einen Kofferraum zu verfrachten (seine vibrierenden Beine hatten verhindert, daß er auf einem Autositz Platz nehmen konnte), und fuhren hinaus in die stille Nacht.
Hinter ihnen lief ein vergnügter Lockhart zum Herrenhaus zurück. Sein Experiment in ersatzmäßiger, auf reiner Beschallung basierender Kriegführung hatte hervorragend funktioniert, sogar so hervorragend, daß, wie er beim Näherkommen bemerkte, die meisten Fenster im Haus zerbrochen waren. Er würde sie am nächsten Tag reparieren lassen, und inzwischen gab es Grund zum Feiern. Er ging in den Wehrturm und zündete im großen Kamin ein Feuer an. Als die Flammen emporzüngelten, schickte er Mr. Dodd Whisky holen und begab sich selbst ins Haus, um Mr. Bullstrode und Dr. Magrew einzuladen, sich auf einen Trinkspruch zu ihm und Jessica zu gesellen. Er hatte zwar einige Schwierigkeiten, seine Einladung verständlich zu machen, doch ihr Schlaf war so gründlich gestört worden, daß sie sich gleich ankleideten und ihnen in den Festsaal folgten. Mr. Dodd war schon mit dem Whisky und dem Dudelsack dort, und als das Grüppchen unter den Fahnen und Schwertern stand, erhoben die fünf ihre Gläser.
»Worauf trinken wir diesmal?« fragte Jessica.
Die Antwort gab Mr. Dodd. »Auf den Teufel persönlich«, sagte er.
»Auf den Teufel?« sagte Jessica. »Warum auf den Teufel?«
»Aye warum, Deern«, sagte Mr. Dodd, »du kennst wohl
deinen Robbie Burns nicht. Kennst du denn nicht sein Gedicht: ‹Der Düvel hat sich mit‘in Zöllner aus‘in Staub gemacht¤?«
»Wenn das so ist, auf den Düvel«, sagte Lockhart, und sie tranken.
Und sie tanzten im Feuerschein, während Mr. Dodd auf seinem Dudelsack spielte und sang:
    »Man tanzt den Reel zu dritt und den Reel zu viert,
Den Hornpipe und den Strathspey, gebt acht;
Doch der beste Tanz, den unser Land je erlebt,
Heißt: der Düvel hat sich mit‘m Zöllner aus‘m Staub gemacht.«
    Sie tanzten und tranken, tranken und tanzten, und dann setzten sie sich erschöpft um den langen Tisch, während Jessica ihnen Speck mit Eiern machte. Als sie fertig waren, erhob sich Lockhart und befahl Mr. Dodd, den Mann zu holen.
»Es wäre nicht nett, ihn dieses großartige Ereignis versäumen zu lassen«, sagte er. Mr. Bullstrode und Dr. Magrew, zu betrunken, um Einspruch zu erheben, hatten nichts dagegen. »Er hätte es genossen, diese Lumpen Reißaus nehmen zu sehen«, sagte Lockhart, »es hätte seine humoristische Ader angesprochen.« Als der Morgen über der Flawse-Hochebene
anbrach, stieß Mr. Dodd das Tor zum Wehrturm auf, und der alte Mr. Flawse, in einem Rollstuhl sitzend, den er scheinbar selbst bediente, rollte in den Raum und nahm an seinem angestammten Tischende Platz. Mr. Dodd schloß die Türflügel und überreichte Lockhart die Fernbedienung. Der fummelte an den Knöpfen herum, und wieder einmal hallte die Stimme des alten Mr. Flawse durch den Raum.
Lockhart hatte die Bänder neu abgemischt und neue Reden zusammengestellt, die der Alte nun zum besten gab.
»Laßt uns, meine Freunde, Streitgespräche führen, wie früher, bevor der Schnitter mich zu sich holte. Ich nehme an, ihr beide habt euren Verstand mitgebracht, so wie ich den

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