Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
Friedhofs sahen sie, daß Lockhart in ein Gespräch mit dem Major vertieft war.
»Kein gutes Zeichen«, stellte der Anwalt fest. »Haben Sie gehört, was dem Finanzbeamten zugestoßen ist?«
Dr. Magrew hatte den Mann sogar behandelt. »Es wird mehr als nur ein paar Tage dauern, bis er wieder herumläuft«, sagte er. »Ich habe beide Beine in Gips gelegt.«
»Ich wußte gar nicht, daß sie gebrochen waren«, sagte Mr.
Bullstrode.
Dr. Magrew lächelte. »Waren sie auch nicht, aber ich fand, man sollte kein Risiko eingehen.«
»Ganz Ihrer Meinung«, sagte Mr. Bullstrode, »ich würde mich nicht mit dem Bastard anlegen, bei dem vertraulichen Umgang, den er mit der Armee pflegt.«
Doch Lockharts Interesse an militärischen Dingen war weitgehend friedlicher Natur und drehte sich darum, jeden weiteren Unfall der Sorte zu vermeiden, wie er Mrs. Flawse zugestoßen war.
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Warnschilder ein wenig näher an meinem Haus und auf meinem Grundstück errichten würden«, teilte er dem Major mit. »Das würde die Leute davon abhalten, mein Wild zu beunruhigen.«
Was für ein Wild das war, behielt er für sich, doch der Major zeigte sich von seiner Großzügigkeit angetan.
»Da muß ich zuerst die ministerielle Genehmigung einholen«, sagte er, »aber können wir nicht sonst irgendwie helfen?«
»Nun, das können Sie tatsächlich«, antwortete Lockhart.
Am nächsten Tag fuhr er mit einem Anhänger hinter dem Auto nach Newcastle, und als er zurückkam, waren Auto samt Anhänger bis obenhin mit frischen elektronischen Geräten vollgeladen. Er unternahm noch zwei Fahrten, von denen er jedesmal mit mehr Gerät wiederkam.
»O Lockhart«, sagte Jessica, »ich freue mich so, daß du ein Hobby hast. Du bist in deiner Werkstatt beschäftigt, und ich bereite hier alles fürs Baby vor. Was war das für eine riesige Maschine, die gestern geliefert wurde?«
»Ein Stromgenerator«, sagte Lockhart, »ich habe beschlossen, das Haus zu elektrifizieren.« Doch wenn man ihn und Mr. Dodd bei der Arbeit auf der Flawse-Hochebene beobachtete, mußte man den Eindruck
gewinnen, daß Lockhart beschlossen hatte, weniger das Haus als dessen Umgebung zu elektrifizieren. Tag für Tag hoben sie neue Löcher aus, in die sie untereinander verkabelte Lautsprecher eingruben.
»Die Dinger ergeben ein richtiges Minenfeld«, sagte Mr. Dodd, als sie ein dickes Kabel zum Haus legten.
»Eins fehlt uns noch«, sagte Lockhart, »Dynamit.«
Zwei Tage später stattete Mr. Dodd dem Steinbruch von Tombstone Law einen Besuch ab, während Lockhart endlich das Hilfsangebot des Majors annahm, mehrere Stunden mit einem Kassettenrecorder auf dem Schießstand verbrachte und sich den Geschützdonner anhörte.
»Nur noch eins hätte ich gern«, sagte er, als er genug Aufnahmen im Kasten hatte, »nämlich ein paar Bänder mit echtem Gewehr- und Maschinengewehrfeuer.«
Wieder war ihm der Major gefällig und kommandierte ein paar Männer ab, über der Hochebene Gewehre und Maschinengewehre abzuschießen.
»Ich muß zugeben, ich halte das für eine geniale Idee«, sagte der Major, als Lockhart seine Ausrüstung im Wagen verstaut und sich verabschiedet hatte. »Eine Art Vogelscheuche, was?«
»So könnte man es nennen«, sagte Lockhart, bedankte sich noch einmal und fuhr los. Als Lockhart im Herrenhaus ankam, teilte ihm der wartende Mr. Dodd mit, er habe alles, was er brauche, um die Szenerie realistischer zu machen.
»Wir müssen nur dafür sorgen, daß die Schafe nicht drauftreten«, sagte er, doch Lockhart war anderer Meinung.
»Das eine oder andere tote Schaf kann nichts schaden. So was verleiht dem Ganzen einen mörderischen Anstrich. Ein paar Ochsen könnten auch nichts schaden.«
Die ganze Zeit über humpelte Mr. Mirkin auf Krücken durch Hexham und brütete stundenlang über den Steuererklärungen des alten Mr. Flawse, wild entschlossen, Beweise für Steuerhinterziehung sowie irgend etwas zu finden, das die Ausstellung eines Durchsuchungsbefehls rechtfertigen würde. Doch das war ein vergebliches Unterfangen: Der alte Mr. Flawse hatte Verluste erwirtschaftet. Andererseits hatten zu seinen verlustreichen Unternehmungen eine Wollspinnerei und Stoffabrik gehört, und Stoffherstellung war mehrwertsteuerpflichtig. Mr. Mirkins Gedanken schweiften zur Mehrwertsteuer ab. Die gehörte nicht in seine Zuständigkeit, sondern in die der Britischen Zollbehörde. Mehrwertsteuerhinterziehung und Zollbehörde? Mr. Mirkin war fündig geworden. Zöllner brauchten

Weitere Kostenlose Bücher