Familienpackung
Abend einen wundervollen Geburtstagsabend. Und eine schöne Nacht«, sage ich verheißungsvoll. Mann, was habe ich den jetzt zugeschleimt. Das sollte wohl wirklich reichen. Das Wort ›Effizienz‹ hat ihn überzeugt. »Effizienter wäre es sicher«, seufzt er und sagt, »also in einer guten Stunde bin ich da. Bis dann.« Wäre natürlich erfreulicher, wenn ihn die schöne Nacht gelockt hätte. Aber trotzdem – geschafft. Meine Güte, das war heikel und knapp.
Giovanni erscheint. Mit Helfern und dem Büfett. »Habe mir gemacht herrlische Sache, Signora Andrea. Un nix verrate an Mann. Hat angerufe für Tisch heute Abend. Habe ich gesagt – kein Problem. Komme sie mit reizende Frau. Freue ich mich.« Ich will bezahlen, aber Giovanni winkt ab. »Wenn ich Geschirr abhole morgen, dann Rechnung.« Wir bauen in der Küche auf, damit Christoph nicht direkt beim Reinkommen alles sieht. Wie in allen Reihenhäusern sieht man bei uns vom Flur direkt bis in den Garten und das kleine Stück dazwischen ist das Wohnzimmer.
Um Viertel vor sieben geht es dann los. Aufmarsch der Gäste und zeitgleich feiner Nieselregen. So viel zum Thema Gartenparty. Doktor Langner ist einer der Ersten. »Hähä«, lacht er gleich ein wenig hämisch zur Begrüßung, »der war schön stinkig, ihr Mann, hähä.« Es hat ihm anscheinend sogar
eine kleine Freude bereitet, Christoph zusätzliche, völlig nutzlose Arbeit aufzubrummen. Er kann sich kaum mehr einkriegen. Trotzdem bekommt er ein Glas Sekt, schließlich hat er seine Mission erfüllt und es schadet ja auch nicht, wenn ich mich mit dem Chef meines Mannes gut stelle. Mein Schwester wanzt sich direkt an den Langner ran. Sie liebt Männer, die was zu sagen haben, umso unverständlicher, was sie mit ihrem Ehemann Kurt macht. Ich meine, nicht dass Kurt nicht ständig irgendwas zu sagen hätte, aber die Quantität ist in dem Fall wohl nicht alles. Doktor Langners Gattin, Golf-Handicap 17 , steht gelangweilt in unserem Wohnzimmer und mustert jede Ecke. Hilfe, die guckt ja, als müsse sie später aus dem Kopf Grundriss und Mobiliar aufmalen. Bevor sie anfängt, Staub und Fusel zu suchen, hetze ich meine Mutter auf sie. Golf ist doch immer ein dankbares Thema bei dieser Art von Frauen.
Es geht Schlag auf Schlag. Um drei Minuten nach sieben sind tatsächlich alle da. Selbst die letzten Trödelbacken, die sonst gern schon mal Stunden später auflaufen. Woran man wieder sieht, dass genaue Anweisungen doch sinnvoll sein können. Die Letzte, die klingelt, ist Lea, Heikes Errungenschaft. Donnerwetter, was für eine Frau. Die ist ja waffenscheinpflichtig. Das scheine nicht nur ich zu finden – mindestens die Hälfte der männlichen Gäste steht mit leicht geöffnetem Mund da. Lea ist groß, etwa 1 , 80 . Sie trägt einen Jeans-Mini, aus dem schier endlose, dellen- und besenreiserfreie Beine ragen, und dazu ein dezentes, enges kleines T-Shirt. Neid, Neid, Neid. Wie herrlich muss es sein, auf solchen Beinen durchs Leben zu staksen. Einfach einen winzigen Rock anziehen zu können. Oder diese Beine in eine Jeans der Größe 27 zu stecken. Die Beine allein
könnte man ja noch ertragen. Aber wenn auch der Rest so makellos ist wie bei Lea, dann ist das schon ein harter Brocken. Lockiges, aber nicht krauses, augenscheinlich naturblondes Haar, ein großer, schön geschwungener Mund und eine klassische, gerade Nase. Gerade groß genug, um nicht niedlich zu sein. Ihre Augen sind grün und sie ist nicht einfach nur hübsch, sondern eher richtig schön. Und so gut wie ungeschminkt. Unglaublich. Wäre sie nicht Heikes neue Flamme, ich müsste sie leider hassen. Zu viel Perfektion ist, jedenfalls bei anderen, schwer zu ertragen. Bei mir selbst würde es eventuell gehen. Aber die Gefahr besteht ja nicht. Heike läuft auf Lea zu, reckt sich und gibt der Schönheit einen demonstrativen Kuss. Auf den Mund versteht sich. Dem Langner fällt fast das Sektglas aus der Hand. Mein Bruder Stefan, mal wieder solo, guckt enttäuscht. Obwohl, bei aller Bruderliebe, das wäre nicht ganz seine Liga gewesen, so oder so. Aber Männer haben da ja häufig eine leicht verschobene Wahrnehmung. Zu ihren Gunsten versteht sich. Nicht zuletzt durch zahlreiche Beispiele in den einschlägigen Boulevardmagazinen, wo hässliche Gnome mit umwerfenden Frauen posieren. Was die Stefans dieser Erde dann allerdings ebenfalls verdrängen, ist, dass diese Männer eher selten durch ihren Charme bezaubern, sondern oft einzig und allein durch ihre
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