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Familientherapie ohne Familie

Titel: Familientherapie ohne Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Weiss
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Formulierung bezüglich des Essverhaltens)
    Nicole: »Meiner Mutter und meiner Familie, meinem Vater, meiner Schwester und meinem Freund habe ich es schon erzählt. – Der kann sich das nicht so vorstellen.«
    Therapeutin: »Hat er es schon mal erlebt?«

    Nicole: »Nein. Ich esse meist alleine so viel, die anderen sollen das nicht mitbekommen. Ich kauf mir manchmal was. Es kommt nicht darauf an, was es ist. Trockenes Brot ist genauso gut. Das ist ekelhaft. Hauptsächlich esse ich Süßigkeiten oder Brot mit total viel Nussnugatcreme oder fette Wurst. Mir ist dann am nächsten Tag total übel. – In den fünf Tagen würde ich das nie essen.«
    Therapeutin: »Wenn ich Ihre Mutter fragen würde, warum ihre Tochter so unregelmäßig isst, was würde sie mir dann sagen?«
    (Zirkuläre Frage nach Erklärung)
    Nicole: »Ich weiß nicht...«
    Therapeutin: »Reden Sie denn miteinander über die Themen?«
    Nicole: »Ja, wir sprechen darüber.«
    Therapeutin: »Wenn ich Ihren Freund fragen würde, wie könnte ich Ihrer Freundin am besten helfen, was würde er mir sagen?«
    Nicole: »Der würde sagen: ›Ich weiß es nicht.‹ Der kann sich das überhaupt nicht vorstellen.«
    Therapeutin: »Der würde sagen: ›Ich bin hilflos‹?«
    Nicole: »Ja.«
    Therapeutin: »Sie haben das Problem nun schon seit fünf Jahren. Was haben Sie denn bisher unternommen, um das loszuwerden?«
    (Bisherige Lösungen)
    Nicole: »Gar nichts, das heißt, Diäten.«
    Therapeutin: »Diäten waren also Ihre bisherigen Methoden, um das in den Griff zu kriegen.«
    Nicole: »Es klappt halt nicht.«
    Therapeutin: »Sie waren doch schon auf 52 und auf 45 Kilo, das heißt, da wollten Sie es und schafften es auch.«
    Nicole: »Ja, aber eben nur kurz.«
    Therapeutin: »Das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, die Beschäftigung mit dem Essen: erst essen – dann abnehmen. Angenommen, es würde sich heute Nacht ein Wunder ereignen
und das Essen wäre kein Problem mehr, was wäre dann anders?«
    (Wunderfrage)
    Nicole: »Ich könnte dann glücklicher sein, eher mal ein Buch lesen. Statt über Stunden an das Essen zu denken, würde ich dann wieder ins Schwimmbad gehen, Kleider kaufen.« Nicole scheint an dieser Stelle traurig zu werden. Sie kämpft mit den Tränen.
    Therapeutin: »Sie wirken jetzt so traurig?«
    Nicole: »Ich bin in letzter Zeit so depressiv...«
    Therapeutin: »Woran merken Sie das?«
    Nicole: »Wenn ich halt mit jemand anderem spreche, kommen mir die Tränen, ich weiß gar nicht, warum.« Therapeutin: »Es wirkt ja ein wenig so, als müssten Sie immer die perfekte Nicole sein. Was würde denn passieren, wenn die anderen bemerken würden, dass Sie nicht so perfekt sind?« Nicole: »Ich weiß nicht.«
    Pause
    Therapeutin: »Sie haben vorhin erwähnt, was Sie tun könnten, wenn Sie die Beschwerden überwunden hätten. Sie haben gesagt, Sie könnten dann mehr lesen oder sich ein schönes Kleid kaufen. Was ist dann sonst noch anders?«
    Nicole: »Überhaupt, ich hätte mehr Bewegungsfreiheit, ich laufe ja nur noch mit weiten Hosen und schlabbrigen Hemden herum, ich könnte hübsche Sachen anziehen. Ich sitze jetzt auch in der Schule mit weiten Sachen herum. Ich könnte dann auch ins Schwimmbad gehen. Seit einem Jahr gehe ich nicht mehr ins Schwimmbad.«
    Das Gespräch dreht sich dann um die Schwester, die sehr schlank ist. Zwei Jahre zuvor war die Schwester sehr schlecht in der Schule, sie war damals wohl sehr dick und depressiv. Damals ging es Nicole gut.
    Therapeutin: »Um wen macht die Mutter sich wohl heute mehr Sorgen, um Sie oder um Ihre Schwester?«
    Nicole: »Es kommt darauf an... im Moment mehr um mich. Weil ich auch so depressiv bin...«

    Therapeutin: »Wem steht die Mutter denn emotional näher?« Nicole: »Mir.«
    Therapeutin: »Wie merken Sie das?«
    Nicole: »Ich bin meiner Mutter sehr ähnlich, wir sehen uns schon rein äußerlich total ähnlich; aber auch im Charakter. So wie meine Mutter sich meinem Vater gegenüber verhält, so bin ich jetzt auch meinem Freund gegenüber.«
    Therapeutin: »Was machen Sie denn da gleich?«
    Nicole: »Meine Mutter, die reagiert manchmal so komisch meinem Vater gegenüber. Ich mache das jetzt genauso mit meinem Freund.«
    Therapeutin: »Schaffen Sie damit auch etwas Abstand?« Nicole: »Ja, etwas.«
    Therapeutin: »Ist das ein gutes Gefühl, sich unabhängig zu fühlen?«
    (Umdeutung: Statt »Abstand« nun »Unabhängigkeit«)
    Nicole: »Ich will, dass die anderen das denken. Ich weiß, ich brauche die:

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