Family Job
Aber es gab nur eine Decke, und die brannte schon. Die Flammen schlugen immer höher. Jetzt kam Rauch dazu. Mit jeder Sekunde dichter. Die Steppdecke auf dem Bett hatte auch Feuer gefangen.
Hustend wich sie vor der Hitze zurück. Der grässliche Geruch von brennendem Stoff oder vielleicht von Haaren.
Es war zu spät. Sie wusste, dass es zu spät war. Es durfte nicht zu spät sein.
Es war so schnell gegangen.
Savages Schreie ließen ihr das Blut gefrieren.
Es gab nichts, was sie tun konnte. Nicht für ihn. Nicht für ihren Dad.
Sie musste Mum retten.
Effie wandte den Blick ab. Da war das Kind, einen halben Meter neben ihr. Zielte mit der Kanone auf sie. Hielt sie mit Mühe ruhig. Hustete. Tränenüberströmt.
»Erschieß mich nicht«, sagte sie. »Erschieß ihn.«
Das Kind schaute sie aus großen Augen verständnislos an.
»Wenn du deinen Dad liebst«, sagte sie, »erschieß ihn.«
Durch den Lärm des Feuers rief Savage etwas. Es hörte sich an, als sagte er ›Grant‹.
Jordan schaute sie noch einmal an, richtete die Pistole auf die Flammen.
Und drückte ab.
Savage schrie weiter.
»Noch mal«, sagte sie. »Geh näher ran.«
Jordan ging auf das Feuer zu, die freie Hand über dem Mund. Schoss noch einmal.
Sein Dad hörte auf zu schreien.
Inzwischen tobte ein richtiges Feuerwerk. Die Leiber brannten, das ganze Bett stand in Flammen.
»Wir müssen hier raus«, sagte sie. Der Kleine reagierte nicht. Schaute starr auf das, was von seinem Vater übrig geblieben war. Okay, scheiß auf das kleine Arschloch. Sie hatte keine Zeit, herumzutrödeln.
Sie taumelte in Richtung Tür.
Der Kleine drehte sich um, richtete die Kanone auf sie. Tränen zogen zwei saubere Linien über seine verdreckten Wangen.
Sie hustete die Worte heraus: »Wir müssen gehen.«
»Du willst mich umbringen.«
Sie hatte keine Zeit zum Herumstreiten. »Wie du willst.«
Sie verließ das Zimmer, rannte durch den Flur zu Mums Zimmer. Packte den Türknauf.
»He.« Der Kleine.
Sie drehte sich um.
»Du hast meinen Bruder umgebracht«,sagte Jordan.Aus der Tür hinter ihm quoll Rauch. »Und meinen Dad.«
»Eigentlich hast du ihn umgebracht«, sagte sie.
»Du hast ihm ein Schwert reingerammt.«
»Stimmt. Aber davon ist er nicht gestorben.«
Er senkte den Blick zu Boden. »Ich hab’s tun müssen.« Sie drehte den Knauf.
»Du hast’s mir gesagt«, sagte er. »Er hat gebrannt. Ich hab’s doch tun müssen. Oder nicht?«
»Ja«, erwiderte sie. Sie hustete. Spuckte Blut. »Du hast das richtig gemacht. Er hatte Schmerzen. Du hast ihn davon erlöst.«
Sie stieß die Tür auf, spähte hinein.
Mum saß auf einem Stuhl, mit Blick zur Wand, etwas war um ihren Mund gebunden. Ihre Hände und Füße waren an den Stuhl gefesselt.
Effie stolperte zu ihr. »Wir müssen hier raus, Mum«, sagte sie, nestelte keuchend an dem Schal, der am Hinterkopf ihrer Mutter zugeknotet war.
Jordan stand in der Tür. Hob die Pistole.
»Willst du enden wie unsere Dads?«, fragte sie ihn. Sie zog den Schal herunter. Fing mit dem nächsten an. »Hilf mir«, sagte sie zu Jordan.
Während Jordan auf sie zugeschlurft kam, befreite Effie das Handgelenk ihrer Mutter, fing mit dem nächsten an. »Bind ihr die Füße los«, sagte sie.
Er starrte sie an.
Und sie wusste, was er vorhatte.
»Na dann mach schon, du kleiner Scheißer«, sagte sie.
Vielleicht war ja das Magazin leer.
Sie sah, wie der Finger sich bewegte, hörte den Knall.
Effie saß draußen im Gras und hatte Mühe, zu atmen. Sie blickte auf den Kombi und fragte sich, wie sie es da hinüber zu Martin schaffen sollte. Sie hatte sich eine Weile ausgeruht, aber sie würde sich bald wieder in Bewegung setzen müssen. Jordan würde ihr helfen.
Da hörte sie die Sirenen in der Nähe und wusste, dass es zu spät war. Sie hob die Hände. Wusste allerdings nicht, wie lange sie sie oben behalten konnte. Sie fragte sich, ob wohl auch ein Krankenwagen käme. Nicht für sie – das war sinnlos –, aber für Jordan. Rauchvergiftung. Er hustete wie ein alter Kettenraucher.
Hinter ihr brannte das Haus. Effie hoffte, die alte Mrs. Yardie würde sich nicht allzu sehr aufregen, wenn sie von ihrer Schwester zurückkam.
»Entschuldigung«, sagte der Kleine. Er saß neben ihr. Er hielt auch die Hände hoch.
Ein Streifenwagen bog in die Einfahrt ein, beleuchtete kurz den Kombi, auf dessen Beifahrersitz sich eine Gestalt zurücklehnte.
»Wofür?«, sagte sie.
»Dass ich Dad gesagt habe, du wolltest mich
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