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Fandorin

Fandorin

Titel: Fandorin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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gehört und hielten sich irgendwo im Asternat verborgen? Waren sie womöglich auf und davon?
    In seiner Rage fuchtelte Fandorin so wild mit der Pistole, daß sich ein Schuß löste. Pfeifend prallte die Kugel von Wand zu Wand und schlug dann durch das Fenster, in dem sie nicht mehr als ein sternförmig gezacktes Löchlein hinterließ. Verdammt, er hatte die Pistole zu sichern vergessen, und der Abzug ging leicht; Fandorin schüttelte den Kopf, um das Dröhnen in den Ohren loszuwerden.
    Bei Timothy rief der versehentliche Schuß eine verblüffende Wirkung hervor. Er fiel auf die Knie und barmte: »Euer Wohl- … Euer Hochwohlgeboren, laßt mich am Leben! Der Teufel hat mich geritten! Ich will ja beichten! Mein armes Frauchen, meine lieben Kinderlein! Ich zeig es Euch! Ich zeig Euch alles, so wahr mir Gott helfe! Im Keller sind sie, im geheimen Verlies! Ich zeig es Euch, verschont mich nur, o weh!«
    »In was für einem Verlies?« fragte Fandorin drohend undhob die Pistole, so als wollte er wirklich im nächsten Moment zur Vergeltung schreiten.
    »So folgt mir doch, bitte sehr, folgt mir nur!«
    Der Portier sprang auf und geleitete Fandorin, sich jeden Moment umdrehend, wieder hinab ins Kabinett der Baronesse.
    »Ganz zufällig bin ich drauf gestoßen. Unsereins haben sie nich reingelassen. Kein Vertrauen in die Dienerschaft. Wozu auch: Russenmenschen, rechtgläubige Seelen, kein angelsächsisches Blut!« Timothy bekreuzigte sich. »Nur ihr Andrew durfte rein, wir nie und nimmer nich.«
    Er lief hinter den Schreibtisch, drehte einen Griff am Sekretär. Augenblicklich fuhr dieser zur Seite und gab eine kleine kupferne Tür frei.
    »Aufmachen!« befahl Fandorin.
    Timothy bekreuzigte sich noch dreimal, bevor er die Tür aufstieß. Sie gab lautlos nach, eine Treppe wurde sichtbar, die abwärts führte und sich im Dunkeln verlor.
    Den Portier mit Püffen vor sich her treibend, begann Fandorin vorsichtig hinabzusteigen. Unten stieß die Treppe auf eine Wand, doch nach rechts führte ein niedriger Gang.
    »Los, geh weiter!« zischte Fandorin den zaudernden Timothy an.
    Sie bogen um die Ecke, dahinter war es stockfinster. Man hätte eine Kerze mitnehmen sollen! dachte Fandorin. Gerade fuhr er mit der linken Hand in die Tasche, um nach Zündhölzern zu suchen, als es vor ihm blitzte und krachte. Der Portier ging ächzend zu Boden. Im selben Moment hatte Fandorin schon die Hand mit der Herstal ausgestreckt und schoß so oft und so lange, bis der Schlagbolzen nur noch in die leeren Hülsen tickte. Dröhnende Stille trat ein. Fandorin fand mit zitternden Fingern die Schachtel, riß ein Zündholzan. Timothy kauerte an der Wand und regte sich nicht mehr. Fandorin lief ein paar Schritte nach vorn und sah Andrew, den Lakaien, bäuchlings am Boden liegen. Das Flämmchen flackerte, vollführte einen kurzen Tanz in Andrews glasigen Augen und erlosch.
    Im Dunkeln, so lehrt der große Fouchet, muß man die Augen zusammenkneifen und bis dreißig zählen, damit die Pupillen Zeit haben, sich zu weiten, worauf das Auge in der Lage sein wird, selbst die geringste Lichtquelle zu erkennen. Sicherheitshalber zählte Fandorin bis vierzig, ehe er die Augen aufschlug – und richtig, da vorn war ein Streifen Licht. Die Hand mit der nutzlosen Herstal vor sich gestreckt, tat er einen ersten Schritt, dann noch einen und noch einen – und erkannte plötzlich eine angelehnte Tür, aus deren Spalt der schwache Schein drang. Dort mußte die Baronesse sein. Entschlossen ging Fandorin auf den Lichtstreifen zu und stieß die Tür auf.
    Er sah in eine kleine Kammer mit Regalen längs der Wände. In der Mitte stand ein Tisch, darauf ein bronzener Leuchter mit Kerze. Im Spiel von Licht und Schatten erkannte er Lady Asters Gesicht.
    »Kommen Sie herein, mein Junge!« sagte sie ruhig. »Ich habe auf Sie gewartet.«
    Kaum hatte Fandorin die Schwelle überschritten, als die Tür hinter seinem Rücken jäh ins Schloß fiel. Er zuckte zusammen, wandte sich um und sah, daß die Tür weder Knauf noch Klinke hatte.
    »Treten Sie näher«, bat die Lady leise. »Ich möchte Ihnen ins Gesicht schauen, denn es ist das Gesicht des Schicksals. Sie sind der Stein, der mir im Weg gelegen hat. Ein Steinchen nur, über das zu stolpern mir beschieden war.«
    Fandorin schluckte die Kränkung, die dem Vergleich innewohnte,trat zum Tisch und sah, daß die Baronesse ein blankes metallisches Kästchen vor sich liegen hatte.
    »Was ist das?« fragte er.
    »Dazu kommen wir gleich. Was

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