Fangboys Abenteuer (German Edition)
überwachen, seine Beobachtungen niederschreiben und schließlich seine Kollegen vor Neid erblassen lassen.
Aber wäre das nicht ausbeuterisch?
Ja, wahrscheinlich.
Dr. Thompson trank, rauchte, spielte und erfreute sich gerne an schönen Frauen, ohne emotionale Bindung und ohne seine Ehefrau über diese Begegnungen zu informieren. Außerdem machte er zu unangemessenen Zeiten Mittagsschlaf, beteiligte sich an kleinen Betrügereien und einmal, in seiner Jugend, hatte sich ein bedauerlicher, kaltblütiger Mord ereignet. Aber ein unschuldiges Baby ausbeuten, selbst für die »Wissenschaft«, fühlte sich einfach falsch an. Ganz abgesehen davon, dass er – zumindest nach den normalen Maßstäben eines Mediziners – ein extrem fauler Mensch war. Eine komplette Studie eines medizinischen Wunders hörte sich nach viel Arbeit an.
Also fuhr er stattdessen zu seiner zweitliebsten Kneipe, trank ein paar Bier, spielte ein bisschen Darts und machte sich dann auf den Weg, um Mrs. Prestons entzündetes Bein zu behandeln.
In der Zwischenzeit war Samuel hin und hergerissen. Es war immerhin sein eigen Fleisch und Blut. Man sollte sich vor seinem eigenen Sohn nicht ekeln. Und so wie das Kind jetzt schlief, zum Glück mit geschlossenem Mund, fühlte Samuel fast die ersten Anzeichen elterlicher Bewunderung, die er schon seit der Geburt hätte empfinden sollen.
»Du hast recht«, sagte er zu Ellen. »Er ist ein wunderschöner Junge. Und so lange wir leben, wird ihm niemand jemals etwas antun.«
Samuel beschloss, dass er nichts unternehmen würde. Vielleicht würden die Zähne über Nacht von allein ausfallen.
***
Die Zähne fielen nicht von allein aus, aber sie waren über Nacht auch nicht größer geworden. Samuel war zutiefst erleichtert, da er geträumt hatte, dass er ins Kinderbett blickte und Nathans Kopf sechsmal länger war als zuvor, damit seine schnell wachsenden Zähne untergebracht werden konnten. Im Vergleich dazu war die Realität gar nicht so schlimm.
Am Ende des Tages konnte er zwar nicht sagen, dass er sich an die Zähne gewöhnt hatte, aber ihr Anblick jagte ihm keinen Schrecken mehr ein. Nathan schien gesund und munter zu sein. Da Samuel nicht vorhatte, seine Frau ein zweites Mal zu schwängern, aus Angst, was dabei herauskommen könnte (Antennen?), fand er sich mit dem Aussehen seines Kindes ab.
»Was sollen wir den anderen erzählen?«, fragte er, während Ellen das Baby mit einer verstärkten Flasche fütterte.
»Was meinst du?«
»Sollen wir alle darauf vorbereiten? Bilder verschicken? Den Leuten die Chance geben, privat in ihren Häusern darauf zu reagieren, bevor sie Nathan persönlich sehen?«
Ellen runzelte die Stirn. »Vielleicht sollten wir nur ein Bild mit geschlossenem Mund schicken und die Leute vorwarnen, dass er anders ist.«
»›Anders‹ könnte Rotschopf bedeuten. Wir sollten nicht subtil vorgehen.«
»Ich weiß nicht.«
»Schau, wenn wir …« Samuel wollte sagen: »Schau, wenn wir ihn schon behalten und ihn nicht sein Leben lang im Keller einsperren wollen, dann sollten wir einfach Bilder verschicken und die Sache hinter uns bringen.« Er überlegte es sich aber anders. »Ich meine ja nur, wenn die Leute schreien, dann wäre es besser, wenn sie das woanders täten.«
»Niemand wird schreien.«
»Mir fallen mindestens vier Leute ein, die voraussichtlich schreien werden.«
»Ich denke einfach, dass die Sache vielleicht nicht ganz so schockierend ist, wenn sie ihn persönlich sehen, seine Anmut und Unschuld und seine hinreißenden Grübchen.«
» Irgendwie müssen wir den ersten Schock ein wenig abfedern«, meinte Samuel stur. »Ich verstehe ja, dass wir beide ihn lieben, aber er bietet einen verstörenden Anblick! Wir haben Glück, dass da draußen vor unserem Haus keine Reportermeute steht.« Samuel spähte aus dem Fenster, um sicherzugehen, dass da vorne tatsächlich niemand war, dann fuhr er fort: »Wir sollten ihn schlimmer beschreiben, als er in Wirklichkeit ist. Vielleicht andeuten, dass er eine gespaltene Zunge oder einen Mund an seinem Bauch hat. Irgendetwas, das die Leute erleichtert aufatmen lässt, wenn es dann nur die scharfen Zähne sind.«
»Ich werde auf gar keinen Fall das Gerücht verbreiten, dass unser Sohn einen Mund an seinem Bauch hat.«
»Okay, ja, du hast recht, das war ein blöder Vorschlag, aber was ist, wenn wir …?«
»Meine Eltern kommen in drei Tagen«, sagte Ellen. »Wir testen es an ihrer Reaktion.«
Samuel seufzte, dann nickte er. »Das
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