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Fangjagd

Fangjagd

Titel: Fangjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Darüber hinaus stand er vor einem weiteren Problem: Er mußte dafür sorgen, daß die Sendung in dem großen Karton auf der Ladefläche des Kombis rechtzeitig weiterbefördert wurde. Auf dem Flughafen Wien-Schwechat stand eine Maschine bereit.
    Seine Auftraggeber legten größten Wert auf Gewissenhaftigkeit und Pünktlichkeit. Durfte er’s riskieren, etwas Zeit zu opfern, um Franz nach der Ankunft in Wien zu beschatten?
    Aus der bleigrauen, geschlossenen Wolkendecke über Wien sank ein bläßliches Tageslicht, als Franz den Renault vor dem Wiener Westbahnhof anhielt, wo Seidler jedesmal in seinen eigenen Wagen umstieg, den er dort abgestellt hatte. Er wollte sich auf keinen Fall von Franz zum Flughafen fahren lassen – je weniger der Alte über den Bestimmungsort der Sendung wußte, desto besser.
    „Hier hast du dein Geld. Aber bring’s nicht mit Schnaps und Weibern durch!“ fügte er grinsend hinzu.
    Wirklich eine großartige Idee, daß Franz Oswald Geld für Frauen statt für Bier ausgeben würde! Der alte Mann steckte den dicken Umschlag unbesehen in die Innentasche seines Anoraks. Seine Finger trommelten ungeduldig aufs Lenkrad – eine ganz untypische Geste, die Seidler sofort auffiel, während er ausstieg, nach hinten ging, die Heckklappe öffnete und den Karton an der kräftigen- Hanfschnur aus dem Wagen zog.
    Nachdem er die Tür zugeknallt hatte, ging er noch einmal nach vorn zu Franz.
    „Vielleicht hab’ ich bald einen anderen Auftrag für dich. Ganz ohne Risiko. Einen Auftrag hier in Österreich“, log er. „Ich verständige dich dann rechtzeitig.“
    „Klar, jederzeit.“ Franz ließ den Motor an, ohne seinen Auftraggeber anzusehen, und gab Gas. Seidlers Blick fiel nur zufällig auf den Rücksitz des vorbeirollenden Wagens. Die dort liegende alte, karierte Wolldecke war halb zwischen die Sitze gerutscht und ließ erkennen, was sie bisher verdeckt hatte.
    Seidler erstarrte förmlich. Franz hatte ein Muster der letzten Sendung gestohlen.
    Berufstätige strömten aus den Bahnhofsausgängen unter der riesigen Glasfront des Westbahnhofs und fluteten die Stufen hinunter, als Seidler sich ruckartig in Bewegung setzte. An der Ausfahrt vom Europaplatz war ein Verkehrsstau entstanden, in dem Oswalds Renault festsaß.
    Seidler hastete zu seinem geparkten Opel, schloß die Fahrertür auf, schob den Karton auf den Rücksitz und setzte sich ans Steuer. Er beherrschte sich eisern, um Panikreaktionen zu vermeiden. Er steckte den Zündschlüssel ein, ließ den Motor an und fuhr los, als Franz eben auf die Mariahilferstraße abbog.
    Seidler folgte ihm. Auf beiden Straßenseiten ragten unter grauem Himmel graue Gebäude auf. Franz schien in Richtung Innenstadt zu fahren – obwohl er draußen im XVII. Bezirk wohnte.
    In seinem kalten Zorn tastete Seidler unterwegs mehrmals nach dem Springmesser in der Geheimtasche, die in seinen Mantel eingenäht war. Das war also die Erklärung für Franz Oswalds verschlagenen Gesichtsausdruck! Er wollte eines der Muster verkaufen. Die große Frage war nur: Wer würde der Käufer sein?
    Seidler hockte, wie vor den Kopf geschlagen, in seinem geparkten Opel, während. er zu verarbeiten versuchte, was er soeben beobachtet hatte. Ein hagerer, energisch wirkender Mann mit kurzgeschnittenem Schnurrbart hatte Franz erwartet.
    Vor der englischen Botschaft!
    Seidler hatte aus einiger Entfernung zugesehen, wie Franz mit der kleinen Schachtel unter dem Arm aus seinem Renault gestiegen und auf den Engländer zugegangen war. Der hatte Franz am Arm gepackt und mit sich in das Gebäude gezogen.
    Seidler trommelte mit den Fingern, gegen das Lenkrad, sah immer wieder auf die Uhr, dachte an das in Wien-Schwechat bereitstehende Flugzeug und wußte, daß er trotzdem hier ausharren mußte, bis Franz wieder zum Vorschein kam.
    Zehn Minuten später trat Franz auf die Straße – ohne die Schachtel. Er setzte sich ans Steuer des Renaults, ohne auf den anderen Wagen zu achten, in dem Seidler scheinbar schlafend, mit einer Oswald unbekannten schwarzen Baskenmütze auf dem Kopf hockte. Allein sein Gang verriet Seidler, daß Oswald mit seinem Besuch in der englischen Botschaft sehr zufrieden sein mußte. Der Renault fuhr an.
    Seidler sah seine Chance, als Franz in eine schmale, menschenleere Seitenstraße zwischen verfallenen Mietskasernen abbog. Treppen führten zu Kellerräumen hinunter. Nach einem kurzen Blick in den Rückspiegel gab Seidler Gas, überholte den langsam fahrenden Renault und schnitt ihm

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