Farben der Herzen
sie auf, blickte Alix dann an und runzelte die Stirn.
Alix fuhr sich wieder mit dem Handrücken über Augen und Nase. “Ich wusste nicht, ob ich Sie jemals wiedersehen werde”, sagte sie. “Ich kam vorbei, um Ihnen für alles zu danken und mich von Ihnen zu verabschieden.”
“Verabschieden? Heiratest du nicht …” Grandma hielt abrupt inne und kniff die Augen ein wenig zusammen.
“Es wird keine Hochzeit geben”, sagte Alix, ohne Schuldzuweisungen auszusprechen oder sich näher zu erklären. Grandma Turner würde früh genug alles erfahren.
Die alte Dame zog einen Küchenstuhl unter dem Tisch hervor, setzte sich und seufzte. “Keine Hochzeit. Das ist ein Jammer. Ich mag dich, Alix. Du bist genau das, was diese Familie braucht.”
Alix wünschte sich nichts sehnlicher, als dass das auch stimmte.
“Dieser Haufen steifer Langweiler”, murmelte Sarah.
“Grandma!”
Sarah Turner nahm einen Schluck von ihrem Eistee und tätschelte dann Alix’ Hand.
“Ich wusste … nicht, wohin ich sonst gehen sollte.” Auch jetzt wusste Alix nicht genau, was sie dazu getrieben hatte, die alte Dame zu besuchen. Ihr von dem Schal zu erzählen war nur eine Entschuldigung gewesen.
“Es war goldrichtig hierherzukommen”, versicherte Grandma Turner.
Alix schluckte einen Seufzer hinunter. “Aber jetzt muss ich gehen.” Die alte Frau brauchte ihr Rumgeheule nicht. Und Alix war nicht in der Stimmung, in der Küche zu sitzen und freundlich Konversation zu machen.
“Habe ich dir jemals von Jordans Großvater und mir erzählt?”, fragte Grandma Turner. “Bevor wir heirateten?”
“Nein.”
Grandma schob ihr eine Packung mit Papiertaschentüchern zu.
“Familie Turner war der Meinung, dass ich nicht das richtige Mädchen für ihn sei.”
Alix konnte es kaum glauben.
“Wie du weißt, hatte ich zu einer Zeit, als es für eine Frau noch nicht gang und gäbe war, etwas anderes als Hausfrau zu sein, einen Job. Familie Turner war in der Kirche tätig und missbilligte das.”
“Aber Sie haben ihn geheiratet”, sagte Alix und tupfte sich mit einem Papiertaschentuch die Augen. Sie hasste es eigentlich, jede Art von Schwäche zu zeigen.
“Ja, das habe ich – weil Lawrence sich gegen seine Familie durchgesetzt und darauf bestanden hat, mich zu lieben. Ich erinnere mich daran, wie er, so streng, wie es ihm nur möglich war, mit seinen Eltern geredet hat. Er sagte, er sei längst schon volljährig und nicht mehr in einem Alter, in dem sie für ihn Entscheidungen treffen müssten – und wenn sie die Augen öffneten, würden sie den Segen, den ich der Familie gebracht hätte, auch sehen.”
Grandma Turner glaubte, Alix’ mit dieser Geschichte zu helfen. Doch die alte Dame bemerkte nicht, wie sehr ihre Worte die junge Frau schmerzten.
Alix war sich sicher, dass Jordan niemals etwas Ähnliches für sie tun würde.
Tatsächlich wirkte er auf Alix seltsam erleichtert, jetzt, da die Hochzeit wohl nicht mehr stattfand. Was ihm am meisten Sorgen bereitete, war, seiner Mutter gegenübertreten und ihr erklären zu müssen, dass es keine Hochzeit mehr geben würde.
Alix liebte Jordan. Aber es war deutlich geworden, dass sie nicht die richtige Frau für ihn war – und er nicht der richtige Mann für sie.
25. KAPITEL
“Warum zetern Menschen, die das Stricken lieben, wenn sie eine Reihe mit 1200 Maschen stricken müssen, aber nicht bei 20 Reihen mit 60 Maschen?”
Candace Eisner Strick, Autorin von Sweaters From a New England Village (Down East Books, 1996), Beyond Wool (Martingale Books, 2004) und Knit One, Stripe Too (Martingale Books, 2007)
Lydia Goetz
I ch war nun diejenige, die Margaret beschützte – und das war eine ganz neue Erfahrung für uns. Eine Wendung um hundertachtzig Grad.
Schon als junges Mädchen war ich das verhätschelte Kind, zerbrechlich und krank. Und infolgedessen hatte ich die beunruhigende Gewohnheit entwickelt, darauf zu warten, dass andere Menschen mir beistanden und sich um mich kümmerten.
Das änderte sich erst, als mein Leben irgendwann aufhörte, sich nur noch um meine Bedürfnisse, meine Wünsche zu drehen – und das war vor drei Jahren, als ich das Wollgeschäft eröffnete.
Ich lernte nützliche Lektionen darüber, wie man ein Geschäft führte, mit Menschen umging und Entscheidungen traf. Und das umfasste auch alles, was in unserer Familie vor sich ging. Ich war zur Beschützerin meiner Schwester geworden und versuchte alles, was mit Mom zu tun hatte, möglichst von ihr
Weitere Kostenlose Bücher