Farben der Herzen
war.
Pause.
“Das hätte ich auch nicht gedacht.” Jacqueline schien mit der Antwort – wie auch immer sie gelautet hatte – zufrieden zu sein.
Alix atmete ein wenig auf.
“Du musst mir nicht erzählen, dass Alix unkonventionell ist”, sagte Jacqueline nun. “Das bedeutet aber noch lange nicht, dass sie Jordan keine gute Ehefrau sein kann.”
Es fühlte sich an, als hätte Alix ganz plötzlich den Boden unter den Füßen verloren.
Also darum ging es.
Susan glaubte nicht, dass sie die richtige Frau für ihren Sohn war. Alix hatte so etwas die ganze Zeit über vermutet, und nun wurden ihre Befürchtungen wahr.
“Natürlich wird Jordan eines Tages Pfarrer einer Gemeinde”, sagte Jacqueline. “Und Alix wird …”
Was auch immer Jacqueline hatte sagen wollen – sie wurde jäh unterbrochen.
Alix wollte dieser Unterhaltung nicht länger lauschen. Sie wusste, was Susan sagen wollte – und, um ehrlich zu sein, hatte sie selbst sich seit ihrer Verlobung die Frage schon unzählige Male gestellt.
Was für eine Pfarrersfrau würde sie abgeben?
Offensichtlich hatte ihr zukünftige Schwiegermutter Zweifel. Alix machte Susan Turner deswegen aber keine Vorwürfe, denn sie selbst hatte in der Hinsicht so ihre Bedenken.
Jordan war der Einzige, der überzeugt zu sein schien, dass sie für ihn perfekt war – auch als Frau an seiner Seite, wenn er später Pastor wurde.
In Anbetracht ihrer augenblicklichen Gefühlslage empfand Alix das als lächerlich.
Was hatte sie sich nur dabei gedacht, als sie Jordans Heiratsantrag angenommen hatte?
Was hatte sie sich dabei gedacht?
In den letzten paar Jahren war für sie alles so gut, so reibungslos verlaufen. Jacqueline und Reese hatten es ihr ermöglicht, in ihrem Leben eine Stufe nach oben zu nehmen. Sie hatten ihr ein Heim zur Verfügung gestellt und einen Teilzeitjob verschafft. Nicht nur das – Reese half ihr auch mit dem Schulgeld für die Kochschule aus. Dann hatte sie im
French Café
eine Anstellung bekommen. Während der ganzen Zeit war sie mit Jordan ausgegangen. Und – während der ganzen Zeit – hatte sie die Augen vor der Wahrheit verschlossen.
Alles Gute hat ein Ende.
Jedenfalls für Frauen wie sie.
Alix war auf einer perfekten Welle geritten, doch die hatte ihren Höhepunkt mittlerweile überschritten. Und Alix lief Gefahr, in haiverseuchtem Gewässer unterzugehen. Frauen wie sie, Mädchen mit ihrem Hintergrund und ihrer Vergangenheit, waren nicht dafür bestimmt, ein anständiges Leben zu führen. Sie endeten auf der Straße.
Alix eilte in das Gästehaus und presste ihre Hände auf die Ohren, um die Stimmen nicht mehr hören zu müssen, die in ihr schrien. Das war “übles Grübeln” der schlimmsten Art. Diese bösartigen, Furcht einflößenden Dämonen des Hasses schienen unerbittlich entschlossen zu sein, sie zurück in die Gosse zu stoßen. Entschlossen, sie zu quälen.
Verdammt, sie brauchte eine Zigarette. Das Verlangen danach war schlimmer als je zuvor. Außerdem
verdiente
sie auch eine Zigarette. Sie wollte eine, sie brauchte eine, und es war ihr auch egal, ob jemand sie vielleicht damit sehen würde.
Alix ging zu dem Lädchen an der Ecke, kaufte sich eine Packung und war schockiert darüber, wie teuer die Zigaretten geworden waren, seit sie mit dem Rauchen aufgehört hatte. Noch nicht ganz aus dem Laden, riss sie das Päckchen schon auf und nahm eine Zigarette heraus.
Ihre Hände zitterten. Schon spürte sie ein Gefühl der Ruhe und Vorfreude. Sie zündete die Zigarette an, zog kräftig daran – und fing beinahe an zu würgen. Es schmeckte scheußlich.
“Verdammt.” Sie warf die Kippe auf die Straße und trat sie aus, als wollte sie mit ihr auch ihre Sucht danach endgültig vernichten.
Ihr Handy klingelte. Sie zog es aus ihrer Tasche, um nachzuschauen, wer sie anrief. Ihr Blick verfinsterte sich, als sie Jordans Namen auf dem Display erkannte. Alix hatte keine Lust, mit ihm zu reden. Und auch mit niemandem sonst. Sie waren im Streit auseinandergegangen und hatten einander seitdem ignoriert. So, wie sie sich in diesem Moment fühlte, wusste Alix nicht, was sie ihm hätte sagen sollen.
Sie war drauf und dran, ihr Handy einfach auszuschalten. Doch sie tat es nicht. Stattdessen wartete sie noch einige Minuten und hörte dann ihre Mailbox ab. Es war nur eine Nachricht darauf.
“Alix, hier spricht Jordan. Ruf mich an, okay?”
Sie rief ihn nicht an.
Eine Stunde später, als sie in ihrem schwach beleuchteten Zimmer hockte, rief er
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