Farben der Herzen
wieder an. Wieder wartete sie und lauschte dann seiner Nachricht.
“Alix”, sagte er, und seine Stimme klang mehr als nur ein bisschen verärgert. “Ich weiß, dass du deine Mailbox abhörst. Das ist verrückt. Wir müssen reden. Ich fahre zu meinen Eltern, und Mom hat dich auch zum Abendessen eingeladen. Sie hat gesagt, dass es etwas gibt, das sie mit uns besprechen möchte. Ruf mich an.”
Sie hätte das Telefon beinahe quer durchs Zimmer geschleudert. Alix wusste, worüber Susan reden wollte. Über
sie.
Die Frage, die im Raume stand, lautete: War Alix die passende Ehefrau für Susan Turners Sohn, den Pfarrer? Der gute Junge war dabei, das böse Mädchen zu heiraten.
Ach, sie konnten sie alle mal gern haben …
Alix ließ sich aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Sie sollte einfach ihre Koffer packen und verschwinden. Das war es. Sie würde fortgehen. Sollten sie doch denken, was sie wollten. Es war ihr inzwischen egal.
Zu ihrer eigenen Überraschung schlief sie ein.
Als sie wieder aufwachte, war es draußen bereits dunkel. Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, dass jemand an die Tür klopfte. Schlaftrunken setzte sie sich auf und wartete, bis sich ihre Augen an das Dunkel gewöhnt hatten. Dann stolperte sie zur Tür. Sie machte das Licht an und erkannte Jacqueline, die die Hände ans Gesicht gelegt hatte und durch das kleine Fenster blickte.
Alix öffnete die Tür.
“Hallo?” Jacqueline wirkte etwas besorgt. “Ist alles in Ordnung?”
“Sicher”, erwiderte sie. Sie schob sich das zerzauste Haar aus der Stirn. “Warum sollte etwas nicht in Ordnung sein?”
“Du bist nicht ans Telefon gegangen.”
Sie sagte Jacqueline nicht, dass sie das Handy abgeschaltet hatte. “Ich habe geschlafen.” Das war nicht gelogen.
“Jordan hat mich angerufen, um nachzusehen, ob du zu Hause bist.”
“Oh.” Jordan schon wieder. Gut, sollte er sich doch Sorgen machen. “Wie spät ist es überhaupt?”
“Neun Uhr.”
“Abends?” Alix konnte es nicht glauben. Sie hatte mehrere Stunden geschlafen.
Jacqueline nickte. “Komm mit zu mir und lass uns reden. Du musst hungrig sein. Wann hast du das letzte Mal gegessen?”
Alix konnte sich nicht erinnern. Doch sie war sich nicht sicher, ob sie Lust hatte, sich mit Jacqueline auseinanderzusetzen. “Was gibt es denn?”, fragte sie schließlich.
Ihre Freundin lachte. “Dein Lieblingsessen.”
“Maccharoni und Käse?”
“Das auch.”
Alix zögerte. Die Stimmen in ihrem Inneren waren nicht mehr so laut, aber sie waren noch immer da und erinnerten sie daran, dass sie niemals gut genug für Jordan sein würde. Doch sie wollte ihnen nicht länger zuhören. Jacqueline hatte jedenfalls recht – sie
hatte
Hunger.
Sie verließ das Haus, schloss die Tür hinter sich und folgte ihrer Freundin.
“Reese hat mir erzählt, dass du mich heute Nachmittag sprechen wolltest.”
“Ja.” Alix gähnte. Dann entschied sie sich, die Unterhaltung, die sie so schnell wie möglich hatte führen wollen, zu verschieben. “War nichts Wichtiges.”
“Du bist nicht lange geblieben”, entgegnete Jacqueline und ging vor Alix her ins Haus.
“Nein … ich habe ein paar Minuten gewartet, aber du hast telefoniert. Wie gesagt, es war nicht so wichtig, also bin ich rausgegangen, um frische Luft zu schnappen.”
Jacqueline hielt inne, beugte sich zu Alix vor und schnüffelte. “Rieche ich da Zigarettenqualm?”
“Äh …”
“Ich vermute, du hast dich in der Nähe eines Rauchers aufgehalten?”
Alix zuckte die Schultern. Sie konnte nicht lügen, aber sie war bereit, die Wahrheit, wenn es nötig war, ein bisschen flexibler auszulegen.
“Rauchen ist eine ekelhafte Angewohnheit. Ich bin wirklich froh, dass du aufgehört hast.”
“Ja”, stimmte Alix zu. “Ich auch.”
23. KAPITEL
Colette Blake
C olette las die einfache, handgeschriebene Einladung ein zweites Mal. Die goldgeprägte Karte war an diesem Nachmittag mit der Post gekommen. Elizabeth Sasser lud Colette ein, sie am Freitagabend zum Dinner zu besuchen. Die alte Dame hatte die Karte offensichtlich mit einem Füller geschrieben, und ihre Handschrift spiegelte ihre Persönlichkeit wider: offen und aufrichtig. Obwohl sie nach außen hin einer Einladung glich, las sich die Karte doch eher wie eine Aufforderung.
Trotz ihrer Bedenken, die mit ihrem Wissen über Christians Aktivitäten zusammenhingen, wollte Colette die Einladung gern annehmen. Sie mochte Elizabeth sehr und spürte, dass sie allmählich ein
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