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Farm der Tiere

Farm der Tiere

Titel: Farm der Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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befunden worden, eine Anpassung der Rationen vorzunehmen (Schwatzwutz sprach stets von ›Anpassung‹ und niemals von ›Kürzung‹), doch im Vergleich mit den Zeiten von Jones' Herrschaft sei die Verbesserung noch immer enorm. Indem er die Zahlen mit schriller, schneller Stimme verlas, bewies er ihnen im einzelnen, daß sie mehr Hafer, mehr Heu, mehr Rüben hatten als zu Jones' Zeiten, daß sie weniger Stunden arbeiteten, daß ihr Trinkwasser von besserer Qualität war, daß sie länger lebten, daß ein größerer Prozentsatz ihrer Jungen das Kleinkindalter überstand, und daß sie mehr Stroh in ihren Ställen und weniger unter Flöhen zu leiden hatten. Die Tiere glaubten jedes Wort davon. Ehrlich gesagt war ihnen Jones und alles, wofür er stand, beinahe aus dem Gedächtnis entschwunden. Sie wußten, daß das Leben heutzutage rauh und karg war, daß sie oft hungrig waren und oft froren und daß sie für gewöhnlich arbeiteten, wenn sie nicht gerade schliefen. Aber in den alten Tagen war es zweifellos schlimmer gewesen. Daran glaubten sie mit Freuden. Außerdem waren sie in jenen fernen Tagen Sklaven gewesen, und jetzt waren sie frei, und das machte den großen Unterschied aus, wie Schwatzwutz nie müde wurde hervorzuheben.
    Es waren jetzt viel mehr Mäuler zu füttern. Im Herbst hatten die vier Sauen beinahe zur gleichen Zeit geworfen und gemeinsam einunddreißig Ferkel zur Welt gebracht. Die Ferkel waren gescheckt, und da Napoleon der einzige Keiler auf der Farm war, ließ sich ihre Abstammung leicht erraten. Es wurde verkündet, daß später, nach dem Erwerb von Ziegeln und Bauholz, im Farmhausgarten ein Schulzimmer gebaut werden sollte. Vorläufig wurden die Ferkel von Napoleon persönlich in der Farmhausküche unterrichtet. Sie turnten im Garten und wurden davon abgehalten, mit den anderen Jungtieren zu spielen. Um diese Zeit wurde auch eine neue Verordnung erlassen: wenn ein Schwein und irgendein anderes Tier einander auf dem Pfad begegneten, dann mußte das andere Tier beiseite treten; und weiterhin, daß allen Schweinen, ungeachtet ihres Ranges, das Privileg gebühren sollte, sonntags ein grünes Band am Schwanz zu tragen.
    Die Farm hatte ein leidlich erfolgreiches Jahr hinter sich, litt aber immer noch an Geldmangel. Es mußten Ziegel, Sand und Kalk für das Schulzimmer gekauft werden, und es würde auch nötig sein, wieder mit dem Sparen für die Maschinerie der Windmühle zu beginnen. Dazu kamen dann noch Lampenöl und Kerzen für das Haus, Zucker für Napoleons persönliche Tafel (den anderen Schweinen verbot er ihn mit der Begründung, er mache sie fett) und was sonst eben noch alles aufzufüllen war, wie Werkzeuge, Nägel, Schnur, Kohle, Draht, Alteisen und Hundekuchen. Man stieß eine Ladung Heu und einen Teil der Kartoffelernte ab, und der Eiervertrag wurde auf sechshundert Stück pro Woche erhöht, so daß die Hennen in diesem Jahr kaum genug Küken ausbrüteten, um ihren Bestand gleichzuhalten. Die im Dezember gekürzten Rationen wurden im Februar abermals gekürzt, und um Öl zu sparen, verbot man in den Ställen die Laternen. Doch die Schweine schienen sich sauwohl zu fühlen, und wenn überhaupt etwas, so nahmen sie dabei noch zu. Eines Nachmittags, Ende Februar, wehte ein warmer, würziger, appetitanregender Duft, so wie ihn die Tiere noch nie zuvor gerochen hatten, über den Hof; er kam von dem kleinen Brauhaus, das zu Jones' Zeiten stillgelegt gewesen war und das hinter der Küche stand. Jemand sagte, es sei der Geruch von kochender Gerste. Die Tiere schnupperten hungrig in der Luft und fragten sich, ob ihnen wohl zum Abendessen eine warme Maische zubereitet werde. Doch es wurde nichts mit der warmen Maische, und am folgenden Sonntag verkündete man, daß von nun an alle Gerste den Schweinen vorbehalten bliebe.
    Auf dem Feld hinter dem Obstgarten war bereits Gerste gesät worden. Und schon bald sickerte die Neuigkeit durch, daß jetzt jedes Schwein täglich eine Ration von einem halben Liter Bier bekam, und Napoleon höchstselbst vier Liter, die ihm immer in der Suppenterrine des Meißner-Porzellan-Services gereicht wurden.
    Doch wenn es auch Ungemach zu erdulden gab, so wurde dies teilweise durch die Tatsache aufgewogen, daß das Leben heutzutage mehr Würde besaß als früher. Es gab mehr Lieder, mehr Reden, mehr Aufmärsche. Napoleon hatte befohlen, daß einmal in der Woche eine sogenannte ›Spontan-Demonstration‹ stattfinden sollte, deren Zweck es war, die Kämpfe und Triumphe der

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