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Farm der Tiere

Farm der Tiere

Titel: Farm der Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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Schlacht am Kuhstall. Es waren fünfzehn Mann mit insgesamt einem Halbdutzend Flinten, und sie eröffneten das Feuer, sobald sie bis auf fünfzig Schritt herangekommen waren. Dem Krachen und den stechenden Schrotkörnern vermochten die Tiere nicht standzuhalten, und trotz aller Bemühungen Napoleons und Boxers, sie wieder zu sammeln, wurden sie bald zurückgetrieben. Schon war eine Anzahl von ihnen verwundet.
    Sie suchten Zuflucht in den Farmgebäuden und lugten vorsichtig durch Ritzen und Astlöcher hinaus. Die große Weide war mitsamt der Windmühle in der Hand des Feindes. Im Moment schien sogar Napoleon ratlos. Er lief mit starr zuckendem Schwanz wortlos auf und ab. Sehnsüchtige Blicke flogen in Richtung Fuchswald. Wenn Pilkington und seine Leute ihnen zu Hilfe kämen, könnte der Sieg noch errungen werden. Doch in diesem Augenblick kehrten die vier Tauben zurück, die man am Vortag ausgeschickt hatte, und eine von ihnen trug einen Fetzen Papier von Pilkington im Schnabel. Darauf standen die mit Bleistift geschriebenen Worte: »Geschieht euch ganz recht.«
    Inzwischen waren Frederick und seine Leute bei der Windmühle stehengeblieben. Die Tiere beobachteten sie, und ein entsetztes Gemurmel machte die Runde. Zwei der Männer hatten ein Brecheisen und einen Vorschlaghammer zum Vorschein gebracht. Sie trafen Anstalten, die Windmühle abzureißen.
    »Unmöglich!« rief Napoleon. »Dafür haben wir die Mauern viel zu stark gebaut. Nicht einmal in einer Woche könnten sie sie abreißen. Mut, Genossen!«
    Doch Benjamin verfolgte gespannt das Tun der Männer. Die beiden mit dem Hammer und dem Brecheisen bohrten dicht über dem Fundament der Windmühle ein Loch. Langsam und mit beinahe amüsierter Miene nickte Benjamin mit seiner langen Schnute.
    »Das dachte ich mir«, sagte er. »Seht ihr denn nicht, was sie machen? Gleich werden sie in das Loch da Sprengpulver stopfen.«
    Entsetzt warteten die Tiere ab. Es war unmöglich, sich jetzt aus dem Schutz der Gebäude hervorzuwagen. Nach wenigen Minuten sah man die Männer in alle Richtungen auseinanderlaufen. Dann erfolgte ein ohrenbetäubendes Getöse.
    Die Tauben wirbelten in die Luft, und alle Tiere, außer Napoleon, warfen sich flach auf den Bauch und verbargen ihr Gesicht. Als sie wieder aufstanden, hing dort, wo die Windmühle gewesen war, eine riesige, schwarze Rauchwolke.
    Langsam trieb sie im Luftzug davon. Die Windmühle war einmal!
    Bei diesem Anblick kehrte den Tieren der Mut zurück. Die Furcht und Verzweiflung, die sie eben noch verspürt hatten, ertranken in ihrer Wut über diese gemeine, niederträchtige Tat.
    Ein mächtiger Schrei nach Rache brach los, und ohne weitere Befehle abzuwarten, stürmten die Tiere geschlossen vor und hielten direkt auf den Feind zu. Diesmal schenkten sie den grausamen Schrotkörnern keine Beachtung, die wie ein Hagelschauer auf sie einprasselten. Es wurde eine wilde, erbitterte Schlacht. Die Männer feuerten unaufhörlich, und als die Tiere dicht herangekommen waren, hieben sie mit ihren Knütteln und derben Stiefeln drein. Eine Kuh, drei Schafe und zwei Gänse wurden getötet, und fast jeder trug eine Verwundung davon. Sogar Napoleon, der die Operationen von der Nachhut aus leitete, wurde die Schwanzspitze von einem Schrotkorn abgezwickt. Aber auch die Männer kamen nicht ungeschoren davon. Dreien zertrümmerten Boxers Hufschläge die Schädel; ein weiterer bekam ein Kuhhorn in den Bauch gespießt, und wieder einem anderen rissen Jessie und Glockenblume fast die Hosen herunter. Und als die neun Hunde von Napoleons persönlicher Leibwache, die er instruiert hatte, im Schutz der Hecke ein Umgehungsmanöver durchzuführen, plötzlich mit grimmigen Gebell in der Flanke der Männer auftauchte, da erfaßte sie Panik. Sie erkannten, daß sie Gefahr liefen, umzingelt zu werden. Frederick brüllte seinen Leuten zu, sie sollten verschwinden, solange noch Zeit dazu sei, und im nächsten Moment lief der feige Feind ums Leben. Die Tiere jagten sie bis an den Feldrand und verpaßten ihnen noch ein paar letzte Tritte, als sie sich durch die Dornenhecke zwängten.
    Sie hatten gesiegt, doch sie waren erschöpft und sie bluteten.
    Langsam begannen sie zur Farm zurückzuhumpeln. Der Anblick ihrer tot auf das Gras hingestreckten Genossen rührte manchen von ihnen zu Tränen. Und eine kleine Weile verharrten sie in kummervollem Schweigen an der Stelle, wo einst die Windmühle gestanden hatte. Ja, sie war verpufft; fast bis auf den letzten Rest war

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