Farm der Tiere - illustriert
als hätte es die Windmühle nie gegeben.
Als sie sich der Farm näherten, kam ihnen Schwatzwutz, der während der Kämpfe unerklärlicherweise gefehlt hatte, entgegen gehopst; sein Schwanz fegte durch die Luft, und er strahlte vor Genugtuung. Und von den Farmgebäuden her hörten die Tiere feierlichen Flintendonner.
»Warum wird das Gewehr abgefeuert?« sagte Boxer. »Um unseren Sieg zu feiern!« rief Schwatzwutz. »Welchen Sieg denn?« sagte Boxer. Seine Knie bluteten, er hatte ein Hufeisen verloren und sich den Huf zersplittert, und in seinem Hinterlauf steckten ein Dutzend Schrotkörner.
»Welchen Sieg, Genosse? Haben wir den Feind denn nicht von unserem Boden vertrieben - vom heiligen Boden der Farm der Tiere?«
»Aber sie haben die Windmühle zerstört. Und wir hatten zwei Jahre lang da ran gearbeitet!«
»Na und? Wir werden eine neue Windmühle bauen. Wir werden sechs Windmühlen bauen, wenn wir Lust dazu haben. Du weißt die gewaltige Tat überhaupt nicht zu schätzen, die wir vollbracht haben, Genosse. Der Feind hatte eben den Grund, auf dem wir jetzt stehen, besetzt. Und nun haben wir - dank der Führerschaft Genosse Napoleons - jeden Zoll davon zurückgewonnen!«
»Dann haben wir zurückgewonnen, was wir schon vorher besaßen«, sagte Boxer.
»Das ist unser Sieg«, sagte Schwatzwutz. Sie humpelten in den Hof. Die Schrotkörner unter der Haut von Boxers Lauf taten schrecklich weh. Er sah vor sich die harte Arbeit, die Windmühle von den Fundamenten an wiederaufzubauen, und im Geist rüstete er sich bereits für die Aufgabe. Doch er spürte zum erstenmal, daß er elf Jahre alt war und daß seine mächtigen Muskeln vielleicht doch nicht mehr ganz so waren wie früher.
Aber als die Tiere die grüne Flagge flattern sahen und das Gewehr wieder krachen hörten - insgesamt wurde es siebenmal abgefeuert - und die Rede vernahmen, die Napoleon hielt, in der er sie zu ihrem Betragen beglückwünschte, da schien es ihnen schließlich doch, daß sie einen großen Sieg errungen hatten. Die in der Schlacht gefallenen Tiere erhielten ein feierliches Begräbnis. Boxer und Kleeblatt zogen den Wagen, der als Katafalk diente, und Napoleon schritt persönlich an der Spitze der Prozession. Zwei volle Tage blieben den Feierlichkeiten vorbehalten. Es gab Lieder, Reden und noch mehr Salutschüsse, und jedes Tier erhielt als besonderes Geschenk einen Apfel, und jeder Vogel drei Unzen Korn und jeder Hund drei Hundekuchen. Es wurde verkündet, daß die Schlacht die ›Schlacht an der Windmühle‹ heißen werde, und daß Napoleon einen neuen Orden gestiftet hatte, den ›Orden vom grünen Banner‹, den er sich gleich selbst verliehen habe. Im allgemeinen Vergnügen wurde die unglückselige Banknotenaffäre vergessen.
Es geschah wenige Tage später, da stießen die Schweine in den Kellern des Farmhauses auf eine Kiste Whisky. Man hatte sie damals bei der ersten Besetzung des Hauses übersehen. In jener Nacht drang aus dem Farmhaus lautes Singen, in das sich zur allgemeinen Überraschung auch die Melodie von ›Tiere Englands‹ mischte. Gegen halb zehn etwa wurde Napoleon, einen alten Bowler von Mr. Jones auf dem Kopf, eindeutig dabei gesehen, wie er aus der Hintertür trat, rasch einmal um den Hof herumgaloppierte und dann wieder nach drinnen verschwand. Doch am Morgen lag tiefe Stille über dem Farmhaus. Nicht ein Schwein schien sich zu regen. Es war beinahe neun Uhr, als Schwatzwutz seinen Auftritt hatte; er kam langsam und niedergedrückt daher, sein Blick war stumpf, sein Schwanz baumelte schlaff hinter ihm, und er bot alle Anzeichen dafür, ernstlich krank zu sein.
Er rief die Tiere zusammen und sagte ihnen, er müsse ihnen eine fürchterliche Mitteilung machen. Genosse Napoleon liege im Sterben! Es erhob sich ein Wehklagen. Draußen vor den Farmhaustüren wurde Stroh aufgeschüttet, und die Tiere gingen auf Zehenspitzen. Mit Tränen in den Augen fragten sie einander, was sie denn bloß tun sollten, wenn ihnen ihr Führer genommen werden würde. Es lief das Gerücht um, Schneeball habe es nun schließlich doch noch geschafft, Napoleon Gift ins Futter zu mischen. Um elf kam Schwatzwutz heraus, um eine neuerliche Erklärung abzugeben. Als seine letzte Tat auf Erden habe Genosse Napoleon eine feierliche Verordnung erlassen: der Genuß von Alkohol sei mit dem Tode zu bestrafen.
Am Abend jedoch schien sich Napoleons Befinden etwas gebessert zu haben, und am nächsten Morgen konnte Schwatzwutz ihnen allen mitteilen, er sei
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