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Farmer, Philip Jose - Flusswelt 01

Farmer, Philip Jose - Flusswelt 01

Titel: Farmer, Philip Jose - Flusswelt 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Flusswelt der Zeit
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seine Wange bis zum Ohrläppchen aufgerissen. Während eine Hand zerschmettert zu sein schien, ragte aus dem Brustkorb eine Rippe. Es war unglaublich, daß er überhaupt noch lebte.
    »Du… du…«, keuchte Göring mit heiserer Stimme und brach zusammen. Ein Blutfontäne schoß aus seinem Mund und benetzte Burtons Füße; glasig werdende Augen starrten ihn an.
    Burton fragte sich, ob er jemals herausfinden würde, was Göring ihm hatte sagen wollen. Aber andererseits war es ihm auch egal. Es gab jetzt wichtigere Dinge, denen er seine Aufmerksamkeit widmen mußte.
    Etwa drei Meter von ihm entfernt hielten sich zwei der Titanen auf. Sie drehten ihm die Rücken zu, keuchten schwer und schnappten röchelnd nach Luft, ehe sie wieder aufeinander losgingen. Plötzlich sprach der eine von den beiden.
    Es gab keinen Zweifel. Der Riese stieß keine unartikulierten Laute aus, sondern benutzte eine Sprache.
    Obwohl Burton keines der Worte verstand, wußte er doch, daß diese Töne der gegenseitigen Verständigung dienten. Es bedurfte nicht einmal der modulierten Erwiderung des anderen, um zu diesem Schluß zu gelangen.
    Also waren diese Leute keine frühzeitlichen Affen, sondern Angehörige einer Vorstufe des Menschen. Mit ziemlicher Sicherheit mußte dieses Volk der irdischen Wissenschaft des einundzwanzigsten Jahrhunderts unbekannt geblieben sein. Frigate hatte ihm alle Fossilien, die im Jahre 2008 bekannt gewesen waren, detailliert beschrieben.
    Burton lehnte sich rücklings gegen den mächtigen Brustkasten des gefallenen Riesen und strich sich das verschwitzte Haar aus dem Gesicht. Er führte immer noch einen steten Kampf gegen den reißenden Schmerz in seinem Bein.
    Machte er zuviel Lärm, zöge er unweigerlich die Aufmerksamkeit der kämpfenden Titanen auf sich – und dann war es um ihn geschehen. Aber warum eigentlich nicht? Hatte er mit seinen zerrissenen Sehnen und dem gebrochenen Fuß in diesem Land der Ungeheuer überhaupt eine Überlebenschance?
    Schlimmer als der Gedanke an den Schmerz war die Erinnerung daran, daß er schon auf dem ersten Teil des Weges, der ihn durch einen Selbstmord weitergeführt hatte, seinem angestrebten Ziel zum Greifen nahe gekommen war.
    Die Chance, bis hierher zu kommen, hatte von Anfang an eins zu zehn Millionen gestanden. Es war ein reiner Glücksfall gewesen, der sich mit Sicherheit auch dann nicht wiederholen ließ, wenn er noch weitere zehntausendmal den Tod des Ertrinkens wählte. Er hatte sein Ziel gefunden und würde es bald wieder verlieren.
    Die Sonne bewegte sich langsam hinter den Bergspitzen dahin. Dies war der Ort. Er war sicher gewesen, daß er existieren mußte; er hatte ihn mit dem ersten Versuch erreicht. Als Burtons Sehkraft schwächer wurde und der Schmerz verklang, wurde ihm bewußt, daß er sterben würde. Und damit hatte sein Beinbruch nichts zu tun. Er hatte starke, innere Verletzungen und schien innerlich zu verbluten.
    Er versuchte sich noch einmal aufzurichten. Er wollte stehen, wenn auch nur auf einem Bein, den Giganten die Fäuste entgegenstrecken und sie verfluchen.
    Er wollte mit einer Verwünschung auf den Lippen sterben.

23
    Rote Morgennebel berührten sanft seine Lider.
    Er stand auf und wußte, daß seine Wunden verheilt und sein Körper gesund sein mußte, obwohl es ihm schwerfiel, daran zu glauben. In der Nähe stand ein Gral, daneben lagen sechs sauber aufgeschichtete und zusammengefaltete Kleidungsstücke in verschiedenen Größen und Farben.
    Vier Meter von ihm entfernt erhob sich ein anderer, ebenfalls nackter Mann aus dem Gras. Es lief Burton kalt über den Rücken. Das blonde Haar, das breitflächige Gesicht und die hellblauen Augen… Es war Hermann Göring.
    Der Deutsche schien nicht weniger überrascht zu sein als Burton selbst. Mit schwerer Zunge, als erwache er aus einem tiefen Schlaf, sagte er: »Irgend etwas stimmt hier nicht.«
    »Es ist in der Tat etwas faul hier«, erwiderte Burton, obwohl auch er nicht mehr über die Erweckungszeremonie wußte als jeder andere Mensch am Fluß auch. Er hatte zwar selbst noch nie mit eigenen Augen die Materialisation eines Wiedererweckten gesehen, wußte allerdings durch die Erzählungen anderer darüber Bescheid. Normalerweise fand sie im Morgengrauen und immer in der unmittelbaren Nähe eines Gralsteins statt. Die Luft begann zu schimmern, und innerhalb eines Sekundenbruchteils tauchte der Körper eines nackten Mannes oder einer Frau aus dem Nichts auf und lag im Gras, während neben ihm ein Stapel

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