Farmer, Philip José - Flusswelt 04
war, sein Ziel darstellte. Es war immer sein Ziel gewesen; er hatte es bis jetzt nur nicht gewußt.
Am Ende einer langen Reise erreichte er schließlich Parolando. Die Gerüchte hatten nicht gelogen. Sam Clemens und König John, der den Spitznamen >Ohneland< trug, regierten das Gebiet, in dessen Boden sich der Schatz befand, gemeinsam. Man hatte dem Land bereits eine große Menge Metall entrissen, und überall sah es aus wie früher im Ruhrgebiet. Parolando bestand aus Stahlkochereien, Walzwerken und Salpetersäurefabriken. Man förderte Bauxit und Kryolith für die Herstellung von Aluminium, aber die Erze, aus denen man Aluminium machte, lagerten leider im Boden eines anderen Staates. Das führte natürlich zu Ärger.
Der Staat Soul City lag etwa vierzig Kilometer unterhalb von Parolando. Dort gab es große Ablagerungen von Kryolith, Bauxit und Zinnober und kleinere Platinvorkommen. Clemens und John brauchten diese Stoffe, aber Elwood Hacking und Milton Firebrass, die beiden Herrscher von Soul City, trieben die Preise ständig höher. Außerdem war offensichtlich, daß sie ihre Hände nur allzu gern selbst auf das Eisen und den Stahl des Meteoriten gelegt hätten.
Hermann schenkte der lokalen Politik nur geringe Aufmerksamkeit. Seine Hauptaufgabe bestand darin, die Leute mit der Lehre der Kirche der Zweiten Chance bekanntzumachen. Das zweite Ziel, das er sich später setzte, war der Baustopp des großen Schaufeldampfers. Clemens und John waren von dem Schiff geradezu besessen. Um es fertigzustellen, hatten sie es geschafft, Parolando in ein industrielles Ödland zu verwandeln. Das Land war bar jeglicher Vegetation. Nur die unverwundbaren Eisenbäume standen noch. Die Luft war verschmutzt und stank nach den Ausdünstungen der Fabriken.
Und was noch schlimmer war, sie verschmutzten ihre Kas. Dies war etwas, das Hermann Göring nicht mitansehen konnte. Die Kirche vertrat den Standpunkt, daß die Menschheit nur deswegen wiedererweckt worden war, damit sie noch eine Chance hätte, ihr Ka zu retten. Man hatte ihr die Jugend und die Gesundheit wiedergegeben, damit sie sich auf die Erlangung dieses Heils konzentrieren konnte.
Etwa eine Woche nach seiner Ankunft in Parolando hielten Hermann und einige andere Missionare ein großes Treffen ab. Es war am Abend, kurz nach Sonnenuntergang. Rund um eine von Fackeln erhellte Plattform hatte man Lagerfeuer angezündet. Hermann, der örtliche Bischof und ein Dutzend der etwas bekannteren Angehörigen ihrer Organisation hielten sich auf der Plattform auf. Sie waren umgeben von etwa dreitausend Menschen. Die wenigsten der Zuhörer gehörten der Kirche an; die Mehrheit war lediglich gekommen, um sich unterhalten zu lassen. Die Leute hatten nicht nur alkoholische Getränke mitgebracht, sondern gaben sich auch sonst alle Mühe, die Veranstaltung durcheinander zubringen.
Nachdem eine Kapelle eine Hymne gespielt hatte, die Gerüchten zufolge von La Viro selbst komponiert worden war, sprach der Bischof ein kurzes Gebet. Dann stellte er den Anwesenden Hermann vor. Hie und da wurden Buhrufe laut, als sein Name fiel. Offenbar waren auch Leute anwesend, die ihn aus eigenen Lebzeiten kannten; möglicherweise aber hatten sie auch nur etwas gegen Chancisten.
Hermann hob die Hände, bis die Menge schwieg. Dann sagte er auf Esperanto: »Brüder und Schwestern! Hört mich mit der gleichen Liebe an, mit der ich zu euch spreche. Der Hermann Göring, der vor euch steht, hat mit dem Menschen gleichen Namens, der einst auf der Erde lebte, nichts zu tun. Er verabscheut diesen Mann, dieses abscheuliche Wesen.
Und so beweist die Tatsache, daß ich heute als wiedergeborener, neuer Mensch vor euch stehe, daß man das Böse besiegen kann. Ein Mensch kann sich zum Guten hin verändern. Ich habe für meine Taten bezahlt. Ich habe in der einzigen Münze bezahlt, die überhaupt einen Wert besitzt. Ich habe mit Schuld, Scham und Selbsthaß bezahlt. Ich habe mit dem Schwur bezahlt, mein altes Ich zu töten, es zu begraben und ein neuer Mensch zu werden.
Aber ich bin nicht hierher gekommen, um euch damit zu beeindrucken, welch elender Wicht ich einst gewesen bin. Ich bin hier, um euch von der Kirche der Zweiten Chance zu erzählen. Wie sie entstand, wie ihr Credo lautet, welche Ansichten sie vertritt.
Nun, ich weiß, daß jene unter euch, die in jüdischen, christlichen und islamischen Ländern erzogen wurden, und jene Orientalen, die Christen oder Moslems nur als Invasoren kennen gelernt haben, jetzt
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