Faulspiel (German Edition)
Deshalb durfte man doch nicht einen kompletten Sport verdammen!
Wohin sollte das führen?
Gegen Morgen übermannte ihn ein unruhiger Schlaf; er redete und stöhnte, während er sich von einer Seite auf die andere wälzte.
„Max! Maxl! Was ist denn? Wach auf!“ Sanft streichelte seine Mutter, die auf seiner Bettkante saß, über sein Gesicht.
„Du hast nur schlecht geträumt. Komm, mein Junge, steh auf! Heute ist doch dein großer Tag!“, ermunterte sie ihn froh gelaunt.
Schon als kleines Kind hatte seine Mutter ihn immer getröstet, wenn er des Nachts nicht zur Ruhe kam. Dabei nahm sie ihn behutsam in ihre Arme und drückte ihn an ihre warme, weiche Brust. Das beruhigte ihn dann sofort.
„Ist es das Spiel heute, das dich hat schlecht schlafen lassen? Mach dir doch deswegen keine Sorgen. Es ist nur ein Spiel! Auch wenn es um sehr viel geht! Du musst jetzt aufstehen! Sie kommen bestimmt gleich, um dich abzuholen.“
Intuitiv spürte sie die innere Anspannung ihres Kindes.
„Niemand wird mich abholen!“, murmelte der Junge mit tränenerstickter Stimme, warf sich den Bademantel über und verschwand in der Dusche.
Aus dem Badezimmer hörte er, wie seine Mutter das Frühstück zubereitete. Wie immer in den letzten Monaten. Cornflakes, eine Tasse Tee.
Sein Vater war bestimmt schon im Geschäft und bediente die ersten Kunden.
Das heiße Wasser der Dusche lief über seinen müden Körper und vermischte sich mit seinen Tränen. Es war wohl doch kein schlechter Traum. Die Worte des Reporters wiederholten sich wie die scheinbar nie enden wollende Fahrt eines Karussells in seinem Kopf:
„Ich habe schon viele wie dich gesehen! Irgendwie müssen die da oben aufgehalten werden!“
Max konnte und wollte das alles nicht glauben.
Er hatte sich das Handtuch über die Schultern gelegt und schlich wie ein begossener Pudel in die Küche. „Ich spiele heute nicht“, presste er mühsam hervor.
„Ich weiß, ich habe gerade die Zeitung gelesen. Ist die Verletzung wirklich so schlimm? Oder ist es nur eine Vorsichtsmaßnahme, wie sie schreiben? Na ja, die Europameisterschaft ist ja auch viel wichtiger als das Spiel heute, nicht wahr?“
Wie sollte er das alles seiner Mutter erklären, wenn er es selbst nicht verstand.
„Was soll ich dazu sagen? Ich spiele nicht, und damit ist alles gesagt. Ich habe heute Morgen keinen Hunger. Ich gehe gleich direkt zum Stadion, um elf Uhr ist Mannschaftsbesprechung. Die möchte ich nicht versäumen.“
Es war ein herrliches Wetter, die Sonne lachte vom wolkenlosen Himmel, und alles war bereitet für ein rauschendes Fußballfest. Auf dem Weg zum Stadion kam es ihm so vor, als würden ihn die Menschen, die ihm begegneten, fragend ansehen. Er hatte das Gefühl, dass ihre Blicke ihn durchbohrten:
„Warum lässt du deine Mannschaft gerade heute im Stich? Warum ausgerechnet bei diesem Spiel?“
„Guten Morgen, Max! Schade, dass du heute nicht spielst! Mach dir nichts draus, du bist noch so jung, und es werden noch jede Menge Spiele kommen, die du gewinnen kannst.“
Der alte Pförtner wollte ihn nur ein wenig trösten.
Doch Max hätte ihn am liebsten angebrüllt, um seiner Enttäuschung Luft zu machen.
„Ja, ich weiß, dass das so ist“, antwortete er stattdessen und erklomm mühselig die wenigen Stufen zum Besprechungsraum.
Max war spät dran und betrat den Raum als letzter. Alle drehten sich nach ihm um. In vielen Gesichtern seiner Mitspieler glaubte er so etwas wie Mitleid zu sehen. Aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein. An einem Tisch am Kopf des Raumes saßen sein Trainer, der Manager und der Vorstand des Clubs. Max nahm auf der gegenüberliegenden Seite Platz, direkt neben seinem Mannschaftskollegen Steffen. Steffen war Abwehrspieler in der Truppe und spielte gemeinsam mit Max in der Nationalelf.
„Hallo, Kleiner, habe schon gehört, wirst nicht spielen. Mach dir nichts draus! Ich bin auch Teil des Drehbuchs. Nur mir hat man eine andere Rolle zugewiesen.“
Max sah ihn fragend an. Er verstand nicht, was Steffen damit meinte.
Der Clubmanager erhob die Stimme.
„Heute haben wir die große und einmalige Chance, Fußballgeschichte zu schreiben. Am Anfang der Saison hatte uns niemand auf der Rechnung, und kein Mensch hat daran geglaubt, dass wir um die Meisterschaft mitspielen könnten. Dass wir heute an diesem Punkt stehen, haben wir zum großen Teil Max Kaiser zu verdanken. Ohne seine Tore hätten wir jetzt nicht die Möglichkeit für dieses Fußballfest. In
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