FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
kann nicht, wo ich doch morgen bei der Graduiertenfeier des FBI spreche und außerdem der Fall Ellsberg anhängig ist –, da kann er doch nichts unternehmen, was in den Reihen des FBI Zwietracht sät. Das gibt einen Aufstand. Man wird sagen: ›Dieser schrullige alte Mann hat es schon wieder getan‹, verstehen Sie. So denke ich darüber.« [483]
Mitchell erwiderte: »Tja, ich glaube, da gibt es keinen Zweifel, Mr President. Ich meine, das könnte, was ihn betrifft, das Fass endgültig zum Überlaufen bringen.«
Darauf Nixon: »Sagen Sie ihm: ›Ich habe mit dem Präsidenten gesprochen, und, Edgar, er will Sie nicht wegen einer Disziplinarsache in Verlegenheit bringen, indem er die Entscheidung des Direktors aufhebt, aber er hat dazu sehr dezidierte Ansichten. Er kommt doch rüber zum FBI, und schließlich dürfen wir – und er weiß, dass Disziplin wichtig ist, aber er ist ganz entschieden der Ansicht, wir dürfen nicht zulassen, dass die Sache Ellsberg zum Anlass für Zwietracht im Bureau wird. Das könnte zum Aufstand führen.‹ Wäre das so in Ordnung?«
»Ja, Sir«, erwiderte Mitchell. »Wir werden es so versuchen und sehen, wie es wirkt. Ich möchte hoffen, dass er keinen Tobsuchtsanfall bekommt und den Schoß der Familie verlässt.«
Darauf Nixon. »Und wenn es so ist, ich bin bereit.«
Am 30. Juni entschied der Oberste Gerichtshof, dass die Zeitungen das Recht hatten, die Pentagon-Papiere zu veröffentlichen. Der Richterspruch wurde bekannt, während Nixon Hoovers Verdienste vor hundert Absolventen der FBI-Akademie pries.
»Als junger Kongressabgeordneter arbeitete ich mit ihm und anderen im Federal Bureau of Investigation bei wichtigen Ermittlungen zu verschiedenen subversiven Elementen in diesem Lande zusammen«, sagte er. »Eines will ich Ihnen versichern. Jeder, der stark ist, jeder, der für das kämpft, woran er glaubt, jeder, der aufsteht, wenn es schwierig wird, ist zwangsläufig eine kontroverse Figur. Und ich sage, dass es, was ihn betrifft, Kontroversen geben kann, aber die große Mehrheit des amerikanischen Volkes steht hinter Mr Hoover.« [484]
Die Frage war nur, ob Nixon noch hinter Hoover stand – und umgekehrt. Am folgenden Tag telefonierten sie. Nixon fragte Hoover, was die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs für die Strafverfolgung im Fall Ellsberg zu bedeuten habe.
Präsident Nixon: Wie wirkt es sich Ihrer Ansicht nach auf die öffentliche Meinung aus, Edgar? Das würde ich gern wissen.
Hoover: Was die öffentliche Meinung betrifft, Mr President, denke ich, Sie sollten sich auf keinen Fall dazu äußern.
Präsident Nixon: Tatsächlich?
Hoover: Ja […] Und ich denke, wir sollten enorm vorsichtig sein, was den Fall dieses Ellsberg betrifft. Denn die werden sonst einen Märtyrer aus ihm machen. Die gesamte Presse in diesem Land wird das natürlich tun, sie werden die Sache aufbauschen und ihn als Märtyrer hinstellen. Und wenn man bedenkt, was der Oberste Gerichtshof jetzt entschieden hat, bezweifle ich, ob wir einen Schuldspruch für ihn bekommen.
Der Präsident tobte. »Ich habe gestern Abend mit Hoover gesprochen, und Hoover verfolgt diesen Fall nicht so energisch, wie ich es wünsche«, klagte Nixon gegenüber Haldeman am 2. Juli. »Irgendetwas hält ihn davon ab.«
»Sie haben das Gefühl, dass das FBI nicht richtig an der Sache dran ist?«, fragte Haldeman.
»Ja, vor allem was den Aspekt der Verschwörung betrifft«, sagte Nixon. »Ich möchte, dass wir alle kriegen. Ellsberg interessiert mich gar nicht so, aber wir müssen alle kriegen, die Teil dieser Verschwörung sind.«
Nixon war bis ins Mark davon überzeugt, dass er es mit einer gigantischen Intrige von links zu tun habe – mit einem ganzen Aufgebot an Kräften, das von den Nachrichtendiensten kommunistischer Diktaturen bis zum linken Flügel der Demokratischen Partei reichte – und dass bei diesem Kampf die westliche Zivilisation auf dem Spiel stehe. Am 6. Juli hielt er in dem stattlichen neoklassizistischen Bau, der das Staatsarchiv und die Originalhandschrift der amerikanischen Verfassung beherbergt, eine Rede vor führenden Vertretern der Presse und des Fernsehens. »Wenn ich diese Säulen sehe«, sagte er, »denke ich daran, was mit Griechenland und Rom geschehen ist.
Sie haben ihren Lebenswillen verloren«, fuhr er fort. »Sie fielen der Dekadenz anheim, die die Zivilisation zerstört. Die Vereinigten Staaten sind im Begriff, in diese Phase einzutreten.«
»Eine heftige
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