FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
sie den ersten Gefangenen: ein Palästinenser, der in Faisalabad, Pakistan, für Al-Qaida aktiv war. Er wurde bei einem Feuergefecht schwer verwundet; der Angriff hatte dem geheimen Unterschlupf einer militanten Gruppe gegolten. An eine Trage gefesselt flog man ihn in das neue Geheimgefängnis der CIA in einem Lagerhaus auf dem Luftwaffenstützpunkt Udon Thani im äußerten Nordosten Thailands an der Grenze zu Laos.
»Neulich haben wir einen gewissen Abu Subaida gefangen genommen«, sagte Präsident Bush am 9. April bei einer Spendenparty in Greenwich, Connecticut. »Er ist ein Top-Terrorist und hat Pläne für Tod und Zerstörung in den Vereinigten Staaten geschmiedet. Er schmiedet nun keine Pläne mehr. Jetzt ist er dort, wo er hingehört.« [656] Nach CIA-Berichten bezeichnete der Präsident den Gefangenen später als Nummer drei bei Al-Qaida und als bin Ladens Einsatzleiter.
»Ein Staatsschatz«
Die ersten Amerikaner, die Abu Subaida verhörten, waren zwei der insgesamt acht Arabisch sprechenden FBI-Agenten: Steve Gaudin, der den Bombenanschlag auf die amerikanische Botschaft in Nairobi untersucht hatte, und Ali Soufan, der die Cole -Ermittlung im Jemen geleitet hatte. Der dreißigjährige Soufan, geboren im Libanon und im Besitz eines Master-Abschlusses in Internationalen Beziehungen an der Universität Villanova, war 1997 eher aus einer Laune heraus zum FBI gegangen. In der abgeschlossenen Welt der amerikanischen Terrorabwehr hatte er sich als kundiger Ermittler und raffinierter Verhörbeamter einen Namen gemacht. Generalmajor Michael Dunleavy, der Militärkommandant in Guantánamo, wo Soufan Verhöre durchführte und Geständnisse errang, nannte ihn einen »Staatsschatz«. [657]
Als Soufan den verwundeten Gefangenen im Geheimgefängnis vernahm, war er ganz ruhig, denn er wusste eine Menge über sein Gegenüber. »Ich fragte ihn nach seinem Namen«, sagte Soufan später aus. »Er gab mir seinen Decknamen. Dann fragte ich ihn: ›Darf ich Sie Hani nennen?‹ So hatte seine Mutter ihn als Kind genannt. Er sah mich erschreckt an, dann sagte er okay, und wir fingen an zu reden.« [658]
Im Laufe von zwei Tagen identifizierte der Gefangene Chalid Scheich Mohammed auf einem Foto, den Planer der Al-Qaida-Anschläge. Es war der bisher größte Durchbruch des FBI. »Bis dahin«, sagte Soufan aus, »hatten wir keine Ahnung von Chalid Scheich Mohammeds Rolle bei den Anschlägen vom 11. September oder seiner Bedeutung in der Führungsstruktur von Al-Qaida.«
Der CIA-Beamte im Geheimgefängnis übermittelte den Bericht an sein Hauptquartier. CIA-Direktor George Tenet war gar nicht glücklich darüber, dass das FBI die Verhöre leitete. Er beauftragte ein Terrorabwehrteam der CIA, in Thailand zu übernehmen. »Wir wurden entfernt«, sagte Soufan. »Harte Methoden wurden eingeführt« – zunächst, dass man dem Gefangenen seine Kleider wegnahm und ihn 48 Stunden am Stück nicht schlafen ließ – und »Abu Subaida machte zu und sagte kein Wort mehr«. Daraufhin übernahm ihn wieder das FBI. Der Gefangene erzählte, er sei bei Al-Qaida für Logistik und Reisen zuständig gewesen, und lieferte Informationen, die zur Verhaftung José Padillas am 8. Mai führten. Der Angehörige einer Chicagoer Straßengang war im Gefängnis zum Islam konvertiert, hatte sich in Pakistan und Afghanistan Al-Qaida angeschlossen und träumte davon, in Washington eine radioaktive schmutzige Bombe hochgehen zu lassen.
Die CIA verbuchte die Verhaftung fälschlicherweise auf ihr Konto und riss die Verhöre erneut an sich. Ihre Verhörbeamten setzten den Gefangenen Lärm aus, ließen ihn frieren und legten ihn in einen Sarg. Soufan und Gaudin legten Protest ein. Die CIA-Männer erklärten ihnen, die Methoden seien von höchster Regierungsebene abgesegnet worden.
Soufan sagte, er habe das FBI-Hauptquartier kontaktiert, um davon zu berichten, dass er »Dinge an der Grenze zur Folter« beobachtet habe. Er weigerte sich mitzumachen. Ende Mai zog der Terrorabwehrchef des Bureau Pasquale D’Amuro beide Agenten aus Thailand ab. Aber er weihte Mueller mindestens zwei Monate lang nicht ein. Der Direktor erfuhr erst davon, nachdem die Grenze überschritten war.
Am 1. August gewährte das Office of Legal Counsel des Justizministeriums der CIA auf Antrag die Erlaubnis, bei Abu Subaida Waterboarding anzuwenden. Bei dieser Foltermethode sollen Geständnisse dadurch erreicht werden, dass man bei dem Gefangenen durch Untertauchen Todesangst
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