FEED - Viruszone
von weiteren Versuchen abgehalten.
Nach fünf Jahren Arbeit ist es uns gelungen, einen weitgehend ausgeschlachteten Übertragungswagen von Kanal 7 in ein hochmodernes fahrendes Blogging-Center umzuwandeln, mit Videoeinspeisung, einer eigenen Sendeantenne, autarkem Peilsender und so viel Speicherplatz für Sicherheitskopien, dass ich Kopfschmerzen kriege, wenn ich zu viel darüber nachdenke. Also denke ich überhaupt nicht darüber nach. Das ist Buffys Job, und nebenher ist sie auch noch das schnoddrigste, blondeste und nach außen hin unzuverlässigste Teammitglied. Alle vier Aspekte ihrer Arbeit erledigt sie ganz hervorragend.
Buffy saß im Schneidersitz in einem der drei Stühle, die auf den verbleibenden freien Platz gequetscht waren, und hielt sich mit nachdenklicher Miene ein Headset ans Ohr. Hinter ihr stand Shaun, der vor Aufregung von einem Bein aufs andere trat.
Sie schien meine Anwesenheit nicht mal zur Kenntnis zu nehmen, als ich den Wagen betrat, doch sobald ich die Tür hinter mir zugemacht hatte, sagte sie in verträumtem, abwesendem Tonfall: »He, Georgia.«
»He, Buffy.« Ich ging an den Minikühlschrank und holte mir eine Dose Cola. Shaun nimmt sein Koffein heiß zu sich und ich kalt. Man könnte sagen, dass wir auf diese Art gegen unsere Ähnlichkeit aufbegehrten. »Wie sieht’s aus?«
Buffy, die einen Moment lang tatsächlich in Bewegung geriet, hob kurz den Daumen. »Sieht gut aus.«
»Das hört man gerne«, sagte ich.
Buffys echter Name lautet Georgette Meissonier. Genau wie Shaun und ich ist sie auf die Welt gekommen, als die Zombies bereits eine Lebensrealität waren, damals, als Georgia, Georgette und Barbara die drei meistverbreiteten Mädchennamen in Amerika wurden. Wir sind die Jennifers unserer Generation. Die meisten haben sich damit abgefunden. Schließlich gilt George Romero tatsächlich als einer der unverhofften Retter der menschlichen Spezies, weshalb es durchaus cool ist, nach ihm benannt zu sein. Es ist bloß einfach ein ziemlich gewöhnlicher Name. Und Buffy war noch nie gewillt, gewöhnlich zu sein, wenn sie etwas dagegen machen kann.
Sie war ganz der kühle Profi gewesen, als Shaun und ich sie bei einer Online-Jobausschreibung entdeckt hatten. Als wir sie dann persönlich trafen, hielt dieser Eindruck etwa fünf Minuten. Sie stellte sich vor, grinste und sagte: »Ich bin süß, blond und lebe in einer Welt voller Zombies. Was meint ihr , wie ich mich nennen sollte?«
Wir starrten sie verständnislos an. Sie brummte irgendwas von einer Fernsehsendung, die es vor dem Erwachen gegeben hatte, und ließ das Thema dann fallen. Nicht, dass es eine Rolle gespielt hätte. Von mir aus kann sie sich verdammt noch mal nennen, wie sie will, solange sie unsere Technik in Schuss hält. Außerdem gibt sie unserem Team eine exotische Note: Sie ist in Alaska geboren, dem verlorenen Land der letzten großen Abenteuer. Ihre Familie ist dort weggezogen, nachdem die Regierung den Bundesstaat für nicht zu befrieden erklärt und den Infizierten überlassen hat.
»Geschafft«, verkündete sie, stöpselte das Headset aus und beugte sich vor, um den nächstbesten Feedbackmonitor einzuschalten. Flackernd erschien das Bild von Shaun, der seinen verwesenden Kumpel mit dem Hockeyschläger auf Abstand hielt. Kein Ton kam aus den Lautsprecherboxen. Ein einziges Stöhnen kann Zombies über Kilometer hinweg herbeilocken, wenn man Pech mit der Akustik hat, und im Feld ist Lärmdämmung nicht sicher. Sie funktioniert nämlich in beide Richtungen, und Zombies neigen dazu, Fahrzeuge und Gebäude zu umzingeln, auf die unwahrscheinliche Möglichkeit hin, dass sich etwas zu essen oder zum Infizieren darin befindet. Die Vorstellung, die Wagentüren zu öffnen und sich plötzlich einem Rudel gegenüberzusehen, das man nicht gehört hat, sagte keinem von uns zu.
»Das Bild ist ein bisschen unscharf, aber ich habe die meisten visuellen Störsignale rausgefiltert, und ich kriege es noch sauberer, sobald ich die Quelldateien habe. Georgia, danke, dass du daran gedacht hast, den Helm aufzusetzen, bevor du losgefahren bist. Die vordere Kamera hat ganz zauberhaft funktioniert.«
Um ehrlich zu sein, hatte ich überhaupt nicht an die Kamera gedacht. Ich war viel zu sehr darauf konzentriert gewesen, mir nicht den Schädel zu brechen. Trotzdem nickte ich zustimmend und nahm einen großen Schluck Cola, bevor ich sagte: »Kein Ding. Wie viele Kameras haben während der Verfolgungsjagd weitergesendet?«
»Drei von vier.
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