Feind der Familie (Rex Corda Nova) (German Edition)
Explosion gewesen und dann - Dunkelheit.
Mühsam wendete Sigam den Kopf in die Richtung, aus der er das Stöhnen gehört hatte. Auf dem Krankenbett neben ihm lag erwartungsgemäß Nomar Benilon, wie er mit Gelpacks bedeckt, die aus seinem Körper einen unförmigen Klumpen machten. Der Sohn des Moga war sich sicher, nicht viel eleganter auszusehen. Nomar war bei Bewußtsein und zwinkerte ihm zu.
»Ah, Geschwaderkommandeur«, brachte er krächzend über die Lippen. »So eine Hydranitkettenreaktion kann einem den ganzen Tag verderben!«
Agelon schaffte es, ein Grinsen zu produzieren. Erwartungsgemäß hatte sich der unbekannte Feind in der Simulation als übermächtig erwiesen. Agelon und Nomar hatten daraufhin die Hydranitvorkommen im Asteroidengürtel gesprengt und das instabile Metall war in einer gigantischen Kettenreaktion vergangen. Nach Agelons Einschätzung hatte es den Feind vollständig mit in den Tod gerissen, genauso, wie alle orathonischen Schiffe zerstört worden waren - bis auf einen Diskus, den Agelon als Bote zurückgeschickt hatte.
Sigam wollte etwas erwidern, als er hörte, wie sich die Tür zu ihrem Zimmer öffnete. Beide Liegenden musterten die Eintretenden. Es handelte sich - wie er erwartet hatte - um den Simulatortechniker und den Ausbildungssergeanten Umli, die sich ihnen mit unbewegter Miene näherten.
»Rekruten Agelon und Benilon?«
Der Techniker hielt eine Folie in den Händen. Er gab sie Umli, der einen kurzen Blick darauf warf und dann, offensichtlich mit Überwindung, eine Art Erklärung abgab.
»Ich darf Ihnen mitteilen, daß Sie von möglichen 100 Bewertungspunkten 88 erreicht haben. Das beste Ergebnis in diesem Jahr. Sie haben gehandelt, wie echte orathonische Offiziere es getan hätten: Zerstört, was nicht zu schützen war. Entsprechende Einträge in Ihre Ausbildungsakten wurden vorgenommen. Nach Aussagen der Ärzte werden Sie in einer Woche wieder fit sein. Dann wird sogleich die nächste Simulation folgen.«
Der Mann gestattete sich ein beifälliges Nicken.
»Gute Arbeit, Rekruten. Weiter so.«
Umli zögerte und es schien Agelon, als wolle der Instruktor noch etwas sagen. Dann aber preßte er seine Lippen zusammen und er beließ es bei einem knappen Nicken.
Die beiden Besucher wandten sich ohne einen weiteren Kommentar ab und verließen den Raum.
Sigam und Nomar grinsten sich an, als die Tür sich hinter Umli und dem Techniker schloß. Dann entspannten sie sich in den Kissen und gaben sich dem brennenden Kribbeln des Heilprozesses hin.
*
Die Halle war festlich geschmückt.
An den Wänden des gigantischen Raumes hingen große Fahnen mit den Wappen und Emblemen der FAMILIE, Flaggen der wichtigsten Welten und Sektoren des Orathonischen Reiches sowie am Kopfende ein überlebensgroßes Porträtbild des Moga Agelon, des alleinigen und unumstrittenen Herrschers über das Imperium. Sein zwingender Blick auf der dreidimensionalen Darstellung schien alle 256 Offiziersanwärter in seinem Griff zu haben, die in militärisch exakter Formation vor der erhöhten Rednertribüne standen.
Auf der Tribüne, hinter einem festlich geschmückten Tisch, vor dem das Wappen der Akademie prangte, saßen Ausbilder und Führungsoffiziere, darunter ein Admiral, der von der Front gekommen war, um die Offizierspatente zu überreichen. Im Saal herrschte trotz der vielen Orathonen Stille, selbst im abgeriegelten hinteren Bereich, in dem Verwandte und Freunde der Absolventen verharrten, um Zeugen dieses wichtigen Ereignisses zu werden.
Nomar Benilon und Sigam Agelon standen nebeneinander, stocksteif, in ihre Paradeuniformen gezwängt. Die farbenfrohen Uniformen trugen noch keine Rangabzeichen, diese würden sie zusammen mit der Abschlußurkunde erhalten. Die beiden Rekruten sahen der Zeremonie mit gemischten Gefühlen entgegen, denn danach würden sich die Freunde eine Weile nicht mehr sehen: Während Sigam sich für den Flottenführungsdienst entschieden hatte, wie es alle Agelons taten, trat Nomar in das Corps der Raumlandetruppen ein, da er im Zuge seiner Ausbildung gemerkt hatte, daß ihm der Schiffsdienst nicht recht zusagte, er jedoch große Fertigkeiten an den taktischen Finessen des Bodenkampfes entwickelt hatte. Obgleich diese Entscheidung ihm nicht leicht gefallen war, erkannten beide, daß sie richtig war. Sigam würde nach einem kurzen Heimurlaub seine erste Dienstzeit an Bord eines orathonischen Schlachtschiffes antreten, während Nomar noch ein Jahr die Schulbank drücken
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