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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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gelernt. So wie damals in St. Clar, als die Strafgefangenen dir zujubelten.« Er lächelte etwas gequält. »Zwischen einem Strafgefangenen und einem Seemann auf einem Schiff des Königs besteht nur ein geringer Unterschied, und ich habe gehört, was sie von dir denken.« Er schaute auf die Karte. »Sie würden dir überallhin folgen. Frag mich nicht, warum. Und erwarte auch nicht, daß einer das ausspricht. Es ist eben etwas, das du an dir hast und auf sie ausstrahlst.« Er zuckte abermals mit der Schulter. »Aber macht nichts. Ich sage das nur, weil ich meine, du solltest das nicht beiseite schieben, nur um den guten Namen deines Kommodore zu retten.«
    Bolitho antwortete scharf: »Ich habe dich nicht hergerufen, um deine Meinung über meine Motive zu hören.« Er klopfte auf die Karte. »Also?«
    »Hier ist ein geeigneter Platz.« Hughs Finger wies auf eine Stelle der Karte. »Die Pascua-Inseln, etwa fünfzig Meilen nordwestlich von St. Kruis.« Seine Augen bewiesen fachliches Interesse, als er sich über die Karte beugte. »Zwei Inseln, die durch eine Kette kleiner und kleinster Eilande und ausgedehnter Riffe miteinander verbunden sind. Ein gefährlicher Ankerplatz, eigentlich nur eine letzte Zuflucht.« Er nickte nachdenklich. »Der Hauptvorteil ist, daß es zwischen den Riffen Durchlässe gibt. Mit deinem kleinen Geschwader könntest du gar nicht alle überwachen.« Sein zerfurchtes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Ich selbst bin da Rodneys Fregatten mehrmals entwischst.«
    Bolitho fragte ruhig: »Was würdest du an meiner Stelle tun?«
    Sein Bruder sah ihn lange an, und sein Ausdruck wechselte dabei von Überraschung zu Mißtrauen. Schließlich antwortete er: »Eine Fregatte würde zwischen den Riffen durchkommen. Ein Überraschungsangriff auf diesem Wege würde die vor Anker liegenden Schiffe sicherlich veranlassen, durch die Hauptpassage auszulaufen; davor könntest dann du stehen und sie in Empfang nehmen.«
    Bolitho betrachtete ihn ernst. »Nur ein sehr erfahrener Mann wäre imstande, ein Schiff durch die Riffe zu steuern, nicht wahr? Jemand, der die genaue Lage aller unter Wasser liegenden Hindernisse kennt.«
    Hugh beobachtete ihn verständnisvoll. »So ist es. Ohne solch einen Mann wäre es Wahnsinn. Als ich die Durchfahrt das erste Mal benutzte, hatte ich einen alten Mulatten als Lotsen. Er kannte sich sehr gut aus und hat dann mir beigebracht, was er selber als Fischer in vielen Jahren mühsam gelernt hatte.«
    Bolitho richtete sich straff auf. »Willst du’s tun?« Er sah das Mißtrauen in den Augen seines Bruders weichen und fügte hinzu: »Ich weiß, das Risiko ist groß. Der Kommandant unserer einzigen Fregatte ist Charles Farquhar. Er könnte sich an dich als seinen alten Gegner, der ihn einst gefangennahm, erinnern.«
    »Ich erinnere mich noch gut an ihn: ein frecher junger Laffe.«
    »Aber wenn alles klappt, könnte es dir für eine spätere Begnadigung sehr viel nützen. Es ist die letzte Chance für dich.«
    Sein Bruder zeigte nur ein resigniertes Lächeln. »Es ist genau, wie die Leute sagen: Du denkst nie zuerst an dich selber.« Er legte eine Hand auf den Tisch. »Ich habe keinen Augenblick daran gedacht, meine eigene Haut zu retten. Kommt es dir denn nicht in den Sinn, daß es schlecht für dich stünde, wenn Farquhar oder sonst wer über mich Bescheid wüßte? Du hast einen Flüchtling versteckt, dich mit einem Hochverräter verbündet. Sie würden dich kreuzigen.«
    Als Bolitho nicht antwortete, setzte Hugh eindringlich hinzu: »Denk an dich selber! Und hör’ auf, dir Sorgen zu machen, über deinen Kommodore, über mich und über den ganzen Rest. Sorge dich wenigstens dieses eine Mal um dich selber!«
    Bolitho schaute beiseite. »Es ist also abgemacht. Wenn wir in St.
    Kruis ankommen, werde ich den Kommodore informieren. Mag sein, daß wir auf dem von dir genannten Ankerplatz nichts finden. Aber wir werden sehen.«
    Sein Bruder ging zur Tür. »Es gab bisher nur einen einzigen Mann, der mir damals in der Karibik überlegen war. So hoffe ich, daß dir das Glück auch ein zweites Mal zur Seite steht.«
    »Vielen Dank!« Aber als Bolitho den Kopf nach Hugh wandte, war der Kartenraum leer.

Für die achtern die Ehre…
    Als sein Boot an den Holzpfählen der Landungsbrücke festgemacht hatte, kletterte Bolitho vom Hecksitz hinauf und warf zunächst einen Blick zurück auf die Bucht. Erst vor zwei Stunden hatte Pelham-Martins Geschwader hier geankert, doch in dieser kurzen Zeit

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