Feind in Sicht
später einen möglichen Rückzug angesichts großer Übermacht rechtfertigen.
De Block antwortete sanft: »Weder ich noch ihr Kommandant haben irgendwelche Bedenken, bei Ihnen mitzumachen. Als Sie St. Kruis vor Lequiller retteten, wußten wir alle, daß wir einmal eine Schuld zurückzuzahlen haben würden. Falls Lequiller entkommen und in seine Heimat zurückgelangen sollte, sieht unsere Zukunft sowieso düster aus. Wenn er dort erst berichtet, wie wir ihm widerstanden haben, wer kann dann voraussagen, was aus uns wird?«
Danach schaute er Bolitho traurig an. »Kapitän Mulder hat mir berichtet, was Sie gesagt haben. Es scheint so, als ob unsere beiden Länder bald im Krieg gegeneinander stehen werden. Es kommt, wie es muß, aber ich hätte gern ein kleines bißchen Rühmenswertes, an das ich mich mit Stolz erinnern kann, wenn alles vorüber ist.«
Farquhar sagte: »Dann ist also alles geregelt, Sir. Vielleicht könnte ich jetzt diesen Steuermannsmaaten kennenlernen?«
Seine Unterbrechung wirkte wie ein Kaltwasserguß, aber Bolitho war sie nichtsdestoweniger willkommen. Je schneller es vorbei war, desto eher konnten sie wieder in See gehen.
Als sein Bruder den Raum betrat, preßte Bolitho den Rücken gegen die Stuhllehne und bemühte sich, woanders hinzusehen, sobald Hugh sich dem Tisch näherte.
Der Kommodore fragte: »Man hat mir gesagt, Sie könnten die
Spartan
durch die Riffe auf der Westseite der Inseln lotsen?«
»Aye, Sir.«
Farquhar beugte sich über die Karte. »Es gibt hier aber nur wenige Anhaltspunkte, Mr. Selby.« Ausnahmsweise hatte er damit Gefühle offenbart, die Gefühle eines Kommandanten, der sein Schiff – und möglicherweise seine Karriere – in die Hände eines Mannes legen sollte, der ihm völlig unbekannt war.
Alle schauten zu, als der Steuermannsmaat mit seinem Finger einen Kurs auf der Karte andeutete.
»Hier verläuft ein guter Kanal, Sir: tiefes Wasser in zwei engen Furchen zwischen den Riffs. Ich rate, die Boote auszusetzen, falls der Wind abflauen sollte. Sie könnten uns dann hindurchschleppen.« Er rieb sich das Kinn. »Und wir brauchen zwei gute Lotgasten in den vorderen Rüsten.« Er brach ab, weil er bemerkte, daß Farquhar in anstarrte. »Sir?«
Farquhar fragte: »Wissen Sie genau, daß Sie noch nie unter mir gefahren sind?«
»Ganz genau, Sir.«
»Also dann…« Farquhar beobachtete ihn immer noch nachdenklich. »Woher stammt Ihre gute Kenntnis dieser Gewässer?«
Bolitho packte die Seitenarme seines Stuhls und fühlte, wie sich Schweiß über seinen Augenbrauen sammelte, als er darauf wartete, daß Farquhars Stutzen sich in plötzliches Erkennen verwandeln würde.
Aber Hughs Antwort war ruhig und selbstsicher: »Von der alten
Pegasus,
Sir. Wir haben hier vor ein paar Jahren Vermessungen ausgeführt.«
Farquhars Miene entspannte sich. »Dann haben Sie Ihre Zeit damals nicht verschwendet, Mr. Selby. Dachten Sie nie daran, sich um ein Offizierspatent zu bemühen?«
»Ich bin zufrieden, Sir.« Hugh beugte sich wieder über die Karte.
»Und Sie kennen die Redensart, Sir: ›Für die achtern die Ehre, für die vorn den Respekt!‹«
Einen Augenblick dachte Bolitho, Hugh sei zu weit gegangen. Farquhar trat einen Schritt zurück, weil ihm plötzlich bewußt wurde, daß er sich zu nahe mit einem Untergebenen eingelassen hatte. Sein Mund verengte sich zu einer dünnen Linie.
Dann machte er eine wegwerfende Bewegung. »So, sagt man das?«
Pelham-Martin stand auf. »Wir haben alles besprochen, meine Herren.« Er holte tief Luft, als suche er nach einem kernigen Abschlußwort, dessen sie sich später erinnern würden. »Falls wir Lequiller finden, sorgen Sie dafür, daß Ihre Leute tapfer kämpfen und daß der Gedanke an eine Niederlage nicht erst aufkommt.« Er setzte sein Glas ab und starrte mit leerem Blick darauf nieder. »Gehen Sie jetzt auf Ihre Schiffe, und rufen Sie auch alle Boote zurück. Wenn wir klar vom Riff und auf die Luvseite von Pascua kommen wollen, dürfen wir keine Zeit mehr verlieren.«
Als die anderen den Raum verlassen hatten, kehrte Bolitho zum Tisch zurück. »Das war eine gute Entscheidung, Sir. Und – wenn ich das sagen darf – auch eine tapfere.«
Pelham-Martin blickte mit undurchschaubarem Ausdruck an ihm vorbei. »Der Teufel soll Sie holen, Bolitho!« Sein Ton blieb dabei ganz ruhig. »Wenn wir uns mit diesem Ort geirrt haben und dort nichts finden, können mich auch die allerbesten Absichten nicht retten.« Sein Blick irrte herum und
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