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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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hob mit den harten Fingernägeln das Kinn seines Gesprächspartners an und
sah ihm in die Augen. »Mit Endorn hatte ich stets angenehme Konversation. Das
könnte mit dir auch möglich sein. Wenn du mehr weißt. In zwei Jahren vielleicht,
wenn du fleißig bist. Falls du es verstehst, dein neues Wissen zu nutzen, wirst
du auch bald in einer Bleibe wohnen, deren Besuch zumutbar ist.« Er stand auf.
»Halte einen Sessel für mich …« Er ruckte herum zu der Tür, die zur
Eingangshalle führte.
    Von dort hörte nun auch Modranel Geräusche, das Stampfen von
Stiefeln und das metallische Klappern von Rüstungen.
    »Wir sind nicht mehr allein«, stellte Gadior fest.
    »Ich habe nicht damit …«
    »Alle Dämonen des Nebellandes!«, donnerte der Paladin, der mit
gezogenem Mondsilberschwert in den Raum trat, seine Gefährten hinter sich.
»Dann ist es wahr! Er hat einen Pakt mit einem Schattenherrn geschlossen!«
    Der Ritter strahlte die Wut jener Menschen aus, für die zwischen Gut
und Böse ein Meer lag. Sein bärtiges Gesicht verschwand hinter dem Visier, das
er nun mit einer herrischen Bewegung der Schwerthand herunterschlug. Die
aufgesetzten Schulterstücke der Rüstung waren ebenso mit Silberintarsien
versehen wie der stählerne Harnisch. Auf dem tropfenförmigen Schild prangte das
Wappen des Paladins, ein Bulle, unter den drei Monden seines Ordens. Auch diese
Symbole und die umlaufenden Verzierungen waren mit Silber in das Eisen
eingelegt. Das Mondmetall glomm von innen heraus. Ein roter Schimmer.
    Es ist also wahr, dachte Modranel. Der Segen der Mondmutter liegt auf ihnen, und das Blut der Göttin
schreit seine Anklage, wenn sich ein Paladin dem Frevel der Schatten naht.
    Vielleicht spürte der Osadro das Mondmetall auf die Entfernung von
zehn Schritt, vielleicht verzog er das Gesicht aber auch, weil er das
Erscheinen der Ordenskrieger als unangebrachte Einmischung von Sterblichen
missbilligte. Jedenfalls runzelte er deutlich die Stirn, als der Paladin sein
»Stellt Euch zum Kampf, Schattenherr!« rief.
    »Ihr glaubt doch nicht, ich würde unvorbereitet zu einem solchen
Treffen erscheinen?«, entgegnete Gadior pikiert. Er wirbelte herum, packte
Lióla und rannte mit ihr aus dem Kerzenschein hinaus auf etwas Dunkles zu, das
eine weitere Türöffnung sein mochte. Dabei rief er in einer Sprache, die
Modranel nicht verstand. Er starrte nur auf das helle Gesicht seiner Tochter,
das stumm, aber mit weit offenen Augen über die Schulter des Osadro blickte.
    Schnell war der Schattenherr mit ihr verschwunden. Der Kerzenschein
schimmerte auf den Rüstungen der Bewaffneten, die ihm nachsetzten. »Gütige
Monde, steht uns bei!«, rief der Anführer, der mit dem Stier auf dem Schild.
»Ghoule!« Die Worte hallten unter dem gehörnten Helm.
    Wo der Osadro verschwunden war, lösten sich schlurfende Gestalten
aus den Schatten. Ihre Rücken waren gebeugt, der Buckel bei einem so
ausgeprägt, dass er das Hemd zerrissen hatte. Das schien seinem Träger ebenso
wenig auszumachen wie die Kälte der Nacht, der die dünnen Lumpen, die er trug,
nichts entgegenzusetzen hatten. Die Leichenfresser besaßen unverkennbar die
Züge der Menschen, die sie einmal gewesen waren, aber auf eine Weise entstellt,
welche die Schöpfung der Götter verhöhnte. Die Haut spannte sich eng um den
Schädel, dennoch waren die Augen tief eingesunken. Das Gebiss war
angeschwollen, die Lippen vermochten die spitzen Zähne, die am liebsten
verdorbenes Fleisch von toten Knochen rissen, nicht mehr zu bedecken. Dieser
Gegensatz zwischen dürren und voluminösen Formen setzte sich an den
Extremitäten fort. Die Glieder waren kaum dicker, als es Knochen und Sehnen
erforderten, Füße und Hände dagegen brauchten den Vergleich mit Bärenpranken
nicht zu scheuen. Die Arme waren so lang, dass sie den Boden berührten.
    Modranel umklammerte den Folianten und rutschte auf Knien zurück.
    »Pallion!«, rief der Ritter mit dem Stier. »Kümmere dich um den
Verräter! Die anderen – mir nach!« Damit stürzten sie sich auf die Ghoule.
    Die Leichenfresser waren keine Taktierer. Dazu waren sie zu dumm.
Sie vermochten auch nur grobschlächtige Waffen zu führen, Keulen und
Eisenstangen. Einer der fünf war sogar gänzlich unbewaffnet. Sie bildeten einen
Pulk vor der Öffnung, durch die ihr Meister verschwunden war, während die
Krieger auffächerten, um sie von mehreren Seiten zugleich anzugehen. Zwei von ihnen
trugen Vollrüstungen, hatten also wohl die Schwertleite zum Ritter

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