Feindgebiet
enttäuschen.
Sie tun nur, was absolut notwendig ist. Sie wollen für nichts selbst die Verantwortung übernehmen. Nur nichts riskieren. Manchmal frage ich mich, ob sie ernsthaft von mir erwarten, dass ich die ganze Sache allein ausfechte.«
Wichman strahlte, beeilte sich jedoch, halbherzige Entschuldigungen für seine Kollegen vorzubringen. Lady Atago winkte ab.
»Nehmen wir zum Beispiel Pastour«, sagte sie. »Er hat sich praktisch völlig zurückgezogen. Ich weiß, dass er krank ist, aber … Na schön. Vermutlich sollten wir für seine Unterstützung dankbar sein. Wenigsten führt er auf Koldyeze seine Arbeit fort.
Ein erstaunlich erfolgreiches Programm. Ich persönlich habe eigentlich nie viel davon gehalten. Anzunehmen, dass Gefangene -Feiglinge und Unzufriedene einer wie der andere – sich so gutanstellen. Den letzten Daten zufolge wurden sämtliche vorangegangenen Leistungsrekorde gebrochen.«
Die Daten, auf die sie sich bezog, kamen natürlich alle von Stens und Virungas »Goldenem Wurm«. Hinter den gezinkten Zahlen verbarg sich in Wirklichkeit eine mehr als miese Leistung, die sich noch verschlechtert hatte, seitdem die Tahn gefangene Würdenträger nach Koldyeze brachten.
Der Gedanke an Koldyeze verfinsterte Wichmans Stimmung. Es spielte keine Rolle, dass die Leute, die er dort widerwillig hingebracht hatte, die Daten bestätigten, die Lady Atago so beeindruckten. Er war noch immer fest davon überzeugt, dass er eine weitaus bessere Verwendung für diese Gefangenen finden würde, hätte er nur selbst das Kommando auf Koldyeze. Besonders jetzt, wo dort die besten und klügsten Köpfe unter den Imperialen Gefangenen konzentriert waren. Manchmal wurde er nachts von den Träumen wach, in denen er auslebte, was er mit ihnen anstellen würde. Er erinnerte sich nie an Einzelheiten aus diesen Träumen, er wusste nur, dass sie ihm sehr viel Wonne bereiteten.
Lady Atago holte ihn wieder zu den Tagesgeschäften und damit in bessere Stimmung zurück. »Ich frage mich, ob ich mich diesbezüglich Ihnen anvertrauen darf, Mylord?«
Wichman stotterte beschwichtigend vor sich hin, doch Lady Atago ignorierte ihn und rief den von Lo Prek zusammengestellten Bericht auf den Bildschirm.
»Ich würde es sehr gerne sehen, wenn Sie sich um dieses Programm kümmerten«, sagte sie. »Die Resultate der Säuberungen haben mich bislang nicht sehr zufrieden gestellt. Mir scheint, dass noch immer zu viele durch die Maschen schlüpfen.
Ich misstraue den offiziell mit der Ausführung meiner Absichten Betrauten immer mehr. Mit gutem Grund, wie mir die Informationen zeigen, die Sie hier mitgebracht haben. Womöglich steckt doch mehr als nur Faulheit und Inkompetenz hinter ihren schlechten Leistungen.«
Wichman wusste nicht, was er darauf antworten sollte, so sehr überwältigten ihn die Gefühle. Dass seine Anstrengungen das Wohlgefallen einer Heldin wie Lady Atago finden würden! Dankbar übernahm er die neuen Aufgaben. Gleichzeitig rührte sich weit hinten in seinen Gedanken die Erkenntnis darüber, wie viel Macht ihm damit in die Hände gelegt wurde.
Gerade als er sich wieder einigermaßen gefasst hatte und ihr gebührend danken wollte, kam Lady Atago schon wieder mit einem neuen Gedanken.
»Trotzdem scheint mir noch eine Sache zu fehlen«, sagte sie, wobei sie Lo Preks Studie zusammenfaltete. »Hier zeigt sich eine eindeutige Spur. Eine Spur, die mir allerdings zu früh aufhört. Als gäbe es da etwas, oder jemand, der ausgelassen wurde.«
Lady Atago hatte recht. Der einzige Teil des Berichts, den Wichman ausgelassen hatte, war derjenige, der den Mann betraf, den Lo Prek für den Kopf der Verschwörung hielt: Sten. Wichman holte tief Luft und tauchte dann mit Kopfsprung hinein. Er erzählte von Lo Prek und dessen Überzeugung, dass die Person, die hinter allem steckte, gleichzeitig diejenige war, die er für den Tod seines Bruders verantwortlich machte. Während er redete, nickte Lady Atago. Lo Prek war eindeutig verrückt, doch als Tahn konnte sie gut verstehen, dass er so auf Rache versessen war.
»Wer ist dieser Mann?« fragte sie schließlich. Wichman sagte es ihr.
Lady Atago runzelte die Stirn. Der Name kam ihr bekannt vor. »Sten?« fragte sie. »Könnte das etwa dieser Commander Sten sein?«
Wichman bejahte das und wunderte sich, woher sie seinen Rang wusste. Er fragte sie jedoch nicht danach, denn ihr Gesicht war plötzlich ausdruckslos geworden. Als würde sie sich an etwas erinnern.
Die Forez spie Feuer,
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