Feindgebiet
dass ihn Wichman absichtlich vorführen wollte. Er fragte sich, welche Art von Kompromiss er ihm anbieten musste und ob sein Plan damit zum Scheitern verurteilt war oder nicht.
»Dann haben Sie auch eine Antwort verdient«, sagte er, wobei er versuchte, jeden Anflug von Sarkasmus aus seiner Stimme zu verbannen. »Das Problem, das wir damit angehen, ist leicht beschrieben, doch bislang nur sehr schwer zu lösen.
Unsere Fertigungsstätten und das Material, das uns zur Verfügung steht, reichen nur unzulänglich aus, um diesen Krieg weiterzuführen. Trotzdem haben wir nur weniger als die Hälfte der benötigten Arbeitskräfte, um diese Maschinen zu betreiben.
Ich bin in erster Linie Geschäftsmann. Wenn ich ein Problem sehe, gehe ich davon aus, dass es eine Möglichkeit gibt, es zu lösen. Oft findet man die Lösung in einem anderen Problem verborgen, und mit ein wenig Glück schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe.«
»Zum Beispiel?«
»Ich habe mich umgesehen, wo es einen Überschuss an Menschenmaterial gibt - und fand ihn in unseren Kriegsgefangenenlagern. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Unsere schlimmsten Engpässe bestehen hinsichtlich technischem Know-how. Also kommen nicht alle Kriegsgefangenen in Frage. Wo findet man die größten Ressourcen an ungenutzten Fähigkeiten? Natürlich bei den Aufsässigen, und besonders bei den wiederholt Aufsässigen.«
»Wo soll denn da die Logik sein? Jeder aufsässige Gefangene ist ein brauchbarer Spezialist?« erkundigte sich Wichman.
»Die Logik ist ganz einfach. Wenn diese Gefangenen nach so langer Zeit immer noch am Leben sind, dann muss unser Lagerpersonal gute Gründe dafür haben, sie am Leben zu lassen. Soweit mein Gespür für diese Angelegenheit, ein Gespür, das sich nach genaueren Nachforschungen bestätigt hat.
Wie auch immer, ich bin mit dieser Lösung mehr als zufrieden, und, Mylord, soweit ich weiß, geht es den anderen Ratsmitgliedern ebenso.«
Wichman ignorierte diesen Seitenhieb. »Sie garantieren uns also, dass Ihr Programm unser Problem löst.«
»Ich garantiere überhaupt nichts«, stieß Pastour hervor. In diese Falle würde er sich nicht locken lassen. »Zum einen handelt es sich um ein experimentelles Programm. Wenn es nicht klappt, entsteht keinerlei Schaden, insbesondere deshalb, weil ich es aus meiner eigenen Tasche bezahle.«
»Gut. Sehr gut. Sie haben beinahe alle meine Fragen beantwortet. Jetzt plagt mich noch ein winziger Gedanke.«
»Nämlich?«
»Das Personal des ersten Gefängnisses. In dieser Hinsicht vermisse ich handfeste Erfahrungen.«
›Aha, daher weht der Winds dachte Pastour. Wichman wollte jemanden in einer Schlüsselposition unterbringen. Handelte es sich um jemanden, mit dem Pastours Leute auskamen? Es blieb nicht genug Zeit, um das herauszufinden. Er musste sich rasch entscheiden.
»Vielleicht haben Sie in dieser Hinsicht konkrete Vorschläge, Mylord«, schnurrte er versöhnlich.
»Es wäre mir eine Ehre«, sagte Wichman.
Rings um den Tisch wurde Entspannung spürbar.
»Also noch einmal«, sagte der Ratssekretär. »Jemand dagegen?«
Im nächsten Augenblick war HCB Nr. 525-1717 Gesetz. Lady Atago malte ein weiteres Häkchen auf ihren Tagesplan. Noch ein halbes Dutzend weiterer Titel lag vor ihnen, bevor sie an der Reihe war, sich dem Rat der Tahn zu stellen. Obwohl es ihr erster Bericht vor dem Rat als volles Mitglied war, war sie nicht im geringsten nervös.
Atago wollte eine Reihe von Tatsachen, die den Krieg konkret betrafen, präsentieren. Für sie spielte es keine Rolle, ob diese Tatsachen für Bestürzung oder Optimismus sorgten. Die Gefühle, die der Bericht bei ihren Kollegen hervorrief, waren nicht ihre Sache.
Es war ihr klar, dass sie sich in diesem Krieg rasch einem entscheidenden Punkt näherten. Auch den anderen Ratsmitgliedern musste bewusst sein, dass die Ereignisse der nahen Zukunft über Sieg oder Niederlage entscheiden würden. Sie vertraute jedoch auch darauf, dass der Plan, den sie und Lord Fehrle bereits teilweise ausgearbeitet hatten, den Tahn den endgültigen Sieg sicherte.
»… ein Sonderbericht von Lady Atago … Ich bin sicher, dass wir alle …«
Atago hörte den abgedroschenen Platitüden des Ratssekretärs nicht einmal richtig zu. Als sie ihren Namen hörte, erhob sie sich.
Selbst im Kreise dieser Persönlichkeiten, die sich nicht so leicht beeindrucken ließen, war sie eine imposante Erscheinung; das war ihr durchaus bewusst. Sie war um einiges größer als die
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