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Feindgebiet

Titel: Feindgebiet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Cole & Chris Bunch
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    General Ian Mahoney humpelte den langen, holzgetäfelten Korridor hinab, knirschte vor Schmerzen mit den Zähnen und bemühte sich, mit den beiden Gurkhas Schritt zu halten, die ihn zu den Gemächern des Ewigen Imperators eskortierten. Er schien jede einzelne der Kunststoff- und Metallklammern zu spüren, die seine Knochen zusammenhalten und seinen Körper stützen sollten.
    Eine Tür fuhr fauchend zur Seite, und derjenige, der herausgeeilt kam, wäre beinahe mit Mahoney zusammengestoßen. Er fluchte über seine Unbeholfenheit, die ihn fast hatte stürzen lassen, Ian, sagte er sich, du hast einen Gang wie ein dreibeiniges Pferd beim Hindernisrennen. Mahoney fing sich wieder und ging weiter. Er befand sich tief unten im Bauch von Schloss Arundel – oder was davon noch übrig war. Von dem überdimensionierten Nachbau eines anmutigen Schlosses auf der alten Erde waren an der Oberfläche nur noch geschwärzte Ruinen übrig geblieben. Das gewaltige Gebäude war einem überraschenden atomaren Angriff der Tahn zum Opfer gefallen. Selbst jetzt noch gab es Stellen mit intensiver Radioaktivität.
    Die Tahn hatten gehofft, den Imperator mit einer verwegenen Attacke direkt auf der Erstwelt auszuradieren. Sie konnten nicht wissen, dass die Burg eine ausgearbeitete Fassade für das bombensichere Nervenzentrum des Imperiums war, das sich kilometerweit unter der Oberfläche erstreckte. Seit dem Anschlag rieb ihnen der Imperator ihr Versagen mehrmals am Tag unter die Nase. Jede Nachrichtensendung aus Arundel begann und endete mit einer Aufnahme der Ruinen. Zwischen den steinernen Resten flatterten zwei trotzige Fahnen. Die eine war die schimmernde Standarte des Imperiums. Darunter wehte das Hausbanner des Imperators: der Schriftzug »AM 2 « auf goldenem Grund über der Atomstruktur des Null-Elements. Mahoney konnte sich gut vorstellen, wie der Imperator beim Anblick dieses hinterlistigen Propagandastückchens jedes Mal vor Vergnügen kicherte.
    Dass er wieder einmal mit seinem alten Boss zusammentreffen sollte, löste bei ihm durchaus gemischte Gefühle aus. ›Immer hübsch vorsichtig, Mahoney‹, rief er sich warnend ins Gedächtnis. Der Freund des Imperators zu sein, war ein recht zweischneidiges Vergnügen. Auch sein derzeitiges, eher bedauernswertes Erscheinungsbild hatte er eher dieser Freundschaft als seiner militärischen Pflicht zu verdanken.
    Der letzte Angriff der Tahn auf Cavite hatte ihn schwer verwundet und halbtot zurückgelassen. Er hatte keine Vorstellung davon, wie er überhaupt überlebt hatte, vermutete jedoch, dass sein Protege, der junge Sten, die Finger im Spiel gehabt hatte. Erst Monate später war Mahoney wieder zu einem verschwommenen Bewusstsein gekommen und hatte sofort seine Zweifel angemeldet, was das seiner Meinung nach weit überbewertete Geschäft des Lebens an sich betraf. Innerhalb der nächsten Jahre musste er sich öfter unter das Laserskalpell der Chirurgen begeben, als es jedem noch so sehr am Leben hängenden Wesen zuträglich war. Er vermutete, dass sie an ihm das vollbracht hatten, was man gemeinhin ein medizinisches Wunder nannte; jedenfalls hatten sie ihn wieder halbwegs zusammengeflickt.
    Trotz ihrer Anstrengungen fühlte sich Mahoney inzwischen wesentlich älter als ein Mann in den besten Jahren. Dabei war der immer wieder nagende Schmerz nicht das schlimmste. Es war sein Gesicht. Eine Seite zeugte nach wie vor mit den einst von ihm als würdevoll empfundenen Falten und Kanten von ernenn langen und abwechslungsreichen Leben. Die andere Hälfte aber war glatt wie ein Kinderpopo. Die Ärzte hatten ihm versichert, das künstliche Gewebe sei so programmiert, dass es sich nach und nach der anderen Seite angleiche, doch Mahoney glaubte ihnen nicht. Andererseits hatte er noch vor vier Monaten nicht daran geglaubt, seinen Kiefer jemals wieder benutzen zu können. Jetzt ging es einigermaßen, wenn auch gelegentlich noch unter Schmerzen.
    Mahoney hatte nicht die geringste Ahnung, weshalb ihn der Imperator sehen wollte. Er vermutete, dass sie noch immer soweit Freunde waren, dass ihm der Imperator die Nachricht, dass er mit allen Ehren in den Ruhestand versetzt wurde, persönlich mitteilen wollte. Und wenn schon! Die Hälfte der Bezüge eines Zweisternegenerals, das war nicht allzu schlecht! Außerdem konnte er jederzeit einen anderen Beruf annehmen, oder?
    ›Immer mit der Ruhe, Ian. Leute umbringen gehört in der Privatwirtschaft nicht gerade zu den am meisten gewünschten Fähigkeiten

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