Feindgebiet
nach Durer noch leerer zu werden. AM 2 stand jetzt ausschließlich für militärische Zwecke zur Verfügung, und selbst dort musste jeder Einsatz vorher beantragt, beurteilt, in die entsprechenden Formulare eingetragen und mit der richtigen Unterschrift versehen werden, auf die man sich im Falle eines Fehlers berufen konnte.
Die Tahn hatten sich nach Durer merklich zurückgezogen. Die offizielle Politik des Ewigen Imperators lief darauf hinaus, ihnen die Köpfe so lange nach hinten zu drücken, bis »sie an den Haaren in ihrer Kehle ersticken«.
Kapitel 29
Das Herz von Polizeimajor Genrikh vollführte einen Freudensprung, als er die Jäger im Wald johlen hörte. Sie hatten ihre Beute aufgescheucht. Er betete inniglich, dass es sich nicht wieder um einen falschen Alarm handelte. Seit dem Ausbruch waren Genrikh und seine Leute von einer winzigen Spur zur anderen geeilt, waren jedem noch so vagen Gerücht, das etwas von einem gesichteten Kriegsgefangenen wissen wollte, nachgegangen. Genrikhs eigener Meinung nach war die ganze Anstrengung, die Gefangenen wieder einzufangen, von Anfang an dadurch zum Scheitern verurteilt, dass seine Vorgesetzten darauf bestanden hatten, die Flucht unter keinen Umständen bekannt werden zu lassen.
Normalerweise rannte man bei Genrikh in puncto Verschwiegenheit offene Türen ein. Doch er und die anderen Suchtrupps hatten wieder einmal das dreckige Ende des Stockes abbekommen. Die Nachrichtensperre bedeutete für sie, dass es so gut wie unmöglich war, an einem bestimmten Ort anzufangen und dann die Punkte miteinander zu verbinden, bis die Beute gefunden und eingekreist war und schließlich vor den Flinten der Tahn stand. Der eine oder andere Erfolg war zu verzeichnen, aber bei weitem nicht genug.
Das einzige, was ihm an seinem Auftrag gefiel, war die Tatsache, dass jeder aufgespürte Gefangene auf der Stelle erschossen werden sollte. Keine Überprüfung, keine langen Befragungen - nur ein großkalibriges Projektil in den Hinterkopf. Dass man sich damit der Chance beraubte, durch einen Gefangenen zum nächsten zu gelangen, spielte für Genrikh keine Rolle. Er war kein Mann, der sich den Spaß von zu vielen Einzelheiten verderben ließ.
Das johlende Geschrei seiner Treiber wurde lauter. Genrikh holte tief Luft und lockerte den Griff um seine Waffe. Er musste sich nicht umdrehen, um zu überprüfen, dass seine Leute an ihrem Platz standen. Er spürte, wie die Spannung sie dichter um ihn scharte. Genrikh bereitete sich auf eine Enttäuschung vor.
Meistens war es so, dass die Beute, die da aus dem Wald herauskam, sich lediglich als ein zu Tode erschrockenes Farmtier entpuppte, das sich verlaufen hatte. In diesem Fall blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihren Frust abzureagieren und das Tier zu einem blutigen Klumpen zusammenzuschießen.
Als er zwischen den Bäumen eine Bewegung sah, war sein Gewehr auch schon oben. Er hörte, wie die anderen links und rechts von ihm das gleiche taten; es hörte sich an wie das Rascheln des Windes im trockenen Laub. Da! Dort drüben!
Zwei dunkle Gestalten lösten sich aus dem Gestrüpp, zunächst zögernd, doch dann liefen sie los, quer über die Weide auf die andere Seite. Innerhalb von zwei Herzschlägen registrierte er a) dass es sich um zwei Menschen handelte, b) einen großen und einen kleineren sowie c) um Gefangene. Er zog am Abzug, und dann brach die Hölle los, als auch seine Leute drauflosfeuerten. Die Salve erwischte die Gefangenen nur fünf oder sechs Schritte vom Waldsaum entfernt. Sie zuckten einige Male heftig und unkontrolliert zusammen und wurden dann wie von einem Wasserwerfer zur Seite geschleudert. Nach einigen Sekunden völliger Stille erfolgte noch das leise brrrp vereinzelter Schüsse, und die Körper zuckten und hüpften mehrere Male in die Höhe.
Klappernd wurden Magazine gewechselt, dann sprangen Genrikh und seine Leute auf und liefen auf den großen Flecken aus rotweißem Matsch zu. Kurz vor der ersten Leiche wäre er beinahe in dem vor Blut schlüpfrigen Gras ausgerutscht. Es war der große Mann. Er drehte die Leiche mit dem Fuß um. Seine Züge waren verzerrt, aber noch erkennbar – Ibn Bakr. Der kleinere Körper war Alis.
Genrikh drehte sich um und beglückwünschte sein Killerteam. Aufgeregte Gesichter strahlten ihn mit scheuem, fast kindhaftem Grinsen an. Bis auf eines.
Lo Prek schaute auf Ibn Bakrs Gesicht hinab und verfluchte seine Seele, da er wieder nicht derjenige war, den er sich erhofft hatte. Wieder
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