Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3
weiterzuziehen, vor allem, da man die Umgebung von dort aus gut im Auge behalten konnte. Er gestattete sich noch einen großen Schluck Wasser, dann verschloss er den Schlauch wieder, denn schließlich hatte er keine Ahnung, wann er neues Wasser finden würde.
Die Gesprächsfetzen, die er am Abend zuvor aufgefangen hatte, ließen ihn annehmen, dass Wasser für die Nomaden ein Problem war. Er vermutete, sie würden zu einer neuen Wasserstelle ziehen, also beschloss er, einen Weg einzuschlagen, der parallel zu dem ihren verlief.
Eine Stunde verging, und er bemerkte, dass die Entfernung zwischen ihm und den Nomaden wuchs.
Sie ließen ihre Pferde im Schritt gehen, aber sie bewegten sich im Flachland, und er war auf zerklüfteten Felsen unterwegs. Die Straße war hin und wieder ein paar Dutzend Schritte weit flach, dann wurde sie unterbrochen von Rissen, weil sich der Hang darunter verschoben hatte. Einmal musste Kaspar ein halbes Dutzend Schritte nach unten klettern, um einen vollkommen eingestürzten Bereich zu umgehen.
Gegen Mittag war er erschöpft. Er zog sein Hemd aus und band es sich als behelfsmäßige Kopfbedeckung um. Er wusste nicht, woher, aber er erinnerte sich vage, dass man ihm in seiner Kindheit einmal erzählt hatte, der menschliche Körper könne die Sonne länger ertragen, solange der Kopf Schatten hatte. Er trank noch einen Schluck Wasser und kaute den Rest Trockenfleisch. Es war zäh und salzig und hatte kaum Fett. Er widerstand der Versuchung, mehr zu trinken, und beschloss, sich erst einen weiteren Schluck zu erlauben, wenn er gegessen hatte.
Es dauerte eine Weile, das Fleisch zu kauen, aber schließlich war er fertig und trank einen letzten Schluck. Dann sah er sich um.
Kaspar war ein Jäger. Vielleicht war er nicht so gut wie Tal Hawkins, aber er kannte sich in der Wildnis genügend aus, um zu wissen, dass seine Situation verzweifelt war. Es schien hier nur selten zu regnen, denn außer den zähen Bäumen, die sich hin und wieder an die Felsen klammerten, war keinerlei Vegetation zu sehen. Zwischen den Steinen, auf denen er saß, drängte sich kein Gras nach oben, und als er einen Stein umdrehte, gab es auf der Schattenseite auch kein Moos und keine Flechten. Dieses Land war die meiste Zeit trocken.
Er folgte mit dem Blick dem Kamm, auf dem er sich bewegte, und sah, dass er nach Süden verlief. Im Osten gab es nichts als eine rissige Ebene und im Westen das trockene Tal. Er beschloss, dem Weg weiterhin zu folgen und nach etwas Ausschau zu halten, das ihn am Leben erhalten konnte. Die Nomaden waren nach Süden unterwegs, und er wusste, dass sie irgendwann Wasser erreichen würden. Und um zu überleben, brauchte er Wasser.
Denn darum ging es hier: überleben. Kaspar hatte im Augenblick so manchen Ehrgeiz: Er wollte nach Opardum zurückkehren und den Thron von Olasko wieder erobern, und er wollte sich an dem verräterischen Hauptmann Quentin Havrevulen und an Talwin Hawkins rächen, die einmal zu seinem Haushalt gehört hatten. Als er sich wieder auf den Weg machte, kam ihm ein Gedanke: Tatsächlich konnte er die beiden Männer wohl kaum als Verräter betrachten, denn er selbst hatte sie als Gefangene auf die Insel geschickt, die als Festung der Verzweiflung bekannt war, aber wie auch immer die Feinheiten aussehen mochten, er würde sie beide umbringen.
Er würde Leute finden müssen, die immer noch treu zu ihm standen, und die Festung zurückerobern.
Wahrscheinlich hatte Talwin seine Schwester Natalia gezwungen, ihn zu heiraten, um Anspruch auf den Thron zu haben. Und Havrevulen würde beinahe mit Sicherheit die Armee kommandieren. Aber Kaspar würde Männer finden, die sich erinnerten, wer der rechtmäßige Herrscher von Olasko war, und er würde sie gut belohnen, sobald er wieder an der Macht war.
Seine Gedanken überschlugen sich, und er entwickelte einen Plan nach dem anderen, während er weiter die Straße entlang trottete, aber ganz gleich, für welchen Plan er sich schließlich entscheiden würde, zunächst musste er mit einigen sehr nahe liegenden Hindernissen zurechtkommen, vor allem mit der Tatsache, dass er sich auf der falschen Seite der Welt befand. Das bedeutete, er brauchte ein Schiff und eine Besatzung, und dafür wiederum würde er Gold benötigen. Und um das zu erreichen, musste er zivilisierte Ansiedlungen finden oder was immer auf diesem Kontinent als Zivilisation durchging. Und um Menschen finden zu können, musste er zunächst einmal überleben.
Er sah sich um, als
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