Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman
etwas Gutes abzugewinnen vermag. Immer spielen wir dann den optimistischen Clown, obgleich man statt Augen Kartoffelknollen besitzen muß, um den Schlamassel, in dem man bis zum Hals steckt, zu übersehen. Man beginnt sich selbst zu belügen und Übereinkünfte mit dem Desaster zu schließen. So auch ich. Es wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird, dachte ich - ein verblüffendes Schlittern ins Volkstümliche, das meinen ersten Niveauverlust einleitete. Ja, ich machte mir sogar die Mühe, mich in ihr Gefühlsleben hineinzuversetzen, obwohl ja Kampfroboter gar keins besitzen. Eine Frau ist nun mal kein Mann, stellte ich grausam logisch fest, und wäre sie nicht eine erbärmliche Vertreterin ihres Geschlechts, wenn sie ihren Muffelkopf von Lebensgefährten nicht in die wunderbare Welt der Blumen auf dem Eßtisch, der gemeinsamen Osterspaziergänge und der erst am Grab endenden Kritteleien über Kleidung und Haarschnitt hineinziehen würde? Zugegeben, Gustav war kein von Hormonschauern geschüttelter Twen, der in seiner Studentenbude zwischen Aluminiumverpackungen von Fertiggerichten und giftige Gase ausdünstenden Schmutzsocken hauste wie der erste Mensch. Trotzdem hatte sich im Laufe der Jahre selbst in unser kultiviertes Zusammenleben eine gewisse Farblosigkeit eingeschlichen, wie es bei verkrusteten Männergesellschaften häufig der Fall ist. Würde die Hand einer liebenden Frau in diese zwar reibungslos funktionierende, aber durch die tausend Riten der Einsamkeit allmählich versteinernde Tretmühle nicht etwas Frische und Sonnenschein hineinbringen? So fragte ich mich allen Ernstes ... Und schrie mir im nächsten Moment selbst zu: Neiiiiiin! Herr im Himmel, weitete sich der Fluch, den diese garantiert Mundspray benützende Schreckschraube über meinen armen Freund ausgesprochen hatte, jetzt auch noch auf mich aus? Wie kam ich eigentlich dazu, einen griesgrämigen Drachen, der ganz offensichtlich meine standrechtliche Erschießung im Sinne hatte, zu einer aufopferungsvollen Frischverheirateten zu stilisieren?
Meine Befürchtungen sollten sich in den folgenden Tagen bestätigen, ja sie sollten sogar weit übertroffen werden. Hier Auszüge aus meinem imaginären Tagebuch des Zorns, welches mit freundlicher Unterstützung meines fotografischen Gedächtnisses entstanden ist.
1. Tag
Habe die ganze Nacht kein Auge zugekriegt, weil boshafte Frau beim Schlafen Geräusche von sich gibt, die sich anhören wie gequälte Laute aus dem Käfig von King Kong. Habe überlegt, ob sie das Schnarchen nur grotesk persifliert, um mich zu ärgern. Zu keinem Schluß gekommen. Dummer Mann schnarcht auch. Aber seine Interpretation ähnelt eher den behaglichen Blähungsentladungen von Grizzlybären während des Winterschlafs, so daß ich immer etwas Beruhigendes daran fand, das die Schlafqualität sogar anhob. Nun jedoch vereinigen sich diese beiden Gerassel zu einem unheilvollen Duett, zu einer Symphonie des Horrors, die selbst dem Brunftgebrüll von Auerochsen Konkurrenz macht.
Boshafte Frau ist dogmatische Frühaufsteherin - ein Erkennungszeichen des boshaften Menschen schlechthin -, und sobald ihr feuerwehrroter alter Wecker wie der Ruf des Satans nach immer neuen Freveltaten zu rasseln beginnt, steht sie schon senkrecht im Bett. Auch das Erwachen fängt also mit einer Menge Krach an. Ihre Figur ist nicht übel, dennoch wirkt sie ziemlich verbraucht, ein notdürftig kaschiertes Wrack zahlloser Crashdiäten. Zwingt dummen Mann, ebenfalls früh aufzustehen und mit ihr zu frühstücken, was so ehrfurchtsvoll zelebriert wird wie die Himmelfahrtsmesse im Vatikan und ebenso lange dauert. Dummer Mann gibt sich dabei alle erdenkliche Mühe, wach zu wirken. Ihm bleibt auch keine andere Wahl. Bei dem Nonstopgeschnatter, welches Archäopteryx über uns ergießt, ist an eine Morgenmeditation ohnehin nicht zu denken.
Wehmütiges Schwelgen in Erinnerungen. Früher, vor der Zeitrechnung der finsteren Macht, brach der Tag mit Bräuchen der Liebe an, eine Liebe, die allein zwischen sich gegenseitig achtenden und inspirierenden Partnern zu blühen vermag. Da wurde zunächst für mich die Dose Naßfutter geöffnet, als Zugabe wurden ein paar Leberstückchen gebrutzelt und mit in den Napf gelegt oder Fisch nebst einem Extratellerchen geschlagenem Ei serviert. Der Duft frischgebrühten Kaffees erfüllte unsere heimelige Küche, und während er sein üppiges Frühstück vertilgte, sprang vom Tisch vollkommen unbeabsichtigt so
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