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Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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vergrößert worden, was ihr das Aussehen eines Düsenbombers verlieh, auf dessen Bug gelangweilte Soldaten ein furchteinflößendes Haifischmaul gepinselt hatten. Der einzige Unterschied zu dem Star war ihr stark angegrautes, allerdings wie beim Original durch Spraytornados in Betonfasson eingefaßtes Haar.
    Sie schaute mich nicht an, sie funkelte mich an, und es kam mir so vor, als schossen aus ihren eisgrauen Augen tausend Blitze in meine Richtung. Herablassend, irgendwie angeekelt und abwägend, was sie wohl mit mir anstellen solle, beobachtete sie meine ungläubigen Reaktionen wie der Gepard das zwischen den Felsen eingekeilte Antilopenkalb. Langsam dämmerte es mir, daß diese groteske Fremde, die problemlos eine nach Vergeltung kreischende Göttin aus einer antiken Oper hätte abgeben können, blanke Realität war. Und mit der Gewißheit eines Propheten wußte ich auf einmal, daß sie auch meine künftige Realität von Grund auf verändern würde. Die guten alten Tage waren vorbei, leidvolle brachen an.
    Wo war Gustav? Was war geschehen? Wer war dieses monströse Nikotingebiß mit ein bißchen Weib drum herum, das in einem unaussprechlichen arabischen Altfrauenparfüm gebadet zu haben schien? Eine Hexe, die mich gerade hypnotisierte, um mir später das Fell über die Ohren zu ziehen und sich daraus einen aparten Hut im Stile der Vierziger zu schneidern? Während all diese Eindrücke mich in wilde Konfusion stürzten und die Rückenhaare zum Aufrichten, die Schnurrhaare wiederum zum Vibrieren brachten, schüttelte sie ganz unmerklich und voller Abscheu den Kopf und tat den entscheidenden Ausspruch:
    »Er haart!«
    Das war das Signal. Es bestätigte - als hätte es einer Bestätigung bedurft - all meine Vorahnungen und Befürchtungen über die schlangenhafte Person, gerade wie der nahende Schatten des Priesters, der auf den in der Todeszelle sitzenden armen Teufel fällt. Doch es hatte keinen Zweck, in Schock und Verzweiflung zu verharren; es galt den Anfängen zu wehren und dem ersten Eindruck, den der Gegner von mir erhalten hatte, eine neue Nuance beizufügen. Es stimmte, der alte Francis haarte ein wenig. Aber das war noch gar nichts gegen den spektakulären Haarausfall, der ihr nun bevorstand.
    Wie ein Stahlkatapult schmetterten mich meine kräftigen Hinterbeine vom Sofa ihr frontal ins Gesicht. Sie machte den Eindruck, als wäre sie von einer Kanonenkugel getroffen worden, und taumelte kreischend zurück. Ich hatte erwartet, daß die Gesichtshaut in Anbetracht des Alters ihrer Trägerin spröde ausfallen würde. Doch ich war höchst überrascht und erfreut, als sich die Krallen beider Vorderpfoten so leicht wie die Zinken einer großen Chromgabel tief in sie eingruben, was das schrille Geschrei um einige wohltuende Dezibel erhöhte. Und dann tat sie mir auch noch den Gefallen, den Kopf zurückzureißen, so daß ich nun auf ihrer Fratze regelrecht stehen und die eigentliche plastische Operation in Angriff nehmen konnte.
    Meine Gegnerin war allerdings auch nicht ohne. Sei es durch eine panische Reaktion, sei es, weil derartige Griffe zum Repertoire ihrer Ausbildung als Schlammcatcherin gehört hatten, packte sie mich blitzschnell an beiden Flanken, quetschte meine Rippen zusammen und versuchte so, mir die Luft abzudrehen. Doch ich flutschte flink unter ihren Fingern weg, verfing mich fauchend in ihrer klebrigen Frisur und zerrupfte sie wie eine verrückt gewordene Entkörnungsmaschine für Baumwolle. Während Blutspritzer emporstießen, nahm ich mit einem Auge wahr, daß Gustav an der Tür stand und, einem Erstickungsanfall nahe, hilflos mit den Armen ruderte. Sein rotangelaufener Kopf, die in Katastrophenangst geweiteten Augen und der stumme Schreie ausstoßende Mund irritierten mich. Es hatte den Anschein, daß seine Sorge keineswegs mir galt. Mein Gott, ich modellierte doch nicht gerade am Kopf seiner Frau Mama herum!
    Die Hexe tat in diesem Tohuwabohu das einzig Richtige: Sie ließ sich mit einem gurgelnden Hilferuf nach Polizei, Feuerwehr und einem Beschluß des Weltsicherheitsrats für eine militärische Intervention nach hinten fallen. Ich dagegen war dermaßen verwirrt, daß ich erst einmal das Weite suchen und mir den Kopf etwas abkühlen wollte. So ließ ich von der theatralisch und bei Licht betrachtet verdächtig zur rechten Zeit in Ohnmacht Gefallenen ab und rannte in Richtung der Unterführung, die die gespreizten Beine meines traumatisierten Lebensgefährten bildeten. Danach brauchte ich nur

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