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Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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waren, erkannte ich, daß Blaubart mit seiner Mutmaßung, die Bißprofile paßten nur zu den Reißzähnen eines Kläffers, nicht ganz richtig gelegen hatte. Und als wir endlich am Teichufer standen, eine kreisförmige Anhäufung von glatten Steinen, gab es für mich keinen Zweifel mehr. Der leblose Körper, pitschnasses Fell, aufgerissene, starre Augen, das Maul weit offen wie zu einem stummen Schrei, kurz ein Anblick des Grauens, trieb in unsere Nähe, so daß ich die Todesmale genau studieren konnte. Sie stammten von – tja ...
    Der Mörder hatte sie auf der Mauer erwischt, vielleicht heute morgen, als sie sich von der jungfräulichen Sonne verwöhnen lassen wollte und sich einfach auf der schmalen Bahn langgestreckt harte. Vereinzelte Blutstropfen, die ich vor unserem Absprung auf den Ziegelsteinen registriert hatte, schienen meine Vermutung zu bestätigen. Aber so richtig war es erst auf dem Rasen zur Sache gegangen. Blutschlieren durchzogen das Gras wie die kurvenreiche Piste eines Rennfahrers, was darauf schließen ließ, daß sie ihrem Häscher mit allen ihr zur Verfügung stehenden Kräften zu entkommen versucht hatte. Allem Anschein nach hatte der Killer sie irgendwie von der Mauer heruntergerissen und ihr mit Beißattacken quer durch den Garten hinweg zugesetzt. Bis auf die letzten Meter. Hier waren keine Spuren von spektakulär blutenden Wunden mehr zu finden, sondern lediglich trauriges Getröpfel. Es erscheint einem natürlich recht bizarr, daß ein Vertreter meiner Art als Halbtoter und mit trübem Verstand sich ausgerechnet ins Wasser zu retten versucht haben sollte, weil dies bekanntlich nicht unbedingt unser Element ist. Aber auch hier vermeinte ich eine Folgerichtigkeit im Bewußtsein der Umgebrachten zu erahnen.
    Blaubarts Auge schien in seinem hohen Alter nur noch notdürftig seinen Dienst zu tun. Oder er interpretierte das Gesehene entsprechend seiner Vorurteile. Und die verlangten es nun einmal, daß allein die anderen für die Morde verantwortlich waren. So endgültig jedoch vermochte ich den Stab über sein Urteilsvermögen nicht zu brechen, weil ich mir beim beobachteten Gegenstand selbst höchst unsicher war. Die Leiche schwebte vor mir wie ein - zugegeben kleiner - harpunierter Wal, der die an ihm begangene Barbarei allein durch die schonungslose Darbietung seines entstellten Leibes zum Ausdruck bringen kann. Trotz des dichten Fells konnte ich einige sehr interessante Fakten herauslesen: Die vielfältigen Bißwunden an der Leiche, gehäuft an der Genickgegend, machten sowohl vom Einstichdurchmesser als auch von der Entfernung zum jeweils nächstbefindlichen Stich, also vom Eckzahnabstand her, tatsächlich den Eindruck, daß physiognomisch Mächtigere als meinesgleichen für solch ein Killergebiß in Frage kommen mußten. Aber 1) so ungewöhnlich groß waren diese Wundlöcher wiederum nicht, als daß sie zwingend auf einen Kläffer als Täter hinwiesen, und 2) durch geschickte Zuchtauswahl und tadellose Ernährung hatten auch einige meiner Artgenossen inzwischen eine ansehnliche Statur erlangt und nannten ein solch ehrfurchteinflößendes Gebiß ihr eigen. Außerdem - vielleicht bildete ich mir das auch nur ein - haftete den Wunden etwas, wie soll ich sagen, Makelloses, ja Sauberes an. Geradeso als wären sie die Arbeit eines Künstlers, der trotz des Stresses und aller Unwägbarkeiten, die wohl mit jedem Mord einhergehen, großen Wert darauf gelegt hatte, die dem Opfer zugefügten Verletzungen so konturenscharf wie bei einer Comiczeichnung zu gestalten. Denn wenn Raubtiere, wie wir und die Kläffer es bei aller Domestiziertheit nun einmal waren, ein großes Beißen veranstalteten, sah das Ergebnis nicht gerade wie das Monogramm eines Vampirs am Halse einer schönen Jungfrau aus. An den Wundlöchern entstanden häßliche Risse, und ohne Kratzer oder aufgerissene Haut kam auch kein Opfer davon.
    Ich betrachtete nachdenklich den blutigen Teich, der aussah, als fließe aus unsichtbaren Quellen rote Farbe in sein Wasser. Und während ich das tat, diagnostizierte ich ganz leise, wie mich angesichts meiner neunmalschlauen Kombinationen wie gewohnt das Eigenlob des Fachmanns übermannte. Um so verblüffter war ich, als ich plötzlich feststellte, wie in dieses geschändete Wasser ein paar Tropfen fielen und possierliche Kreiswellen auslösten, und diese Tropfen nichts anderes waren als meine heißen Tränen. Deshalb hob ich wieder den Kopf und fixierte die Leiche.
    Es war Roxy.

 
     
     
     
    2.

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