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Felidae 4 - Das Duell

Titel: Felidae 4 - Das Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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verführerisch, wie ich es erwartet hatte. »Es war der Schatten eines Menschen! Ich habe es genau gesehen,«
    »Aber wieso hast du das eben nicht gesagt?« flüsterte ich zurück.
    Doch da hatte sie sich schon abgewandt und folgte der Pfotenfährte im Schnee.

 
     
    3.
     
     
     
    D a stand ich also nun: eingeschneit, erniedrigt und, wie es schien, ziemlich überflüssig. Die Angst, vom Leichen strangulierenden Phantom erneut heimgesucht zu werden, war der Ratlosigkeit gewichen. Die Dinge waren nicht so, wie sie auf den ersten Blick schienen. Doch mein scharfes Auge, das mich auch hinter die Dinge blicken ließ, war mir verloren gegangen. Jüngere mit stärkerer Sehschärfe waren nachgewachsen und auf den Plan getreten. Diese traurige Tatsache mußte ich mir wohl oder übel eingestehen. Es war eine Erkenntnis, die mir beinahe die Tränen in die Augen trieb. Aber auch verzweifelte Wut gegen jenen Francis stieg in mir hoch, der sich stets als den Bauchnabel des Weltwissens betrachtet hatte. Nichts, aber auch gar nichts war mehr davon übriggeblieben, sogar die simpelsten Dinge unserer Anatomie hatte ich vergessen. Alzheimer oder nur ein wenig aus der Übung gekommen? Was spielte es für eine Rolle! Das Spiel spielten inzwischen andere viel besser, nur darauf kam es an.
    Weniger Eitle als ich hätten an meiner Stelle nun genau das getan, womit ich vor der Begegnung mit Drahthaar kokettiert, was ich jedoch in Wahrheit keinen einzigen Augenblick in Erwägung gezogen hatte. Das Wort »Ruhestand« war doch nichts Anstößiges. Im Gegenteil, es bedeutete die Ernte eines ertragreichen Lebens einzufahren und den wohlverdienten Lohn der Ruhe zu genießen. Wohl wahr, wenn dieses Wörtchen nicht auch nach »Lebensabend« geklungen hätte. Und was kam nach dem Abend? Genau, die Nacht, die endgültige Schwärze des Todes, die mich verschlingen würde.
    Gefühle des Trotzes und des Aufbegehrens keimten ob solch hübscher Aussichten in mir auf. Allerdings sagte mir mein immer noch fabelhaft funktionierender Instinkt, daß diese auch von etwas anderem herrührten. Fabulous' verschwörerischen letzten Worte, bevor sie mich verließ, und Adrians schier übersinnliche Beobachtungsgabe bei der Leichenbeschau. Kleine Irritationen, die zu denken gaben. Es glich schon einem Wunder, daß Superman im Gegensatz zu seiner Freundin die fliehende Gestalt nicht gesehen haben wollte, wo er doch anscheinend aus einer Meile Entfernung sagen konnte, wieviel Nasenhaare man besaß. Recht wundersam auch, daß er mit bloßem Auge so viele bedeutsame Einzelheiten an dem Erhängten erkennen und daraus blitzartig so viele geniale Schlüsse ziehen konnte. Er vermochte sogar, über das Alter des Opfers eine Schätzung abzugeben, obwohl man es unter dem Schnee kaum erkennen konnte.
    Mit einem Mal hatte ich eine wahnsinnige Idee: Ich würde mein Abendessen aufschieben! Jawohl, in einem heroischen Akt von Selbstaufopferung beschloß ich, nun erst recht nicht heimzukehren, sondern kaltblütig der Gefahr ins Gesicht zu sehen, Mister Perfe c t zu folgen und nähere Informationen über ihn einzuholen.
    Nachdem ich für den Toten ein stummes Gebet gesprochen hatte, erklomm ich, halb springend, halb kletternd, die Mauer. Adrian und seine Begleiterinnen waren in der Ferne inzwischen zu zitternden Flecken in einem Meer aus Schneeschleiern geschrumpft. Ich heftete mich an ihre Fersen, näherte mich ihnen jedoch nur so weit, daß ich sie nicht aus den Augen verlor. Die Schneeschicht auf den sich verzweigenden Ziegelsteinmauern wurde sekündlich höher, so daß es immer schwieriger wurde, einigermaßen voranzukommen. Dennoch stapfte ich verbissen weiter. Neugier und das Bedürfnis nach Kompensation für die soeben erlittene Schmach feuerten mich an.
    An einem besonders düsteren Garten trennten sich schließlich drei der Flecken von dem vierten und zogen in die Dunkelheit davon. Drahthaar blieb noch einen Moment stehen, bis Fabulous und ihre beiden schwarzen Freundinnen endgültig von der Nacht verschluckt wurden. Dann sprang er von der Mauer hinunter und war verschwunden. Jetzt mußte ich mich beeilen, wenn ich seine Spur nicht verlieren wollte. Ich mobilisierte alle meine Reserven und eilte halb laufend, halb durch den Schnee schwimmend zu der Stelle, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte.
    Vor mir erstreckte sich ein waldähnliches Gelände, vermutlich ein Park, der durch seine Größe beeindruckte. Scharen von Nadelbäumen standen so dicht beieinander, daß sie sich

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