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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Augen durch einen chemischen Zaubertrick in Rot verfärbt, in Blutrot. Das ganze Riesenvieh machte den Eindruck, als ob es jeden Augenblick explodieren und alle Anwesenden dieser spannungsgeladenen Szene mit sich nehmen würde. Was mich anging, so war mir schon längst aufgegangen, dass dieser Kotzbrocken der unumstrittene Despot dieses Distrikts war. Die Sorte kannte ich zu Genüge. An jedem Ort, wo ich bis jetzt gewesen war, hatte es so einen lustigen Abteilungsleiter gegeben, der die Weiber lahmfickte, die dentalen Probleme anderer kraft der ihm von Mutter Natur verliehenen Muskelkraft mit Brachialgewalt löste und seine ganze Lebensenergie selbstlos darauf verwendete, Friedliebenden das Leben noch schwerer zu machen, als es für Friedliebende ohnehin schon war.
    Aber aus irgendeinem Grund waren auch Diktatoren Grenzen gesetzt. So eine Grenze schien offenbar Blaubart zu sein. Mir wollte nur nicht ganz einleuchten, wieso sich jemand wie Kong, der all das im Übermaß besaß, was seinem Gegner fehlte, vor einem armen Krüppel wie Blaubart fürchtete. Plötzlich verfiel der Hüne in ein schelmisches Kichern, als sei die Angelegenheit ein Aprilscherz gewesen. »Hoho!« grölte er. »Ich scheiß mir gleich vor Angst in die Hosen, Kumpel. Der Bums, der in deinem Vorderstummel sitzt, ist ja weltbekannt. Aber mach dir wegen eines Tanzes mit uns beiden bloß keine Sorgen. Zu gegebener Zeit wird die Rechnung noch beglichen, so wie alle Rechnungen eines Tages beglichen sein werden.«
    Dann wandte er sich zu mir und blickte mich kalt an.
    »Und was dich betrifft, Süßer, kannst du Gift darauf nehmen, da ß wir beide in nicht allzu ferner Zukunft eine interessante Unterredung unter vier Augen haben werden, die du nicht so schnell vergessen wirst. Also bis dann, ihr Hübschen ...«- sprach's und sprang von der Mauer hinab. Seine beiden rattengesichtigen Lakaien taten es ihm gleich und verdrückten sich ebenfalls in die Büsche.
    Ohne ihnen einen Blick nachzuwerfen, brach Blaubart sofort wieder auf. Ich aber lächelte leise in mich hinein.
    »Hey!« rief ich ihm hinterher, und er blieb noch einmal stehen und drehte sich um.
    »Ich fürchte, du wirst deinen Prinzipien langsam untreu.«
    »Was du nicht sagst. Und weshalb, wenn man fragen darf?«
    »Du hast ihnen erzählt, da ß ich dein Freund sei!«
     
     
    In der Garage von »Peter Fonda« bot sich mir ein erstaunliches Bild. Deep Purple lag lang auf der akkurat polierten Harley Davidson des wilden Postbeamten und starrte mit weit aufgerissenen Augen die Decke an. Er lag ganz steif auf dem Rücken und hatte alle vier Glieder von sich gestreckt, als wollte er demonstrieren, zu welchen gelenkigen Posen er fähig war. Meine Vorahnungen hatten ins Schwarze getroffen. Denn der gute alte Deep Purple entpuppte sich als der aggressive Greis des vorherigen Tages, der so beharrlich auf sein Revier gepocht hatte.
    Bereits als wir uns der Garage von hinten näherten, sahen wir im Garten die lange, unregelmäßige Spur aus Blutschmieren und -flecken, die Purple hinterlassen hatte.
    Meiner Meinung nach waren die letzten Minuten seines Lebens folgendermaßen abgelaufen: Auf dem Grenzwall seines eigenen Territoriums bi ß jemand Deep Purple mehrmals in den Hals. Daraufhin stürzte er von der Mauer in den Garten. Doch er war, bemerkenswert für sein hohes Alter, nicht sofort tot. Nachdem der Mörder, vom erfolgreichen Abschlu ß seiner Arbeit überzeugt, seines Weges gezogen war, passierte etwas, was fast einem Wunder gleichkam. Purple kam offenbar trotz des enormen Blutverlustes wieder zu sich und machte sich einige Gedanken über seinen Sterbeort. Ob dies zutraf oder ob es die Folge einer Geistesverwirrung war, jedenfalls kroch und taumelte er wieder nach Hause zurück, zu seinem über alles geliebten beziehungsweise geha ß ten Postbeamten. An der Rückfront der Garage angekommen, nahm er die schwerste Hürde. Denn in diesen Verschlag Marke Eigenbau konnte man nur durch eine kleine, aus den Ziegelsteinen unterhalb des Wellblechdaches herausgebrochene Öffnung gelangen. Also setzte Deep Purple zum letzten Mal in seinem Leben zu einem riskanten Sprung an. Er sprang aus dem Stand zwei Meter hoch, das Fünffache seiner Körperlänge. Und es klappte. Er zwängte sich durch die Öffnung, ließ sich in die Garage fallen, rappelte sich wieder auf und wankte zu der Harley. Von Schmerzen gefoltert, kletterte er die Maschine hoch und blickte auf dem frisch gewichsten Ledersattel wie trunken

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