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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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es begann wie in einem Schlachthaus süßlich nach totem Fleisch zu stinken. Doch Purples Gelächter vermischte sich allmählich mit einem gespenstischen Gejaule, das dem ähnlich war, welches ich in meinem ersten Alptraum vernommen hatte. Diesmal aber war es nicht das Jaulen eines einzigen Artgenossen, sondern von sehr vielen.
    Es war für mich langsam an der Zeit aufzuwachen, bevor mein Nervensystem an diesen goldigen Eindrücken ernsthaft Schaden nahm. Mit einem unterdrückten Schrei kehrte ich tatsächlich wieder in das Schlafzimmer zurück. Der Traum aber war derart intensiv gewesen, da ß das hundertfache Winseln und Heulen noch weiter in meinen Ohren hallte.
    Ich sprang auf die Beine und brachte den straffsten Buckel meines Lebens zustande - doch das Gejaule hörte immer noch nicht auf! Gerade als ich die Möglichkeit erwog, da ß einige Schrauben in meinem Kopf den lokalen Umständen Tribut gezollt und sich gelockert hatten, machte ich den Ausgangspunkt des nunmehr sehr real gewordenen Jaulens ausfindig. Es war wie in meinem ersten Alptraum. Das Geräusch kam direkt vom ersten Stockwerk. Es wunderte mich, da ß Gustav von dem Krach nicht längst aufgewacht war.
    Ich stand da wie zu einer Salzsäule erstarrt und vermochte meinen Ohren nicht zu trauen. Zwar tröstete ich mich mit der Vermutung, da ß oben ein in Hitze geratenes Weibchen den einheimischen Herrengesangsverein zu sich rief oder da ß die bereits um sie versammelte Kundschaft sich japsend und heulend gegenseitig anknurrte. Doch gleichzeitig sagte mir der rationellere Teil meines Verstandes, da ß dies nichts anderes als Schmerzensschreie waren.
    Was also sollte ich tun? Der Sache nicht nachzugehen, bedeutete eine schäbige Kapitulation vor der Angst und das Eingeständnis, sich vielleicht einen wichtigen Hinweis im Zusammenhang mit den Morden entgehen zu lassen. Und wer sagte mir denn, da ß oben in diesem Augenblick nicht jemand ermordet wurde? Denn genau danach hörte sich das Ganze an!
    Verdammte, unbezähmbare Neugier! Wenn ich mein schlimmstes Laster benennen soll, so ist es die Neugier. Es gibt die wundervollsten Hobbys und die ausgefallensten Neigungen auf dieser Welt. Manche sammeln akribisch Pornohefte und katalogisieren diese nach der Größe der darin abgebildeten Dildos. Andere wiederum sind Freizeit-Ufologen und bemühen sich unentwegt um einen Kontakt mit außerirdischen Lebewesen, bis ihr Wunsch eines Tages in Erfüllung geht und sie von dem zuständigen Arzt in der Klinik immer wieder aufgefordert werden, von ihrer wundersamen Begegnung zu berichten. Viele malen und drängen die «»Gemälde« ihren Freunden als Geburtstagsgeschenke auf, in dem Glauben, da ß sich die Leute über Selbstgemachtes besonders freuen. Viele spenden ihren Samen. Viele, sehr, sehr viele sind Spirituosenkenner und bilden sich tagtäglich weiter ... Ach, es gibt die hinreißendsten Steckenpferde auf der Welt! Ich aber bin dazu verdammt, meine sensible Nase überall dorthin zu stecken, wo die größte Gefahr besteht, eins drauf zu bekommen.
    Die Jaulerei war unterdessen lauter geworden. Etwas zittrig in den Beinen schlich ich auf den Flur hinaus. Ich war mir bewu ß t, da ß diese Erkundung verheerende Folgen haben konnte, da ich mich oben überhaupt nicht auskannte. Wenn ich andererseits hier unten bleiben und mir das alles aus der Ferne anhören würde, würde ich vor Neugier und Gewissensbissen langsam, aber sicher überschnappen. Also beschlo ß ich mit der mir eigenen unnachgiebigen Zielstrebigkeit, dem Geheimnis nachzugehen, obwohl mir dies zum Verhängnis werden konnte.
    Da Gustav in seiner unnachahmlichen Debilität vergessen hatte, die Wohnungstür abzuschließen, war es für mich ein leichtes, mich auf die Hinterbeine zu erheben, mit den Vorderpfoten die Klinke herunterzudrücken und so die Tür zu öffnen.
    Draußen im Treppenhaus war es stockfinster. Obwohl meine Augen nur ein Sechstel der Helligkeit benötigen, die Menschen brauchen, um die gleichen Details der Bewegungen und Umrisse wahrzunehmen, war es ein Ding der Unmöglichkeit, da draußen etwas Konkretes zu erkennen. Das hieß aber nicht, dass man gar nichts »sehen« konnte 7 ! Meine Schnurrbarthaare vibrierten leise, und vor meinem geistigen Auge entstand ein zwar unscharfes, aber für meine Zwecke ausreichendes Diagramm aus unterschiedlich geformten Luftwirbeln, welches die mich umgebende Treppenhausarchitektur wiedergab.
    Langsam stieg ich die Stufen aufwärts, dem sich immer

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